Internes SPD-Papier zu Friedrich Merz' 5-Punkte-Plan: "Eher unwahrscheinlich"

Will, Gitter, Zäune, Grenzen: Friedrich Merz. Bild: Achim Wagner/ Shutterstock.com
Die SPD zerpflückt den Asyl-Plan von Friedrich Merz. Interne Analyse der Fraktion im Bundestag. Warum die Sozialdemokraten den Plan ablehnen.
Die SPD bezeichnet den kürzlich von CDU-Chef Friedrich Merz vorgestellten 5-Punkte-Plan zur Asylpolitik als unrealistisch und gesetzeswidrig. Merz hatte seinen Plan am Tag nach der Messerattacke in Aschaffenburg mit zwei Toten.
Er fordert darin faktische Einreiseverbote und eine massive Verschärfung der Migrationspolitik. Dies würde er im Fall eines Wahlsieges durchsetzen. Eine interne Analyse der SPD-Bundestagsfraktion, die Telepolis vorliegt, tritt diesen Vorschlägen nun entschieden entgegen.
Das SPD-Papier kommt zu dem Schluss, dass eine Umsetzung des ersten Punktes von Merz, nämlich eine vollständige Kontrolle aller deutschen Grenzen und Zurückweisung aller Personen ohne gültige Einreisepapiere, "gegen europäisches und internationales Recht verstoßen" würde.
"Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen sind europarechtswidrig", heißt es in dem Papier. Auch ein nationaler Alleingang wäre nicht angezeigt und praktisch kaum umsetzbar.
Zum zweiten Punkt, der Bundespolizei das Recht zu geben, eigenständig Haftbefehle zu beantragen, stellt das SPD-Papier fest: "In Deutschland kann keine einzige Polizeibehörde einen Haftbefehl beantragen." Dies liege ausschließlich in der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften. Der Vorschlag von Merz käme einem "Bruch des Rechtssystems bei freiheitsentziehenden Maßnahmen" gleich.
Keine automatische Inhaftierung
Auch eine automatische Inhaftierung aller aufgegriffenen ausreisepflichtigen Personen, wie von Merz im dritten Punkt gefordert, sieht die SPD kritisch. Dies dürfte "rechtlich schwierig werden", da Inhaftierung immer nur das letzte Mittel sein dürfe.
Hindernisse für Rückführungen
Zudem scheitere die Rückführung oft an Hindernissen wie fehlenden Papieren oder mangelnder Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer. "Ohne geklärte Rückführungsmöglichkeit oder zumindest eine zeitnahe Rückkehrperspektive können wir Menschen nicht – womöglich über Jahre – einfach so präventiv wegsperren", heißt es in dem SPD-Papier.
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Auch eine Aufwertung der Bundespolizei zur "Abschiebepolizei", die täglich Abschiebungen durchführt, wie von Merz im vierten Punkt gefordert, sehen die Sozialdemokraten skeptisch. Dies stelle eine Frage des Personals und der Ressourcen dar.
SPD-Fraktion zu Merz: "vollmundige Forderungen"
Auch blieben praktische Probleme wie die Beschaffung von Papieren bestehen. "Dies ist eine vollmundige Forderung, die in der Praxis auch er vermutlich nicht wird umsetzen können", urteilt die SPD.
Schließlich zweifelt die Partei auch daran, dass eine von Merz geforderte Änderung des Aufenthaltsrechts verfassungskonform umsetzbar wäre. Eine unbegrenzte Inhaftierung aller ausreisepflichtigen Straftäter und Gefährder bis zu ihrer Abschiebung, wie im fünften Punkt des Plans vorgeschlagen, dürfte am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit scheitern.
"Je länger der Gewahrsam anhält, umso schwerwiegender müssen die Gründe für seine Anordnung sein", zitiert Telepolis aus dem SPD-Papier. Dass eine verfassungskonforme Regelung gelingen könnte, die eine zeitlich unbegrenzte Haft bis zu einer womöglich Jahre in der Zukunft liegenden Ausreise erlaube, hält die SPD für "eher unwahrscheinlich".