Thema "Weltraum" macht Naturwissenschaften interessant
Doch die Branche überaltert, ebenso wie die Lehrkräfte
Was wollen Kinder später einmal werden? Lokomotivführer, oder doch lieber Astronaut? Selbst wenn sie dann doch in einem Büro enden, wecken Astronomie und Raumfahrt das Interesse an den Naturwissenschaften. Doch dies wird heute kaum mehr gefördert.
Gelegentliche öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen wie der Amateurfunkverkehr von Schulen mit der ISS lassen Kinderaugen leuchten und zeigen, wie interessant die Raumfahrt auch heute, 30 Jahre nach den Mondlandungen, noch sein kann. Doch in Westdeutschland haben die klassischen "nach den Sternen greifen"-Wissenschaften Astronomie und Raumfahrt ihren Sexappeal bereits vor vielen Jahren dem Computer abgegeben, den inzwischen schon der Grundschüler zuhause auf seinen Schreibtisch stehen hat. Im Osten Deutschlands waren dagegen beide Themen traditionell hoch angesiedelt, noch herrührend aus der Zeit des kalten Kriegs, des ersten russischen Satelliten Sputnik und des Wettlaufs zum Mond: Astronomie war im ostdeutschen Schulsystem seit 1959 eine feste Institution am Gymnasium.
Der Weltraum ist eins der beiden beliebtesten Themen (das andere sind Dinosaurier) bei Grundschulkindern
Steve Smyth, London SETNET
Doch das ist inzwischen vorbei, während im Westen versucht wird, die Astronomie als Schulfach zu fördern, ist sie nun auch in den neuen Bundesländern meist nur noch ein Wahlfach wie viele andere, das im Schulalltag meist nicht mehr zustande kommt, auch wenn Sachsen dafür versucht, die Beschränkung auf Gymnasien zu beheben. Doch die Lehrer, die den Schülern bislang die Begeisterung für die Sterne und die Reise dorthin vermittelt haben, kommen in die Jahre und scheiden nach und nach aus dem Schuldienst aus. Neue Lehrer werden kaum eingestellt, da die Klassen kleiner werden; der jüngste Lehrer an der Schule ist heute oft jenseits der 40. Und wozu braucht man es denn schon, wer von uns wird denn wirklich irgendwann in seinem Leben einmal zu den Sternen reisen?
Doch darum geht es gar nicht; es geht vielmehr darum, bei den Kindern und Jugendlichen Interesse und Begeisterung für das uns umgebende Universum zu wecken. Und dazu sind Astronomie und Raumfahrt auch heute noch gut geeignet, da sie viele interessante Naturwissenschaften und Techniken vereinen, von der Funktechnik / Telekommunikation / Nachrichtentechnik über die Optik, die Himmelsmechanik bis zur Material- und Antriebstechnik. Und eben schlichtweg die Neugier auf die Welt um uns, auf das Leben zu wecken.
„Doch in den Lehrplänen fast aller Bundesländer ist das Fach auf dem Rückzug“, bedauert Kurt Hopf, Experte für Astronomie in der Schule und bis 2003 Leiter einer Sternwarte in Hof, der schon x-mal vielen staunenden Sechsjährigen von Sternen erzählte. Er erinnert daran, dass Astronomie in der DDR Pflichtfach war. Die Schulen mussten sogar ein Teleskop haben. Meist war es der von Zeiss Jena dafür entwickelte Telementor.
Die lange Nacht der Sterne
In England hat das Particle Physics and Astronomy Research Council (PPARC) dieser Tage einen 48 Seiten langen Rapport veröffentlicht, der alle diese bislang nur anekdotisch verbreiteten Erkenntnisse belegt, doch auch zeigt, dass im Bewusstsein der Schüler praktisch nur die NASA ankommt, während die englischen und europäischen praktisch unbekannt sind.
Auch die Raumfahrtbranche selber hat ein gewaltiges Altersproblem: das Durchschnittsalter liegt knapp unter 50 Jahren und etwa 1/3 der in der Raumfahrt Beschäftigten wird im Jahre 2015 in Rente gehen. Wenn sich überhaupt einmal junge Leute für diesen Sektor interessieren, dann fehlt es ihnen meist an den grundlegenden Mathematik- und Sprachkenntnissen.
An ‘application’ culture has developed where it is only necessary to know how to use the application, rather than to understand how it works. While this is a very good principle for most consumers, engineers are still required who do know ‘how it works’ and can develop new products.
Maths skills are particularly important. I understand that many engineering courses are removing all maths from the syllabus. I can’t understand how this is possible, or how graduates will possess any skills which will be useful to employers if this is the case.
Ian Jones, Managing Director, Orbit Research Ltd, Bradford
Es gibt die sogenannten Space Camps, um Kinder und Jugendliche für die Raumfahrt zu begeistern. Das Original ist das US Space and Rocket Center in Hunstville, Alabama, die anderen vier haben ein Lizenzabkommen mit Huntsville: das Laval Cosmodome in Quebec, Kanada, das Euro Space Center in Transinne, Belgien, Space World in Kitakyushu City, Fukuoka, Japan und das Space Camp Turkey in Izmir. Kinder, die in einem Space Camp waren, haben anschließend zu fast 93% wissenschaftliche Fächer wie Physik und Chemie belegt und fast 91% gaben an, deswegen Interesse an der Mathematik gewonnen zu haben. Ein anderes derartiges Projekt ist Permission to dream. Auffallend ist, dass alle derartigen Projekte aus den USA kommen, doch auch in Indien und China wird einiges getan.
Space Camp auf der ISS: Weniger komfortabel
Nicht zu verwechseln sind die Space Camps für Schüler auf der Erde übrigens mit dem Space Camp für Astronauten im Weltraum, das unter anderem diesen Montag auf bzw. vor der ISS in deren Luftschleuse stattfand. Die Astronauten Heide Stefanyshyn-Piper und Joe Tanner verbrachten die Nacht getrennt von den anderen in der Luftschleuse und dies natürlich nicht, weil sie ein ungestörtes Schäferstündchen planten, Bohnen gegessen hatten (dies würde übrigens sofort Alarm auslösen) oder durch lautes Schnarchen die Nachtruhe der restlichen Crew störten, sondern anlässlich eines anstehenden Weltraumspaziergangs: In der Luftschleuse wird der Luftdruck verringert, um den Stickstoff vor dem Weltraumspaziergang aus dem Blut zu bekommen, ähnlich den Dekompressionspausen beim Auftauchen. Bisher waren stattdessen stressige Trainingsrunden notwendig. Heide Stefanyshyn-Piper war Derartiges sicher durchaus vertraut, da sie ursprünglich Taucherin werden wollte, doch kaum eine ganze Nacht lang und in Windeln...