Slowenischer Sonneborn in der Stichwahl
Sozialdemokratischer Staatspräsident Pahor verfehlt im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit
Der slowenische Staatspräsident Borut Pahor muss sein Amt nach dem gestern durchgeführten ersten Wahlgang überraschend in einer Stichwahl verteidigen, weil er statt der von Meinungsforschern vorhergesagten mehr als 56 Prozent nur 47 bekam. Dort tritt der 53-jährige Sozialdemokrat gegen den Kandidaten an, der unter seinen acht Herausforderern mit 25 Prozent die meisten Stimmen bekam: Gegen den 39-jährigen Kabarettisten und Satiriker Marjan Šarec.
Šarec wurde in Slowenien durch die Hörfunksendung Radio Ga-Ga und die Fernsehshow von Sašo Hribar bekannt, für die er den Charakter Ivan Serpentinšek entwickelte: einen grantigen oberkrainer Dörfler mit Elementen von Gerhard Polt und Stephen Colbert. Darüber hinaus imitierte er nationale und internationale Politiker und Prominente. 2010 bewarb er sich um das Amt des Bürgermeisters der oberkrainer 30.000-Einwohner-Ortschaft Kamnik, wurde im ersten Wahlgang Zweiter und gewann anschließend die Stichwahl. Vier Jahres später waren die Bürger mit ihm so zufrieden, dass er seine Wiederwahl mit einer eigenen Liste bereits im ersten Wahlgang fast mit Zweidrittelmehrheit gewann.
Kandidatin der liberalen Regierungspartei kommt nur auf 1,7 Prozent
Staatspräsident Pahor interpretierte das Ergebnis, das ihn in die Stichwahl zwingt, als "fast 50-prozentigen" Zuspruch, was "angesichts des hohen Misstrauens der Menschen gegenüber der Politik ein sehr ermutigendes Ergebnis" sei. Nun werde er sich "mit aller Kraft" und "bis zum Schluss" bemühen, die Wähler davon zu überzeugen, dass er weitere fünf Jahre amtieren darf. Vor seiner Zeit als Präsident war der Träger des ukrainischen Freiheitsordens slowenischer Ministerpräsident und Vorsitzender der Sozialdemokraten, für die er im Europäischen Parlament saß.
Auf Platz drei landete bei der gestrigen Präsidentenwahl mit 13,7 Prozent Stimmenanteil Romana Tomc, die im EU-Parlament der konservativen Slovenska Demokratska Stranka (SDS) angehört. Umfragen hatten sie vorher etwa gleichauf mit Ljudmila Novak gesehen, die bei der Wahl nur auf sieben Prozent kam. Ihre Partei, die Nova Slovenija Krščanska Ljudska Stranka ("Neues Slowenien - Christliche Volkspartei") hat sich auf europäischer Ebene ebenso wie die SDS der von Angela Merkels CDU geführten christdemokratischen EVP-Fraktion angeschlossen.
Der Nationalist Andrej Šiško landete mit 2,2 Prozent noch vor dem Gaferser Bürgermeister Boris Popovič (für den 1,9 Prozent stimmten) und Bildungsministerin Maja Makovec Brenčič, die es als Kandidatin der aktuellen Regierungspartei Stranka Modernega Centra (welche auf europäischer Ebene der liberalen ALDE-Fraktion angehört) nur auf 1,7 Prozent brachte. Suzana Lara Krause, die für die Bauernpartei SLS antrat, und Angela Likovič von der ebenfalls nicht im Parlament vertretenen Familienpartei Za Otroke In Družine konnten jeweils weniger als ein Prozent der Wähler von sich überzeugen.
Niedergang der Sozialdemokraten und Etablierten
Im slowenischen Parlament büßten Pahors Sozialdemokraten ihre Macht bereits 2011 ein, als sie fast zwei Drittel ihrer Mandate verloren und auf Platz drei abstürzten. Relativer Wahlgewinner war damals mit aus dem Stand 28 von 90 Sitzen die vom Laibacher Bürgermeister Zoran Janković neu gegründete Anti-Establishment-Partei Pozitivna Slovenija ("Positives Slowenien"), der früher auch Šarec angehörte. Sie flog bei den nächsten Wahlen drei Jahre darauf mit nur noch 2,2 Prozent Stimmenanteil wieder hochkant aus dem Parlament, wovon die Sozialdemokraten mit einem weiteren Verlust von 4,54 Punkten auf nun nur mehr 5,98 Prozent jedoch nicht profitieren konnten.
Neue stärkste Partei wurde nun mit knapp 35 Prozent der Stimmen wieder eine neue Gruppierung: Die Stranka Mira Cerarja ("Partei Miro Cerar"). Ihr Vorsitzender Miro Cerar war vorher nicht politisch aktiv, sondern Juraprofessor und Experte für Verfassungsrecht. Das brachte ihm Beobachtern zufolge den Sieg. Seine Vorgängerin Alenka Bratušek, die ebenso wie Cerar mit einer neu gegründeten Partei antrat, die ihren Namen trug (Zavezništvo Alenka Bratušek - ZaAB), übersprang die Vier-Prozent-Hürde nur relativ knapp.
Offenbar gab es nicht viele Wähler, die von ihrer Privatisierungs- und Leistungskürzungspolitik begeistert waren, mit der sie versuchte, eine drohende Staatspleite und EU-Rettungsschirmauflagen zu vermeiden. Das lag möglicherweise auch daran, dass die slowenischen Staatsschulden während ihrer nur gut einjährigen Amtszeit trotz der Privatisierungen auf 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stiegen. Grund dafür waren unter anderem Staatsgelder für marode Banken (vgl. Slowenien: Neu gegründete Partei gewinnt Wahl).