Studierendenvertretungen gegen Rasterfahndung

Diskriminierung und Stigmatisierung ausländischer Studierender befürchtet

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"Ich bin Araber und das ist auch gut so", hieß die Presseerklärung mit der kürzlich der ReferentInnenrat der Berliner Humboldtuniversität an die Öffentlichkeit getreten ist. Die Studierendenvertretung protestierte damit gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten, der alle Berliner Universitäten aufforderte, sämtliche personenbezogene Daten ihrer arabischen Studierenden dem Landeskriminalamt (LKA) für ihre "Rasterfahndung" gegen angebliche Terrorverbindungen offen zu legen.

Das Berliner Landeskriminalamt hat bereits am 17. September alle größeren Hochschulen zur Herausgabe der Daten von Studierenden 15 verschiedener Staatsangehörigkeiten aufgefordert. Während die Universitäten Technischer Universität (TU) und Humboldtuniversität (HU) den Gerichtsbeschluss über die Zulässigkeit dieser Anfrage abwarteten, hat die FU die vom LKA angefragten Daten sofort zur Verfügung gestellt (Durchs Raster gefallen).

"In Berlin sind mehr als 800 junge Menschen aufgrund ihrer Herkunft einem Pauschalverdacht ausgesetzt und Opfer rassistischer Diskriminierungen", befürchten die Studierendenvertreter, die neben einen erweiterten Rahmenprogramm für potentiell Betroffene auch politisch gegen diese Maßnahme agieren. Sie wollen verhindern, dass arabische Kommilitonen stigmatisiert werden. Erste Anzeichen dafür sind schon bekannt geworden.

So wurden arabische Studenten bei der Jobsuche diskriminiert und manche überlegen sich schon, ob sie im neuen Semester wieder in die Universität gehen sollen. Sie fürchten Ablehnung und sogar Hass ihrer deutschen Kommilitonen. "Eine Rasterfahndung, die als zentrales Verdächtigungsmerkmal die Staatsangehörigkeit wählt, trägt zur Verschärfung rassistischer Ressentiments bei", lautet die Kritik der engagierten Studentenvertreter. "Es ist nicht akzeptabel, dass aufgrund dieser Gerüchte Unschuldige wegen ihres Glaubens oder ihrer Nationalität diskriminiert werden. Wir müssen ein Zeichen für ein friedliches Miteinander setzen", meint auch der Internationalismusreferent der Humboldtuniversität Rainer Schulz in einem Interview mit der Berliner Morgenpost.

Dabei werden sie auch von den Asten der Technischen Universität Berlin und der Freien Universität Berlin unterstützt. In der ganzen Republik engagieren sich die Studierendenvertreter gegen die Rasterfahndung. So unterstützen Asten in Nordrhein-Westfalen gegen die Rasterfahndung klagende Kommilitonen durch die Bereitstellung von Finanzmittel und die Gewährung von Rechtsschutz. Studierende aus Siegen haben beim Landgericht Düsseldorf Eilanträge gegen die Herausgabe ihrer Daten eingereicht. Die Hochschule speichert neben Namen, Geburtsdaten und Adressen auch Angaben zum Studienverlauf. In NRW hat das Düsseldorfer Amtsgericht der Landesregierung am 2.Oktober 2001 grünes Licht für die Rasterfahndung gegeben. Begründet wird sie mit Gefahrenabwehr.

Doch daran zweifeln auch Sicherheitsexperten. So bezeichnet der Staatsrechts-Professor Martin Kutscha die Rasterfahndung als puren Aktionismus. Millionen von Datensätze würden erhoben, die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung auf den Kopf gestellt, ohne dass eine nennenswerte Chance auf Erfolg bestünde. Die Rasterfahndung ist keine spontane Antwort auf eine neue Bedrohungssituation, sondern ein Plan, der schon seit langem in den Schubladen gelegen habe und mit dem die Bürger an den Überwachungsstaat gewöhnt werden sollen, vermutet Kutscha.

Der Plan scheint auch weitgehend aufzugehen. Nur die Asten protestieren. Doch sie könnten demnächst Unterstützung aus ganz anderen Gründen bekommen. Mehrere Universitätsverwaltungen fürchten um das Prestige des Wissenschaftsstandorts Deutschland, wenn ausländische Studierende diskriminiert werden. Schon heute wird über das mangelnde Interesse ausländischer Studierender an den deutschen Hochschulen geklagt.