Streit im Kornfeld
Die geplante "Feldbefreiung" gelang den Gentech-Ablehnern nur teilweise, trotzdem betrachten sie ihre Aktion als Erfolg
Hubschrauber dröhnen über den Köpfen. Polizisten auf Pferden und mit Hunden sind an jeder Ecke zu finden. Am Sonntagnachmittag herrscht Ausnahmezustand in den Strausberger Stadteilen Hohenstein und Ruhlsdorf bei Berlin. Anlass waren ca. 400 Demonstranten, die sich zur lange angekündigten sogenannten Feldbefreiung eingefunden haben. Sie wollten die Pflanzen eines rund 50 Hektar großen Maisfeldes mit gentechnisch veränderten Feldes ausreißen (Tanz ins Gen-Feld).
Doch die Polizei stoppte die Demonstranten kurz vor dem Acker. Die Stimmung bei den Demonstranten war trotzdem gut, denn ihnen war es doch gelungen, etliche Gen-Mais-Pflanzen des Ackers auszureißen. Die Beute wurde auf dem Platz wie die Ankommenden mit Jubel empfangen. Nach der Auflösung der Demonstration bahnten sich die Protestierenden in kleinen Gruppen einen Weg zum Acker und wurden dabei ständig von der Polizei verfolgt. 70 Demonstranten wurden kurzzeitig festgenommen und im Strausberger Polizeipräsidium erkennungsdienstlich behandelt Eine 62jährige Demonstrantin wurde von einem Polizeihund in den Arm gebissen und muss für einige Tage stationär im Strausberger Krankenhaus behandelt werden. Trotzdem bezeichnen die Organisatoren ihre Aktion als einen ersten Erfolg.
"Es gibt kein ‚Jein' zur Gentechnik. Entweder die Gen-Pflanzen breiten sich unkontrolliert aus und zerstören die ökologische und konventionelle Landwirtschaft. Oder wir verbannen alle Gen-Pflanzen von unseren Feldern. Ein Zwischending ist unmöglich. Koexistenz ist ein Mythos", sagt Michael Grolm. "Gesetze ändern sich, Naturgesetze nicht: Bienen halten sich nicht an Ackergrenzen", so das Credo des Tübinger Imkers und Mitorganisators der "Feldbefreiung".
Schon am Samstagabend hat Grolm auf einer Podiumsdiskussion in Strausberg-Ruhlsdorf diese kompromisslose fundamentalökologische Position vertreten. Es gibt keine Koexistenz mit der Gentechnologie bekräftigte er. Demgegenüber verteidigte Jörg Piprek ebenso selbstbewusst seine Position. Der Landwirt hat den Genmais des US-Konzerns Monsanto angebaut. Sein Feld sollte zerstört werden. Bei seinen Kontrahenten diagnostizierte Piprek eine "rückwärtsgewandte Bauernromantik". Für ihn hat moderne Technik den Alltag der bäuerlichen Bevölkerung erleichtert. Auch die Verbraucher würden die Produkte verlangen.
Trotz dem Dissens bekam Piprek Applaus für die Bereitschaft zur Diskussion. Auch der Strausberger Bürgermeister Hans-Peter Thierfeld wurde wegen seiner Bereitschaft, sich an der Diskussion zu beteiligen, gelobt. Dabei hat er in seiner kurzen Ansprache vor allem vor der Zerstörung der Pflanzen gewarnt und erklärt, er und die Brandenburger würden keine Gewalt und keinen Gesetzesbruch zu lassen.
Auch zwei Wissenschaftler lieferten sich auf dem Podium einen Schlagabtausch. Während der emeritierte Professor Grünewald vehement vor der Gentechnik warnte, wurde sie von Professor Leuthold als "sanfte Option in die Zukunft" beschrieben. Die Diskussion wird auch in Zukunft ebenso weitergehen wie der bisher eher regional beachtete Protest gegen Gengetreide . Mit der Aktion in Strausberg wurde er erstmals bundesweit wahrgenommen.