Treibhausgase in der Landwirtschaft

Seite 2: Gesunde Böden speichern mehr Kohlenstoff

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Laut einer Untersuchung des Thünen-Instituts ist in allen landwirtschaftlich genutzten Böden 2,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Hinzu kommt der in Waldböden gespeicherte Kohlenstoff.

Insgesamt speichern Wälder und Böden diesselbe Menge Kohlenstoff, die Deutschland bei dem derzeitigen Emissionsniveau innerhalb von 23 Jahren als Kohlendioxid emittiert, schreiben die Autoren. Berechnet wurden die Änderungen von Humusgehalten an diversen Standorten: Für neun Prozent aller Standorte sagen die Eperten Humusverluste voraus.

Bei nur einem Prozent der Ackerböden nimmt der Vorrat an organischem Kohlenstoff zu. Unterm Strich verlieren deutsche Ackerböden im Schnitt 0,19 Tonnen organischen Kohlenstoff je Hektar und Jahr.

Vor allem Kompost bzw. Stallmist mit vergleichsweise hoher Abbaustabilität der organischen Substanz kann Humus aufbauen und damit einen bedeutenden Beitrag zur Kohlenstoffbindung leisten. Demzufolge weisen Böden, die organisch gedüngt werden, zwischen zwei und 22 Tonnen mehr Kohlenstoff je Hektar auf als Ackerböden, die nicht organisch gedüngt werden.

Biologisch bewirtschaftete Böden mit Leguminosen in der Fruchtfolge speichern im Schnitt um 3,5 Tonnen je Hektar mehr Kohlenstoff als Böden in konventioneller Bewirtschaftung. Diese sind mit ihrem hohen Input an chemisch-synthetischem Dünger und Pestiziden kaum in der Lage, Nährstoffe oder Kohlenstoffe zu speichern. Dafür wird Humus deutlich schneller abgebaut, wie eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2012 nahelegt.

Bioböden mobilisieren ihre eigenen Nährstoffe

Ackerboden ist mehr als ein sich leerender Speicher, der permanent mit künstlichen Nährstoffen wieder aufgefüllt werden muss. Im Ökolandbau hängen Nährstoffversorgung, Krankheits- und Schädlingsdruck, Verunkrautung, Bodenstruktur und Humusgehalt von so genannten Stark- und Schwachzehrern innerhalb der Fruchtfolgen ab, aber auch von wechselnden Anbau von Getreide-, Kleegras- und Hackfrüchten.

Der Bodenbiologe Edwin Scheller erforschte jahrelang den Zusammenhang von Nährstoffmobilisierung, Humusaufbau und Auswirkungen diverser Dünger auf den Bodenstoffwechsel. Ein Teil der Nährstoffe liegt im Boden bzw. im Ausgangsgestein fest.

Daher müsse die Bewirtschaftung darauf abzielen, so der Experte, die Bedingungen für das Pflanzenwachstum möglichst günstig zu gestalten. So muss so viel organische Bodensubstanz aufgebaut werden wie möglich, damit möglichst viele Nährstoffe im Boden mobilisiert und den Pflanzen verfügbar gemacht werden. Nur diejenigen Nährstoffe, die nicht im Boden mobilisiert werden können, sollten von außen zugeführt werden.

Wird Stickstoff in Form von Mineraldünger, Harnstoff, Jauche dem Boden zugeführt, erklärt Scheller, fördert dies den Abbau von Bodeneiweiß (= Mineralisierung). Dabei bilden sich große Mengen an Nitrat, die im Frühling von den Pflanzen benötigt werden. So kann Stickstoff aus Gründüngung, die im Frühjahr im erwärmten Boden eingearbeitet wurde, innerhalb weniger Wochen von stark zehrenden Kulturen aufgenommen werden.

So kann Rindermist als Eiweißdünger sowohl den Umsatz von Eiweiß im Boden als auch dessen Humusgehalt erhöhen. Denn neben anderen positiven Effekten auf den Bodenstoffwechsel wird er kaum mineralisiert, sondern in erster Linie in Humus eingebaut.

Auch Wurzelrückstände von Futterleguminosen bauen im Boden Humus auf. Wicke und Klee zum Beispiel erhöhen innerhalb kürzester Zeit den Eiweißumsatz, was sich positiv auf die Erträge bei der Nachfrucht auswirkt.

Lebendige Bioböden sind fruchtbarer

Infolge der unterschiedlichen Düngungspraxis sind die Gehalte an leicht löslichen Nährstoffen im Biolandbau zwar häufig geringer als im konventionellen Landbau. Dafür werden in biologisch bewirtschafteten Böden weniger Nährstoffe ausgewaschen. In diesen Böden leben mehr Regenwürmer, und es gibt mehr mikrobielle Biomasse.

Die Gesamtheit der bodenbiologischen Aktivitäten ist höher und der Stickstoff besser verfügbar. Denn von außen zugeführter Stickstoff wird in die organische Bodensubstanz besser eingebunden als in Mineraldünger basierten Böden.In einem Fachbeitrag erklärt Prof. Jürgen Friedel von der Universität für Bodenkultur Wien anhand von praktischen Beispielen, wie das Düngungsverständnis der konventionellen Landwirtschaft um den Ansatz im Biolandbau erweitert werden kann.

In seinem Buch "Rettet den Boden" verweist der Journalist Florian Schwinn auf die Gefährdung fruchtbarer Böden und benennt die Ursachen für flächendeckende Humusverluste.

Demnach ist ein lebendiger Boden Lebensraum von Millionen von Einzellern und vielzelligen Organismen, von Wimpern- und Geißeltiereen, Amöben, Fadenwürmern, Asseln, Springschwänzen, Milben und einer Vielzahl an Borsten- und Regenwürmern.

Auch Wühl- und Spitzmäuse sowie Maulwürfe sind Indikatoren gesünder Böden. Je intakter der Boden, umso fruchtbarer und umso besser wachsen unsere Kulturpflanzen, die unsere Nahrungsgrundlage bilden. Vor diesem Hintergrund gilt es, die biologische Vielfalt der Böden mindestens zu erhalten, im besten Fall zu erhöhen.