Spätschäden bei geklonten Tieren

Mehr als die Hälfte aller Klon-Tiere sind nicht lebensfähig

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Ein aus einer erwachsenen Körperzelle geklontes Kalb ist sieben Wochen nach der Geburt gestorben. Forscher vermuten, daß durch die Klonierungstechnik, die schon bei Dolly angewandt wurde, Fehler entstehen, die eine normale Entwicklung stören.

Bevor im Februar '97 Dolly geboren wurde, hatte niemand geglaubt, daß man aus erwachsenen, ausdifferenzierten Zellen Lebewesen züchten könnte. Tiere, die man bis dahin erfolgreich geklont hatte, stammten allesamt aus embryonalen Zellen, die sich kaum von einer befruchteten Eizelle unterscheiden. Eine erwachsene Körperzelle ist dagegen spezialisiert. Sie besitzt zwar die gleiche Genausstattung wie eine Embryonalzelle, doch einige Gene wurden während ihrer Entwicklung an- bzw. abgeschaltet. Bei der Klonierung solcher Zellen muß das Erbgut der Zelle in den ursprünglichen, also in ihren embryonalen Zustand zurückversetzt werden. Die Zelle wird reprogrammiert. Dabei könnten Fehler entstehen, die die Entwicklung des Klons stören. Zu diesem Ergebnis kam eine Forschergruppe um Jean-Paul Renard vom französischen Institut National de la Recherche Agronomique

40 - 74% aller Klone, die aus erwachsenen Körperzellen gezüchtet werden, sterben kurz vor oder nach der Geburt. Auf die hohe Sterberate wurde man erstmals aufmerksam, als japanischen Wissenschaftlern die Geburt von acht identischen Klonkälbern gelang. Alle acht Kälber stammten aus Körperzellen einer Spenderkuh. Doch bereits bei oder kurz nach der Geburt starben vier der Tiere. Eine befriedigende Erklärung konnte Dr. Tsunoda und sein Team nicht liefern. In ihrer Publikation, die im Dezember 1998 in Science erschien, machten sie "Umwelteinflüsse" für den Tod der vier Kälber verantwortlich.

Schon damals gehörte Jean-Paul Renard zu den Experten, die der Ansicht waren, daß bei der Klonierung mit Körperzellen Fehler auftreten. Ihrer Meinung nach sterben zu viele Klone oder sind auffällig schwach. In der jüngsten Ausgabe des britischen Wissenschaftsmagazins The Lancet" veröffentlichten Renard und seine Kollegen erstmals eine detaillierte Untersuchung zu möglichen Spätfolgen bei der Klonierung von Körperzellen. Ein Kalb, das Renard und seine Mitarbeiter aus einer erwachsenen Körperzelle geklont hatten, ist sieben Wochen nach seiner Geburt gestorben. Die Zelle, aus der das Kalb gezüchtet wurde, stammt vom Ohr eines fünfzehn Tage alten Kalbs, das aus einer Embryonalzelle geklont worden war.

Laut Aussage der Zellbiologen begann sich das Kalb normal zu entwickeln, sechs Wochen nach der Geburt sank jedoch die Zahl der roten Blutkörperchen rapide ab, am 51. Tag starb das Tier. Die Obduktion ergab, daß das Immunsystem nicht vollständig ausgebildet war: Lymphatisches Gewebe, dazu gehören Milz, Thymusdrüse und Lymphknoten, waren unterentwickelt. Zu ähnlichem Ergebnis war Renard bereits letztes Jahr gekommen, als eines seiner Klonkälber ungewöhnlich schnell an einer Infektionskrankheit starb. Auch hier ergab die Obduktion, daß die Thymusdrüse nicht ausreichend entwickelt war.

Offenbar, so die Wissenschaftler, hat die Entwicklungsstörung mit der "Reprogrammierung" der Körperzelle zu tun. Damit die bereits spezialisierte Körperzelle in den embryonalen Zustand zurückversetzt wird, werden die Spenderzellen "ausgehungert". Das französische Forscherteam vermutet nun, daß die genetische "Reprogrammierung" der Körperzelle im Laufe des Klonierungsprozesses gestört und somit die Entwicklung des lymphatische Systems beeinträchtigt wurde. Mit ihrer Untersuchung warnen Renard und sein Team ausdrücklich vor den Gefahren Menschen zu klonen. "Unsere Beobachtung sollte bei der Debatte über das Klonen von Menschen berücksichtigt werden" schreiben die Wissenschaftler in ihrem Bericht.