Straße von Hormuz: Die US-Operation "Sentinel" läuft
Sie ist kleiner als früher angekündigt. Pentagon-Chef Esper verlegt sich auf Diplomatie, aber die US-Drohkulisse wird aufrechterhalten. Iran lehnt weiter Foto-Termin-Gespräche ab
Großbritannien ist bei der US-Mission "Sentinel" im persischen Golf dabei, Australien, mit deren Marinekräfte die USA im Sommer ein großes Manöver abgehalten hat, und als bislang einziger Golfstaat Bahrain, dass sich der Mission vor zehn Tagen offiziell anschloss. In Bahrain unterhält die US-Navy eine bedeutende Basis.
Die Namen der drei Länder gab der neue US-Verteidigungsminister Mark T. Esper bei einer Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch bekannt. Neu war darüber hinaus die offizielle Bestätigung, dass die Operation bereits laufe.
Das ist nicht die große "Armada", die US-Außenminister Pompeo Ende Juni im Auge hatte, als er davon sprach, dass außer den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien "noch weitere 20 Länder" Sentinel unterstützen sollten.
Inwieweit sich Saudi-Arabien und die VAE sowie andere Länder finanziell an der Mission beteiligen, ist öffentlich nicht bekannt. Zweifel daran, dass die USA die breite und kompakte Front im persischen Golf gegen Iran herstellen können, die sie öffentlich reklamierten, waren aus der Berichterstattung der letzten Wochen deutlich herauszulesen.
Saudi-Arabien und die Emirate: Kein exponiertes Engagement
Offenbar wollten sich weder Saudi-Arabien noch die Vereinigten Arabischen Emirate auf ein exponiertes Engagement einlassen. Dass der Handel über die Straße von Hormuz, der nicht nur Öl betrifft, nicht durch eskalierende Spannungen gefährdet wird, liegt auch in ihrem Interesse.
Die Absage Deutschlands Ende Juli wurde als weiteres Zeichen dafür gewertet, dass es in Europa andere Ansichten zur Iran-Politik gibt. Dazu kam, dass Iran europäischen Ländern mitteilte, dass man dies als "provokativen Akt" ansehen würde. Frankreich und Deutschland vertreten die Position, dass sie im Gegensatz zu den USA an der Nuklearvereinbarung mit Iran festhalten wollen.
Dabei schließen sie sich im Großen aber an das Ziel an, das Trump öffentlich aushängt: neue Verhandlungen mit Iran, die den Gültigkeitszeitpunkt von Beschränkungen im JCPOA-Vertrag verlängern, vor allem aber Einschluss des Raketenprogramms Irans in neue Vereinbarungen und ein Rückzug der Präsenz Irans in Regionalstaaten.
Akzent auf Diplomatie?
Auch US-Verteidigungsminister Esper legte bei seiner Pressekonferenz den Akzent seiner Erklärungen darauf, dass man "keinen Konflikt" mit Iran suche, sondern den diplomatischen Weg. Der Präsident sei "mehr als gewillt, Vertreter von Irans Führung zu treffen, um die Situation diplomatisch zu lösen".
"Und das", so der Pentagon-Chef, "war der Zweck der Operation Sentinel und war es auch gewesen, dass man eine Situation vermeidet, die uns aus dieser Bahn und in eine andere wirft". Die Antwort Espers richtete sich auf die Frage danach, ob die Krise im persischen Golf, um den es zuletzt ruhig geworden sei, jetzt vorbei sei, wo die USA doch noch vor ein paar Wochen "fast einen Krieg angefangen" hätten (vgl. dazu Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran).
Esper lag in der Pressekonferenz offensichtlich einiges daran, das Bild zu vermitteln, wonach die US-Regierung gegenüber Iran nun hauptsächlich auf Deeskalation ausgerichtet sei. Auch die Frage nach Irans militärischen Fähigkeiten am Ende der Pressekonferenz nutzte er dazu, um einerseits zu bestätigen, dass die Abschreckung durch US-Präsenz und Verbündete einen Effekt habe, und um anderseits herauszustreichen, dass "wir mit Iran reden wollen".
Solche Erklärungen sind aber an sich nichts Neues. Denn auch schon der Hardliner, US-Außenminister Bolton, hatte - im Zusammenhang mit seinen für Iran unakzeptablen Forderungen - im letzten Jahr, nach der Aufkündigung der Nuklearvereinbarung mit Iran von neuen Verhandlungen mit Iran als Ziel gesprochen (US-Außenminister will "Verhaltensänderung in Iran" erzwingen).
Trump hatte seinerzeit angekündigt, dass er Iran mit seiner Strategie dazu bringen werde, dass Iran geradezu um Verhandlungen betteln würde. Bislang führte die Maximal-Druck-Strategie allerdings nicht zu neuen Gesprächen.
Iran: Gespräche nur, wenn Sanktionen wegfallen
Aus Iran kamen auch nach dem "diplomatischen Überraschungsakt" Macrons beim G7, der Außenminister Zarif zum Tagungsort Biarritz einlud, Statements mit Bestätigungen der bisherigen Position. Gespräche gibt es nur, wenn zuvor die Sanktionen aufgehoben werden. Einen "Fototermin", der Trump öffentliche Bonuspunkte einbringt - und in Iran für heftige Gegenreaktionen sorgen würde - werde es nicht geben.
Da Macron wie auch die deutsche Kanzlerin Merkel zwar den JCPOA beibehalten wollen, aber zugleich ebenfalls für Nachverhandlungen plädieren, gibt es viele Spekulationen, ob die beiden EU-Staaten nicht den good cop für die USA spielen. Solche Überlegungen werden wahrscheinlich auch bei der Führung in Teheran miteinbezogen - man drängt dort auf ein deutliches Entgegenkommen der europäischen Ländern.
Macrons Einladung war sicher ein Signal in dieser Richtung, dass es aber die politische Wirkung hat, die die lobenden Medienbeiträge zu Macron in Frankreich beinahe unisono behaupteten, hat sich aber bisher nicht wirklich angedeutet.
Die Cyberwar-Fähigkeiten der USA
Zum US-Vorgehen gehört, wie auch die Operation Sentinel zeigt, der Verweis auf die militärischen Fähigkeiten. So dürfte es Teheran nicht entgangen sein, dass auf die Pressekonferenz des Pentagon-Chefs ein Bericht der New York Times folgte, der die Cyberwar-Fähigkeiten die USA im Vorgehen gegen Iran rühmt: U.S. Cyberattack Hurt Iran’s Ability to Target Oil Tankers, Officials Say.
Was an den behaupteten Fähigkeiten wirklich dran ist, können Außenstehende schwer nachprüfen. Das gehört zu den Signalen, die von den beiden Militärkommandos eingeschätzt werden. Politisch dürfte das keinen entscheidenden Wendepunkt markieren. Iran ist solche Angriffe und die dazu gehörigen Drohungen gewohnt und hat mit dem Abschuss einer High-Tech-US-Drohne bereits gezeigt, dass man der avancierten Technik des US-Militärs etwas entgegenzusetzen hat.
Auf den anderen Konflikt-Schauplatz mit Iran - Israels mehr oder weniger offene Luft- und Drohnenangriffe auf Stellungen schiitischer Milizen in Syrien, Irak oder dem Libanon - ging der US-Verteidigungsminister in seiner Pressekonferenz nur in wenigen, generell gehaltenen Bemerkungen ein, die keine Ländernamen enthalten. Er wollte dazu nichts weiter sagen, als dass die Sicherheit der eigenen Kräfte eine Grenzmarke abgibt: "Sie fragen, ob wir beunruhigt sind? Wir sind nicht nachlässig, wenn es um den Schutz unserer Streitkräfte geht."
In Israel ist Wahlkampf; Berichte über die israelische Armee, die auch in Nachbarländern den Gegner Iran bekämpft, sind ganz im Sinne Netanjahus, der den Kampf gegen die iranische Bedrohung seit vielen Jahren zu einem Hauptelement seiner Politik macht. Wie der Hizbollah-Führer Nasrallah auf die Drohnenangriffe reagieren wird, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus Israel kommen, ist noch offen.
Iran: Hoffnung auf die US-Wahl 2020
In den USA ist ebenfalls Wahlkampf, dabei geht es um das Versprechen Trumps einerseits Stärke gegenüber den Gegnern zu zeigen, anderseits keinen neuen Krieg anzufangen. Eskalationen passen da nicht gut dazu, außer sie können eindeutig als nötige Abwehrmaßnahmen dargestellt werden.
Man sagt, dass Teheran abwartet, ob Trump 2020 abgewählt wird. Bis dahin wird es keine entscheidenden politischen Fortschritte geben, da Trump von Irans Führung als nicht verlässlicher Verhandlungspartner ("politischer Amateur") herausgestellt wird. Allerdings steht auch die Hoffnung auf eine Ablösung Trumps auf unsicherem Boden, selbst wenn Umfragen anzeigen, dass es eine Mehrheit gegen ihn gibt (Donald Trump ist nach einer Umfrage der Verlierer). Man muss sie auch mobilisieren können.
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