Streit zwischen Saudi-Arabien und Katar
Die "Anti-Iran-Front" hat mehrere Bruchlinien
Wenn sich ausgemusterte, bekannte Politiker mit Drohungen zu Wort melden, so agieren sie häufig als Stoßtrupp, um auszusprechen, was auf der offiziellen Ebene noch nicht ausgesprochen werden darf. Als derartige Sprachrohre agierten in kurzem zeitlichen Abstand der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates und nun der in Nahost-Kreisen bekannte Diplomat Dennis Ross.
Beide werden von der saudi-arabischen Arab News mit der recht unverhohlenen Drohung zitiert, dass die USA ihre Militärbasis in Katar (der al-Udeid-Militärflughafen) aufgeben könnten, falls die Führung in Katar nicht einen anderen Kurs einschlägt. Katar könnte darüber hinaus auch mit Sanktionen rechnen.
Inwieweit die beiden Politiker Ansichten in der Spitze der gegenwärtigen Trump-Administration abdecken, ist nicht eindeutig festzumachen - der Neocon Ross zum Beispiel war Berater unter der Außenministerin Hillary Clinton -, aber sie stehen für ein Lager, das auf eine starke Anti-Iran-Front setzt. Trump selbst signalisierte bei dem Gipfel in Riad, dass ihm an einer Allianz gegen Iran gelegen ist, die für Israel und Saudi-Arabien wichtig ist (vgl. Gipfeltreffen in Saudi-Arabien: Trump in der "Welt der Guten").
Feindbilder werden nicht geteilt
Nun zeigen sich Risse im Anti-Iran-Bündnis der Golfstaaten, die Äußerungen von Gates und Ross sind Spitzen in einer größeren Front gegen Katar. Die beiden Hauptkontrahenten im Streit sind Saudi-Arabien und Katar. Gestritten wird über das Verhältnis zu Iran, zu den Muslimbrüdern und zur Hamas, Katar schert hier aus, es unterstützt die Muslimbrüder wie auch die Hamas schon länger. Trump nannte "ISIS, Al Qaeda, Hizbollah, Hamas" als Extremisten, die den Guten gegenüberstehen, und Iran als eine Macht, die den Terrorismus unterstützt.
Nach dem Gipfel soll der katarische Emir eine dissidente Meinung zu Iran abgegeben haben. In internationalen Medien kursierten Aussagen von Sheikh Tamim bin Hamad al-Thani, die er bei einer Militärzeremonie geäußert haben soll, unter anderem die Aussage, dass Iran eine "große Macht" sei. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emiraten hatten daraufhin katarische Webseiten, inklusive al-Jazeera gesperrt.
Teheran sollte nicht isoliert werden, sondern eingebunden, wurde vom Emir weitergegeben. Auch soll er Trumps Haltung zu Iran kritisiert haben. Er habe Rohani in Iran angerufen, um ihm zu seiner Wahl zu gratulieren.
Saudi-Arabien: Zweifel an wahhabistischer Verwandschaft des katarischen Emirs
Aus saudi-arabischen Medien kamen zur Antwort Artikel wie How Qatar and Iran’s hardliners are very much alike politically oder Hezbollah and Qatar - a story of forbidden love?. Ein anonymer Minister der Vereinigten Arabischen Emirate sprach von einer "ernsthaften Krise" innerhalb der Golfstaaten zwischen dem von Saudi-Arabien geführten Lager und Katar. Der Streit birgt einige Kapriolen in sich.
So wurde von katarischer Seite behauptet, dass Äußerungen des Emirs nicht echt seien, weil Webseiten gehackt wurden und ihm Dinge in den Mund gelegt wurden, die er nicht behauptet habe. Und aus Saudi-Arabien wurden laute Zweifel daran geäußert, dass sich das katarische Herrscherhaus auf eine Verwandtschaft zum Gründer des Wahhabismus berufen dürfe.
Da der Brief aus dem Zentrum des klerikalen Establishments stamme und dergleichen zuvor noch nicht vorgekommen sei, wird dies als weiteres Zeichen einer ernsthaften Störung des Verhältnisses der beiden Golfstaaten gewertet.
Andere Positionen auch in Oman, Dubai und Kuwait
Allerdings macht al-Monitor in seinem Bericht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: Dass Katar mit dem Anspruch, eine Beziehung zu Iran gemäß seinen Landesinteressen zu führen, nicht alleine steht. Auch Oman habe eine andere Position als die von Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.
In US-Artikeln zur Krise wird hervorgehoben, dass sich die Ansichten des US-Verteidigungsministers Mattis und des CIA-Direktors Pompeo mit denen in Riad und Abu Dhabi decken. Bahrein sehe sich durch US-Unterstützung darin gedeckt, weiter hart gegen die Opposition vorzugehen, die mit Iran in Verbindung gebracht wird. Man suche nun auszuloten, wieweit die Trump-Administration zu gehen bereit ist.
Indessen lenkt die Nah-Ost-Journalistin Sharmine Narwani bei RT den Blick auf weitere Bruchlinien im Golfkooperationsrat (GCC). Auch zwischen Dubai und Abu Dhabi gebe es Unterschiede im Verhältnis zu Iran. Dubai habe eine große iranische "expat"-Bevölkerung und treibe bedeutenden Handel mit Iran. Dort sei man weniger über den Nachbarn beunruhigt als in Abu Dhabi.
Auch in Kuwait sei man zurückhaltender, wenn es um Iran gehe. Der Anteil der Schiiten betrage 40 Prozent im Land. Dass sich der katarische Emir wegen Vermittlung in seinem Streit mit Saudi-Arabien und den VAE an Kuwait wende, komme nicht von ungefähr. Der Tenor des Artikels von Narwani: Der "sunnitische Konsens" unter dem Schirm der "saudi-amerikanischen Macht" ist nicht so tragfähig, wie dies postuliert wird.