Seine Haftbedingungen überlebten nur 23 von 15.000 - nun starb er selbst als Gefangener
Kaing Guek Eav, der Sicherheitsdienstchef der Roten Khmer, ist tot
Gestern gab Neth Peaktra, der Sprecher des Tribunals zur Aufarbeitung der Herrschaft der Roten Khmer in Kambodscha, den Tod von Kaing Guek Eav bekannt. Der ethnische Han-Chinese diente den Linksextremisten zwischen 1976 und 1979 als Chef ihres Sicherheitsdienstes Santebal und als Leiter des berüchtigten Gefängnisses S-21 alias "Tuol Sleng".
Dieses Gefängnis überlebten von geschätzten 15.000 Häftlingen gerade einmal 23. Später sagte der gelernte Pädagoge, dass er "und alle anderen, die an diesem Ort arbeiteten, wussten, dass jeder, der dorthin kam, psychologisch zerstört und durch ständige Arbeit eliminiert werden musste".
Theorie funktionierte in der Praxis nicht
Eingeliefert wurde, wer der von den Linksextremisten angestrebten gigantischen Transformation Kambodschas vermeintlich oder tatsächlich im Wege stand: Das konnte jemand sein, der Zweifel an diesem Ziel äußerte - aber auch einfach ein Brillenträger. Insgesamt fielen der Ideologie zwischen 1975 und 1979 zwischen 740.000 und drei Millionen Menschen zum Opfer. Die meisten Schätzungen gehen von 1,2 bis 1,7 Millionen Toten aus, die etwa ein Viertel der damaligen Gesamtbevölkerung wären.
Nicht alle davon wurden durch Arbeit vernichtet: Viele richtete man mit Hacken oder Plastiktüten hin, andere verhungerten, weil Wirtschaft und Landwirtschaft in der Praxis nicht so funktionierten, wie sich die Roten Khmer das in ihrer Theorie ohne Technik vorgestellt hatten. Das merkten sie aber erst relativ spät, weil das produzierende Volk aufgrund der Folgen im Falle ehrlicher Meinungsäußerungen nicht die Wirklichkeit meldete, sondern das, was oben erwartet wurde.
Später für Kirche und NGOs tätig
Als die unvermeidliche Konfrontation mit der Realität dann doch erfolgte, reagierten die Roten Khmer (anders als die Kommunisten in China) nicht mit einem Kurswechsel, sondern mit Säuberungen, bei denen sie massenhaft vermeintliche "Saboteure" hinrichteten. 1978 traf das auch den ehemaligen Vizeregierungschef Vorn Vet, der Kaing Guek Eav seinen Posten verschafft hatte. Er starb in dem Gefängnis, das sein ehemaliger Schützling leitete.
Als die Vietnamesen der Terrorherrschaft in ihrem Nachbarland 1979 ein Ende setzten, tauchte Kaing Guek Eav in China und Thailand unter. In den 1990er Jahren war er als Pastor einer protestantischen Kirche und für die NGOs American Refugee Committee und World Vision International tätig, bis ihn 1999 ein britischer Reporter auffliegen ließ.
Danach stellte man ihn vor Gericht, wo er sich mit dem aus der Geschichte bekannten Argument zu rechtfertigen versuchte, er habe ja nur Befehle befolgt. Aus einer 30-jährigen Haftstrafe, zu der man ihn 2010 für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter und Mord verurteilte, wurde im Revisionsverfahren eine lebenslange, aus der der gestern 77-Jährige nun durch den Tod entlassen wurde - so wie Zehntausende seiner eigenen ehemaligen Häftlinge.
Das von ihm geleitete Gefängnis, das der Revisionskammerpräsident Kong Srim eine "Todesfabrik" nannte, ist inzwischen ein Genozidmuseum.
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