Studiengebühren, ein Wintermärchen

Ein geleaktes Schreiben des bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst bringt uns zielsicher auf die Idee, dass Studiengebühren gar nichts mit der Verbesserung der Lehre zu tun haben

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Die Anti-Assange-Kampagne in Folge der letzten Wikileaks-Enthüllung hat unfreiwillig auch ihr Gutes. Parallel zur großen Aufdeckungscommunity kristallisieren sich eins-zwei-drei-viele neue Whistlerblower-Plattformen heraus. Sogar in Bayern. Da finden sich natürlich keine Peinlichkeiten aus der US-Diplomatieszene, sondern solche aus der bayerischen Landesregierung. Konkret geht es um ein aktuell ans Licht der Internetöffentlichkeit gezerrtes Rundschreiben des bayerischen Ministers Wolfgang Heubisch (FDP) vom 19.1.2010 (Heubisch-Brief (PDF)).

Darin fordert er "die Vorsitzenden der Leitungsgremien der staatlichen bayerischen Hochschulen" auf, bei den "Studienbeiträgen" auf eine "zeitnahe Verwendung der Restmittel zu achten". Und er versäumt auch nicht, harte Zahlen zu nennen: Bis Ende 2009 sind diese "Restmittel", also die vielen, vielen Semestergebühren in Höhe von 500 Euro pro Studierendem, zu einem Restberg von 106 Millionen Euro angewachsen. Eine geradezu Entenhausener Dimension, die einem Duckschen Geldspeicher Ehre machen würde.

Zentrale Botschaft des Briefs: "Um die politische Unterstützung für die Erhebung von Studiengebühren nicht zu gefährden", sollen die Universitäten daher für einen "zeitnahen und vollständigen Mittelabfluss" sorgen. "Die bayerische Staatsregierung hat sich eindeutig für eine Beibehaltung der Studienbeiträge ... ausgesprochen". Und bedauert in diesem Zusammenhang: "Der politische Druck gegen eine Beibehaltung der Studienbeiträge hat im Zusammenhang mit der Abschaffung der Studienbeiträge und der vergleichbaren Gebühren in anderen Ländern zugenommen".

Um das Dokument in kurzen Worten zusammen zu fassen: Die bayerischen Universitäten sitzen auf einem Studiengebührenberg von weit über 100 Millionen Euro, während Studierende in Bayern weiterhin mit je 500 halbjährlichen Euro für ihre Lernwilligkeit bestraft werden. Der Geldspeicher soll nun zügig geleert werden, etwa durch engagiertes Budget-Abfackeln, bevor jemand den Missstand bemerkt.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist hier nicht erkennbar. Geht es hier also nur um die Leitpolitik einer Elitenbildung und -förderung? Für den Kampf der Studentenschaft gegen die Premium-Beiträge zum Studium an einer bayerischen Universität allerdings dürfte sich dieses auf www.bayernleaks.de geleakte Schreiben positiv auswirken; hier wird politische Munition frei Haus geliefert. Die Echtheit des Schreibens wurde im Verlauf des heutigen Tages von der Sprecherin des Ministeriums, Christa Malessa, gegenüber der Presse bestätigt. Der Skandal ist also in vollem Gang.