Staatlich legitimierte Selbstjustiz in der Türkei?
Seite 2: Entlassungen und Verhaftungen gehen weiter
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Während deutsche Politiker nach der Freilassung einiger weniger Deutschen von Entspannung, Normalisierung und Annäherung der Türkei an die EU sprechen, gibt es täglich neue Verhaftungen und Entlassungen.
Seit Juli 2016 wurden mehr als 150.000 Staatsbedienstete suspendiert oder entlassen. Mehr als 55.000 Menschen wurden inhaftiert, darunter zahlreiche Journalisten, Oppositionelle und Wissenschaftler. Nun wurden aufgrund eines neuen Dekretes, das ebenfalls am 24.12. in Kraft trat, weitere 2.700 Staatsbedienstete entlassen, darunter 637 Militärbedienstete, 105 weitere Akademiker, ebenso Mitarbeiter des Innen-, Außen- und Verteidigungsministeriums.
Mit dem Dekret wurden zudem 17 weitere Organisationen verboten, darunter zwei Zeitungen und sieben Vereine. Die Zahl der Verhaftungen seit der Aufkündigung des Friedensprozesses mit der PKK seitens Erdogans und der Steigerung nach dem gescheiterten Putschversuch ist erschreckend.
Allein in diesem Jahr wurden vom 1. Februar bis 24. November 2017 in der Türkei 6.750 Mitglieder der linken oppositionellen Partei HDP in Polizeigewahrsam genommen, davon landeten 1.684 in Untersuchungshaft. Insgesamt wurden vom 24. Juli 2014 bis heute insgesamt 10.965 Mitglieder der HDP in Polizeigewahrsam genommen und 3.277 in Untersuchungshaft gesteckt. Damit wurde eine demokratische Partei praktisch handlungsunfähig gemacht.
Insgesamt wurden nach Angaben des türkischen Innenministers Soylu seit dem 15. Juli 2016 insgesamt 55.665 Menschen in Untersuchungshaft gesteckt und 234.000 Reisepässe annulliert.
Häftlingskleidung per Dekret angeordnet
Ab jetzt müssen männliche Gefangene, d.h. 6.500 Putsch-Verdächtige in braunen oder 53.500 wegen "Terrorismus" Angeklagte in grauen Overalls vor die Richter treten. Entsprechende Kleidung für weibliche Gefangene wird vorbereitet.
Dies ordnete Erdogan ebenfalls an Weihnachten an. Er bezog sich dabei auf das US-Gefangenenlager Guantanamo, meinte aber, in der Türkei müssten die Gefangenen keine Hand- oder Fußfesseln vor Gericht tragen.
Der seit über einem Jahr inhaftierte Ko-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas kündigte daraufhin an: "Wenn wir Uniformen bekommen, dann werden wir sie in Stücke reißen und sie in den Müll werfen. Wir tragen lieber Leichentücher, als uns Faschismus zu beugen, indem wir Uniformen tragen."