Schwarz-blau ist jetzt: Wie die CDU sich nach rechts öffnet – und das als "Brandmauer" präsentiert

Friedrich Merz redet vor einer grauen Steinmauer

Friedrich Merz, hier noch mit Mauer. Bild: Schlesier52/ Shutterstock.com

Die CDU spricht von Abgrenzung nach rechts. Doch ihre Anträge ähneln AfD-Positionen. Die Wähler verdienen mehr Ehrlichkeit. Ein Kommentar.

Das muss man erst einmal schaffen: im laufenden Wahlkampf von einer Brandmauer nach rechts sprechen, um dann Anträge zu formulieren und sich in kurzer Zeit Positionen zu eigen zu machen, die man bisher in Inhalt und Duktus nur von der AfD kannte. Schon vor der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann man eines feststellen: Der Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl 2025 wird als politische Zäsur in die Geschichte der Republik eingehen.

Man könnte auch sagen, die konservative Mitte und die Union haben sich ehrlich gemacht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die künstliche Abgrenzung der Konservativen zu den Rechtskonservativen fällt. Damit entsteht in diesen Tagen und Wochen des noch jungen Jahres 2025 eine politische Phalanx, die das Land verändern wird.

Zunächst in der Migrationspolitik. Unter dem Druck der Rechten, die ihr Ergebnis nach bisherigen Vorhersagen mehr als verdoppeln werden, zeigt sich Merz plötz.ich kompromisslos. Er will Verschärfungen in der Migrationspolitik durchsetzen und will die entsprechenden Anträge diese Woche in den Bundestag einbringen.

Mehrheit mit AfD wird in Kauf genommen

Die Union scheint dabei auch eine Mehrheit mit AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen, vielleicht sogar darauf zu spekulieren. Merz verdeutlichte, dass die Anträge unabhängig von Zustimmung oder Ablehnung anderer Parteien eingebracht werden. "Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus", sagte er. Noch im November hatte sich der Unionskandidat gegen "Zufallsmehrheiten mit der AfD" im Bundestag ausgesprochen.

Die neue Haltung findet Anklang beim FDP-Chef Christian Lindner, der im <tk>Deutschlandfunk<tk> Zustimmung seiner Fraktion zu den Unionsanträgen signalisiert hat. Lindner betont, dass es ihm "sogar egal" sei, ob die AfD zustimmt. Es gehe um ein politisches Signal des Bundestages.

Locker, Latte, AfD

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (ebenfalls FDP) nahm zu der Möglichkeit einer AfD-Zustimmung Stellung. Er gab sich unbeeindruckt: "Mir doch Latte, wer da noch zustimmt!"

All das hat eine neue Qualität. Es ist nicht lange her, da wurden Zustimmungen der AfD zu Anträgen anderer Parteien – obgleich ungeplant und ungewollt – sogar auf lokaler und regionaler Ebene skandalisiert.

Im vorliegenden Fall wird deutlich: Die Anträge der Merz-Union sind bewusst darauf angelegt, AfD-Positionen zu übernehmen – gegen alle rechtsstaatlichen und europarechtlichen Regeln, wie eine interne Analyse der SPD-Bundestagsfraktion konstatierte, über die Telepolis berichtete.

Der Beginn von etwas Neuem

Es ist schon beachtlich, mit welcher Chuzpe sich Merz dann vor Fernsehkameras und Mikrofone stellt, um zu behaupten, das würde den Rechten das Wasser abgraben. Denn offenbar ist das Gegenteil der Fall: Die AfD steht als Siegerin da, weil sie die "Altparteien" CDU und CSU nach rechts gezogen hat.

Das Frühjahr 2025 könnte der Startpunkt für eine neue politische Realität sein, eine schwarz-blaue.