Steigende Preise: Wie sich Spekulanten die Taschen füllen
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Angebot und Nachfrage bestimmen immer weniger die Preisentwicklung. Der Anteil der Spekulation wächst, sagt die Ökonomin Friederike Spiecker. Das sind die Gründe.
Menschen mit niedrigen Einkommen müssen einen erheblich höheren Anteil ihres Einkommens für den Grundbedarf aufwenden als Besserverdienende. So machten in Deutschland im Jahr 2021 bei Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 1.250 Euro die Ausgaben für Nahrungsmittel fast ein Fünftel ihrer gesamten Konsumausgaben aus.
In der Gruppe der Haushalte mit mindestens 5.000 Euro monatlichem Nettoeinkommen lag dieser Anteil bei weniger als einem Siebtel – und das bei einer wesentlich höheren Sparquote. Noch größer sind die Anteilsunterschiede bei den Ausgaben zwischen Arm und Reich im Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung. Auf ihn entfielen bei der untersten Einkommensgruppe der Haushalte 2021 – also noch vor der Energiepreiskrise – die Hälfte ihrer Ausgaben, bei der reichsten Gruppe weniger als ein Drittel.
Ärmere Haushalte sind deshalb von steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen härter betroffen als reichere. Umso wichtiger ist es, die Ursachen für die starken Preissteigerungen der letzten beiden Jahre zu untersuchen und sie, wenn möglich, abzustellen oder für eine Veränderung der Einkommensverteilung zugunsten der Ärmeren zu sorgen.
Preisentwicklung im Überblick
Schaut man die Entwicklung der Preise zum Beispiel für Brot über einen langen Zeitraum an (Abbildung 1), kann festgestellt werden, dass die Erzeugerpreise (die blaue Linie) immer schon größere Schwankungen aufwiesen als die Verbraucherpreise (die orange Linie): So nahm der Erzeugerpreis für Brotweizen im Zuge der Rohstoffpreishausse der 2000er-Jahre zwischen August 2005 und März 2008, also innerhalb von nur 32 Monaten oder weniger als drei Jahren, um fast das Zweifache zu.
Anschließend halbierte er sich in 9 Monaten und erreichte nach eineinhalb Jahren sogar wieder für kurze Zeit sein altes Niveau. Von da an ging es erneut rasant auf- und wieder abwärts, mit Spitzenwerten ähnlich wie 2008, bevor von 2014 bis 2021 eine ruhigere Phase folgte.
Die Verbraucherpreise für Brot und Getreideerzeugnisse bewegten sich hingegen relativ ruhig: Auf die Explosion der Erzeugerpreise bis zur Finanzkrise reagierten sie erst ab Sommer 2007 ein Jahr lang, und zwar mit einem Zuwachs von insgesamt gut 8 Prozent, hielten dieses Niveau in den folgenden drei Jahren und verzeichneten anschließend – offenbar wieder in Reaktion auf die Peaks der Erzeugerpreise – moderate Anstiege.
Ganz Ähnliches ereignete sich in den vergangenen zwei Jahren (für die zusätzlich auch detaillierteres Datenmaterial z. B. für Mehl vorliegt, die ab 2015 eingezeichnete rote Linie in Abbildung 1). Allerdings ist das Tempo des Erzeugerpreisanstiegs zwischen Dezember 2020 und dem Höhepunkt der Rallye im Mai 2022 noch höher als damals und ebenso die Geschwindigkeit, mit der die Preise inzwischen wieder eingebrochen sind.
Auf der Verbraucherebene ist es dieses Mal zu einer deutlich stärkeren Reaktion gekommen als Mitte der 2000er-Jahre: Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 bis heute haben sich die Preise für Mehl und die für Brot um rund ein Drittel erhöht.
Was die Schwankungen der Erzeugerpreise verursacht
Doch was verbirgt sich hinter den großen Schwankungen der Erzeugerpreise? Dass der Klimawandel die Ernten in der landwirtschaftlichen Produktion langfristig verschlechtern wird, ist trotz der guten Resultate der letzten Jahre sehr wahrscheinlich. Blockaden der Transportwege über das Schwarze Meer und die Vernichtung ukrainischer Getreidevorräte, die für den Export bestimmt waren, tragen zur weltweiten Angebotsverknappung bei.
Die Zunahme der Weltbevölkerung sorgt ihrerseits für einen Anstieg der Nachfrage. Das alles lässt Preiszuwächse erwarten. Eine Verknappung bzw. Verteuerung von Düngemitteln durch die westlichen Sanktionen gegen Russland treibt die Kosten auf der Erzeugerstufe in die Höhe. Das spricht ebenfalls für Preisanstiege. Doch das erklärt nicht das extreme Auf und Ab bei den Preisen, wie es empirisch zu beobachten ist.
Vergleicht man die monatlichen Erzeugerpreise für Brotweizen, wie sie das Statistische Bundesamt ermittelt, mit den aus Tageskursen berechneten Monatsdurchschnitten der Börsenhandelspreise für Weizen, ergibt sich eine starke Übereinstimmung (die blaue und die rosafarbene Linie in Abbildung 2).
Es gibt keine Gründe für starke Schwankungen bei der realen Nachfrage nach Weizen – die Menschen essen nicht schlagartig sehr viel mehr oder sehr viel weniger Brot. Daher können die Preisturbulenzen also nicht stammen. Allerdings ließen Befürchtungen einer mengenmäßigen Verknappung des Weizenangebots aufgrund des Kriegs gegen die Ukraine stark steigende Erzeugerpreise erwarten.
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