She works hard for the Trabbi

Amerikanische Künstlerin will einen Trabant in eine Höllenmaschine mit Multimedia-Features und sich selbst nebenbei in ein Pin-Up verwandeln

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es ist ja durchaus ehrenwert, wenn jemand aus einem Trabant ein Auto machen will. Aber diesmal goes der Trabbi wieder to Hollywood. Mehr als ein schlechter Film: Die Lowrider-Hipsterkarosse, an der die US-Konzeptkünstlerin Liz Cohen arbeitet, sieht - vereint mit Cohens synchronem Streben nach einem Bikini-Model-Körper - stark nach Unterhaltungsindustrie und neoliberalem Narzissmusswahn aus. Bemerkenswert ist auch, dass Coverstar auf Macho-Auto-Magazin für eine Künstlerin ein Lebensziel darstellt.

Bild: Liz Cohen

Man erkennt die stolzen Besitzer ja schon manchmal an der Physiognomie ihres Autos. Da wäre etwa eine steil nach oben getragene Nase, entsprechend der exponierten Emily-Figur, dem Jaguar oder Stern auf der Kühlerhaube. Oder die bullige Schnauze, die man über der noch größeren Schnauze im Rückspiegel sieht, wenn ein lichthupender BMW mit 220 Sachen auf der linken Autobahnspur unmissverständlich vorbeigelassen zu werden wünscht, damit der Latte Macchiato in Mailand nicht kalt wird.

Schließlich das filigran-asketische Gesicht eines bärtigen Ente-Fahrers, dessen bezopfte Entrücktheit mit der des gemütlich beschürzten Citroen im Gleichlauf dahintuckert. Im Umkehrschluss hätte man bisher von einem Trabant alter ostdeutscher DDR-Schule auf blasse ältere Männer mit fliehendem Haaransatz (Oldschool) oder Neo-Hippies/Künstler/PDS-Studenten (Newschool) geschlossen. Bei lustig umgebauten Trabbis auf die Mitglieder ostdeutscher Trabbi-Fanclubs. Nicht unbedingt sexy, das alles. Bis jetzt. Denn jetzt wird er kommen, der supergeile, turbostarke, krasse Funcar, Ladies and Gentlemen, der hintergründige Lowrider-Trabbi. Quatsch? Nein, Kunst. Die amerikanische Künstlerin Liz Cohen hat als "industrial artist" für schlappe 400 Dollar einen Original 1987er 601 deLuxe aus dem DDR-Fundus erworben. Nun ist Cohen keine Brillenschlange mit Dutt und dicken Beinen, sondern durchaus ansehnlich anzusehen.

Daher ist es folgerichtig, dass sie plant, die sozialistische Rennpappe so umzugestalten, dass sie sich quasi auf Knopfdruck in ein dem super-coolen 73er Chevrolet El Camino ähnelndes Gefährt verwandelt. Äußerlich wird die original-triste Karosserie schrill übermalt. Das Auto wird nach Cohens Plänen in seiner Substanz ebenfalls kaum mehr wiederzuerkennen sein. Sie will zunächst eine Lowrider-Hydraulik montieren, mit der es sich trefflich hüpfen lässt. Der hintere Teil des Autos soll mechanisch zu einer Art Pickup-Ladefläche veränderbar sein.

Für den künstlerischen Anspruch braucht es dann aber natürlich auch noch multi-medialen Schnickschnack aller Art. Eine Digicam filmt die Umgebung des Wagens. Ein Projektor projeziert von einer DV-Kamera aufgenommene Publikumsreaktionen auf die Auto-Transformation an Wände und Straßenpflaster. Im Kühlergrill versteckte Lautsprecher werden durch Bewegungssensoren aktiviert, sobald sich jemand nähert und spielen dem Betrachter sicherlich interessante Botschaften in einem kruden Mix aus Deutsch und Englisch vor.

Der italienische Software-Unternehmer und Kunst-Mäzen Franco Marinotti sponsert Cohen mit 30000 Dollar. Und damit Liz Cohen nicht noch am Ende optisch von ihrem Super-Trabbi ausgestochen wird, hat auch sie mit einer Runderneuerung begonnen. Mit privatem Fitnesstrainer und ausgetüftelter Diät wird die Dame versuchen, eine derart knackige Figur zu erlangen, dass sie neben ihrem Super-Trabbi auf das Cover eines Lowrider-Macho-Magazins darf. "A new level of cool" soll das für den Trabant und sie selbst sein, so Cohen. Damit man den Trabbi lieben lernt und so. Weil sie es sich als Irgendwie-Feministin wert ist, wohl auch.

Für Margot Honecker oder Sigrid Skarpelis-Sperk kommt diese interessante Idee, den Sozialismus sexy zu rebuilden und damit attraktiver zu gestalten, wohl etwas zu spät. Sahra Wagenknecht dagegen, gern als das "schönste Gesicht des Sozialismus" (trotz notorischer Oma-Frisur und hochgeschlossener Rüschenbluse) bezeichnet, könnte man sich sehr gut als "Auto, Motor, Sport"-Mechanikerin vorstellen, die mit ihrem zum 70er Ford Capri umgemodelten Zweitakter die mutlosen bundesdeutschen Werktätigen (nicht nur bei BMW) in Wallung bringt. Gegen den Autokanzler der Restauration. Ja, das wäre bestimmt keine Kunst.