Schweizerisch-Amerikanische Handelskammer unversehrt
Elektronische Demo-Mobilisierung ohne Erfolg
Das Ziel war bekannt. Bereits Tage im Voraus erhielten interessierte Kreise eine Email, die klar machte, wohin es gehen sollte. Ins Visier genommen hatten die Organisatoren der polizeilich verbotenen 1. Mai-"Nachdemonstration" in Zürich die Schweizerisch-amerikanische Handelskammer. Diese blieb gestern unversehrt. Statt dessen lieferten sich Polizei und Jugendliche in der helvetischen Bankenmetropole fünf Stunden lang Scharmützel.
Für Telecoms und Hersteller von digitalen Kameras aller Art war der gestrige Tag ein voller Erfolg. Mit Handys und Digicams bewaffnet, "belustigten" sich gestern Nachmittag in Zürich mehrere Tausend Leute ob des mehrstündigen polizeilich inszenierten Katz-und-Maus Spiels - mal in der Rolle des Betrachters, mal als steine- und flaschenschmeißender Teilnehmer.
Im Prinzip hätte es aber nie zu solchen Szenen kommen sollen. Der revolutionäre Aufbau versuchte als Organisator der "Nachdemonstration" das Gewaltpotential zu kanalisieren, indem schon vor Tagen die Losung ausgegeben, wohin der polizeilich verbotene Umzug gehen soll. Das Ziel war die Schweizerisch-amerikanische Handelskammer. Dieses bilaterale Gremium repräsentiere "die enge Verbindung des Schweizer Kapitals mit der kriegführenden Supermacht USA, Schutzpatron des Staates Israel", hieß es im Aufruf, den potentielle Teilnehmer per Email zugestellt erhielten.
Neue Wege bei der Mobilisierung ist das eine, die Umsetzung in die Praxis das andere. Letzteres lässt sich nicht per Mausklick erledigen und so war es denn nicht ganz überraschend, dass der Umzug sein gewünschtes Ziel um Meilen verfehlte und unverrichteter Dinge von den Organisatoren aufgelöst wurde.
Was folgte, war ein Spektakel mit rituellem Einschlag. Mehrere Tausend, zumeist jugendliche Zweitgenerationsausländer nutzten die Gelegenheit, der Polizei "alles zurück zu geben, was sie uns im Laufe des Jahres angetan hat", wie sich ein Teilnehmer der rund fünf Stunden dauernden Krawalle ausdrückte. Die Bilanz: 140 Verhaftungen und vierzehn Verletzte.