Taliban wollen Mitglied des Haqqani-Netzwerks freipressen
Der Bruder des gesuchten Anführers wurde als Delegierter für die Friedensgespräche mit den USA in Doha nominiert
Am Freitag soll der US-Kongress einen erneuten Government Shutdown verhindern, indem er einem Haushaltskompromissvorschlag zustimmt, der statt der geforderten gut fünf nur knapp zwei Milliarden Dollar für eine bessere Sicherung der Grenze zu Mexiko enthält. US-Präsident Donald Trump gab via Twitter bereits bekannt, dass er diesem Kompromiss zustimmen könne, weil er für den Bau der von ihm versprochenen Mauer anderswo Geld her bekommen werde.
Der Long-War-Journal-Herausgeber Thomas Joscelyn mutmaßt, dass auch der US-Militäreinsatz in Afghanistan zu den Bereichen gehören könnte, aus denen deshalb Mittel abgezogen werden. Damit das möglich wird, verhandeln Vertreter der US-Administration in Doha, der Hauptstadt des Golfemirats Katar, mit Vertretern der islamistischen Taliban. Das nächste Treffen dort soll am 25. Februar stattfinden.
Bindeglied zwischen den Taliban und al-Qaida
Die Liste der Taliban-Delegation, die seit gestern kursiert, wirkt allerdings wie eine Provokation der USA: Außer den Namen von mehreren im Austausch für den US-Soldaten Bowe Bergdahl freigepressten ehemaligen Guantanamo-Insassen findet sich darauf nämlich auch der von Anas Haqqani. Damit er an den Gesprächen teilnehmen könnte, müsste er erst aus dem Gefängnis entlassen werden. Dass die Taliban das erreichen möchten, sagen sie ganz offen.
Zudem ist Anas Haqqani der kleine Bruder von Siradschuddin Haqqani, dem Anführer des Haqqani-Netzwerks, das als Bindeglied zwischen den Taliban und al-Qaida gilt. Die Verbindung geht auf Dschalaluddin Haqqani zurück, dem Vater von Anas und Siradschuddin. Dieses Mitglied des zum paschtunischen Zadran-Stamm gehörigen Mezi-Clans versuchte bereits seit 1975, erst die säkulare und später die kommunistische Regierung in Kabul zu stürzen, wobei er vom pakistanischen Geheimdienst ISI unterstützt wurde. Dafür besorgte sich Haqqani - anders als die meisten anderen Mudschaheddin-Gruppen - nicht nur Geld aus dem Ausland, sondern rekrutierte dort auch in größerem Maßstab Kämpfer. Vor allem Araber wie Osama bin Laden.
Quasi-Staat in Waziristan
1995 schloss sich Dschalaluddin Haqqani den Taliban an und wurde dafür mit dem Ministerium für Stammesangelegenheiten belohnt. Als Haqqanis Araber den Taliban 2001 mit ihrem über Afghanistan hinaus reichenden Dschihad zum Verhängnis wurden, zog sich der Paschtune mit seinen Kämpfern in die pakistanischen Paschtunengebiete zurück. Dort, in Waziristan, errichtete er einen eigenen Quasi-Staat, der Schutzgeld eintreibt und damit Anschläge in Afghanistan finanziert. Die bekanntesten davon sind die Angriffe auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 29. Juni 2011 und die auf das Kabuler NATO-Hauptquartier und die dortige Botschaft der Vereinigten Staaten am 13. und 14. September 2011.
Danach stuften die USA (die Dschalaluddin Haqqani während des Kalten Krieges unterstützt hatten) das Netzwerk offiziell als Terrororganisation ein. Pakistan ließ sich weitere drei Jahre Zeit, bis es diesen Schritt ging. Versuche, dem Netzwerk mit Drohnenschlägen in Waziristan beizukommen, führten zwar zum Tod des Dschalaluddin-Sohns Badruddin Haqqani, aber nicht zu einem Ende der Verbindung und ihrer Terroranschläge. Auch die fünf Millionen Euro Belohnung, die die USA für Informationen auslobten, welche zur Festnahme von Siradschuddin Haqqani führen, blieben bislang wirkungslos.
Außer Anas Haqqani sollen der vierzehnköpfigen Taliban-Delegation mehrere ehemalige Minister der Islamisten angehören: Ex-Erziehungsminister Maelawi Abdul Salam Hanafi, Ex-Landwirtschaftsminister Mullah Abdul Latif Mansour und Ex-Kulturminister Mawlawi Amir Khan Mutaqi. Weitere nominierte Teilnehmer sind der ehemalige stellvertretende Verteidigungsminister Mullah Mohammad Fazel Mazloom, der ehemalige Geheimdienstchef Mullah Abdul Haq, der ehemalige Kunduzer Gouverneur Mawlawi Ziaurrahman Madani, der ehemalige Herater Gouverneur Mullah Khairullah Khairkhaw, der ehemalige Balcher Gouverneur Mullah Noorullah Noori, der ehemalige Abu-Dhabi-Botschafter Shahabuddin Delawar, der Dohaer Büroleiter Mawlawi Mohammad Nabi Omari, Mullah Abdul Manan Omari, der Bruder des toten Ex-Anführers Mullah Omar, sowie der Verfandlungsführer Sher Mohammad Abbas Stanikzai (der dem Paschtunenstamm der Stanikzai angehört) und das bislang relativ unbeschriebene Blatt Mawlawi Mati-ul-Haq.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.