Taurus-Streit in zweiter Runde: Scholz fürchtet Ausweitung des Ukraine-Krieges
Bundestagsbeschluss traf keine klare Aussage. Sind für den Taurus-Einsatz deutsche Spezialisten in der Ukraine nötig – und wäre das das einzige Problem?
Wenige Tage nach dem Bundestagsbeschluss zur Lieferung von "weitreichenden Waffensystemen" an die Ukraine ist nichts geklärt: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dessen Bundestagsfraktion dafür gestimmt hat, versteht darunter offensichtlich keine Taurus-Marschflugkörper – und die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ist darüber fassungslos.
"Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein", bekräftigte Scholz am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Die Reichweite der bunkerbrechenden Waffe beträgt rund 500 Kilometer, sie könnte von der ukrainischen Armee theoretisch auch gegen relevante Ziele in Russland eingesetzt werden.
Angst vor Eskalation in der deutschen Bevölkerung
Scholz warnt in diesem Zusammenhang vor einer Ausweitung des Krieges auf Nato-Gebiet, die laut einer aktuellen Insa-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag auch von 61 Prozent der deutschen Bevölkerung befürchtet wird.
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Ein weiteres Gegenargument von Scholz war, dass spezialisierte deutsche Soldaten in der Ukraine für den Einsatz benötigt würden – dem widersprechen jedoch Wehrexperten aus Koalition und Opposition.
Gescheiterter Vorstoß der Union: Krieg nach Russland tragen?
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hatte sich Anfang Februar dafür starkgemacht, den Krieg, an dem Deutschland und die Nato nicht offiziell und direkt beteiligt sind, nach Russland zu tragen, nachdem vor zwei Jahren russische Truppen in die Ukraine einmarschiert waren.
Ein Antrag der Unionsparteien, in dem ausdrücklich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gefordert worden war, war aber vergangene Woche im Bundestag gescheitert.
Ampel-Antrag ließ Tür für Taurus-Lieferung offen
Stattdessen setzte sich der Antrag der Ampel-Fraktionen durch, in dem zumindest die Möglichkeit offen gelassen wurde, auch dieses Waffensystem zu liefern.
Strack-Zimmermann, die für den Antrag der Unionsparteien gestimmt hatte, wollte nach eigener Aussage, dass "das Kind beim Namen genannt" wird.
Im mit Welt-TV sagte die FDP-Politikerin am Montag, es sei der "denkbar schwierigste Augenblick, nämlich da, wo die Ukraine ein massives Problem hat". Es gehe auch um die psychologische Lage "und dass das jetzt in diesem Augenblick kommt – ich fasse das nicht!"
Debatte um Taurus-Lieferung in Sozialen Medien
Auf der Plattform X schrieb Strack-Zimmermann, Scholz nenne ein längst widerlegtes Argument gegen die Taurus-Lieferung: Deutsche Soldaten würden in der Ukraine nicht zur Bedienung des Waffensystems am Boden benötigt.
Die Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, schrieb dort: "Niemand, der Taurus fordert, will dass Deutschland zur Kriegspartei wird. Diesen Vorwurf weise ich zurück."