Taiwan-Streit: EU verklagt China vor Welthandelsorganisation

Die EU will den chinesischen Markt wieder für Produkte aus Litauen öffnen. Eine Klage soll helfen. Warum das Verfahren nur ein Forum für einen geopolitischen Konflikt abgeben könnte.

Die Europäische Kommission hat China vor der Welthandelsorganisation (WTO) verklagt. Am Mittwoch erklärten ihre Vertreter, man habe wegen zweier Handelsstreitigkeiten beantragt, sogenannte Schiedspanels zu eröffnen.

EU-Handelskommissar Valdis Dombrovski erklärte laut Bloomberg am Dienstag, beide Fälle seien von "systemischer Bedeutung". Vorrangiges Ziel sei es gewesen, über Verhandlungen zu Lösungen zu kommen. Man habe "viel Zeit in diesen Austausch investiert, um weitere Schritte zu vermeiden". Aber diese Gespräche hätten "uns keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht".

In einem der beiden Fälle geht es zwar vordergründig um die Exporte aus Litauen – der Streit ist allerdings das Ergebnis geopolitischer Differenzen: In Vilnius wurde im letzten Jahr ein Büro der Regierung in Taipeh eröffnet, das ausdrücklich den Namen "Taiwan" trägt.

Die Bezeichnung "Taiwans Vertretungsbüro" wurde von der chinesischen Regierung als Affront aufgefasst. Botschaften des Inselstaates, der von China als abtrünnige Provinz angesehen wird und der international nur von 15 Staaten anerkannt ist, firmierten bislang nur unter der Bezeichnung: "Taipeh Vertretung". Die litauische Regierung erlaubte aber ausdrücklich, die Bezeichnung "Taiwan" im Namen zu führen.

China zog seinen Botschafter aus Vilnius zurück und stufte die diplomatischen Beziehungen zu Litauen zurück. Ab Dezember vorigen Jahres war es dem baltischen Land kaum noch möglich, seine Produkte nach China zu exportieren.

Bis Oktober gingen die Ausfuhren nach China um knapp 80 Prozent zurück, etwa weil die Zollabfertigung blockiert wurde. Für bestimmte Produkte, darunter Rindfleisch, Alkohol, Rundholz und Torf, wurden Verbote auf Grundlage von Vorschriften zur Pflanzen- und Lebensmittelsicherheit ausgesprochen.

Der Konflikt wirkte sich nicht nur auf die Wirtschaft Litauens aus, sondern beeinträchtigte auch die Lieferketten europäischer Konzerne. Der Automobilzulieferer Continental soll im Dezember vorigen Jahres von der Volksrepublik aufgefordert worden sein, keine in Litauen gefertigten Komponenten mehr zu verwenden.

Das Handelsblatt berichtete damals, große Kunden von Continental seien ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden, genauso wie Unternehmen aus anderen Branchen. Der Gesamtschaden der Industrie habe sich damals schon auf Hunderte Millionen Euro belaufen, weshalb deutsche Unternehmen die Regierung in Vilnius aufgerufen hatten, eine "konstruktive Lösung" mit Peking zu suchen.

Von einer konstruktiven Haltung der Regierung in Vilnius kann allerdings keine Rede sein. Stattdessen nahm sie eine konfrontative Position ein. Innerhalb der Europäischen Union drängte der litauische Präsident Gitanas Nauseda im Oktober, Peking als "systemischen Rivalen" einzustufen. Er begründete das mit dem Vorgehen Chinas gegen sein Land und mit der vermeintlichen Unterstützung Russlands im Krieg in der Ukraine.

Wie die Verfahren ausgehen werden, ist unsicher, heißt es im Wall Street Journal (WSJ). Denn die 164 Mitglieder zählende WTO sei durch Streitigkeiten zwischen den USA, China und anderen Ländern teilweise gelähmt. Dass die EU den Klageweg beschreite, deute darauf hin, dass man in der Welthandelsorganisation noch einen Nutzen sehe – wenn auch nur als Plattform, um Handelsbeschwerden öffentlich zu machen.

EU-Beamte bescheinigten China allerdings auch, WTO-Regeln ernst zu nehmen. Laut WSJ-Bericht erklärte ein EU-Beamter, dass China bei der Umsetzung von WTO-Entscheidungen, die sich gegen das Land richten, eine gute Bilanz vorzuweisen hat.

Verfahren vor der Welthandelsorganisation können bis zu 18 Monaten dauern. In einem Streit zwischen den USA und der EU zog sich das Verfahren allerdings deutlich in die Länge: Es dauerte über 15 Jahre.

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