Trotz Nazi-Ausrichtung: USA heben Sanktionen gegen Asow-Brigade in der Ukraine auf

Asow-Kämpfer bei Parade

Asow-Kämpfer und anderer Nationalisten bei Parade in Kiew, 2017. Bild: DmyTo, Shutterstock.com

Washington gibt Waffen für umstrittene Einheit frei. Unser Gastautor sieht das als Indiz für schwindende Chancen Kiews. Und er prognostiziert ein neues Problem.

Das US-Außenministerium hat bekannt gegeben, dass es das Verbot der Verwendung amerikanischer Waffen durch die berüchtigte Asow-Brigade in der Ukraine aufgehoben hat: Die Asow-Brigade wird von Beobachtern weithin als "neofaschistisch" und "neonazistisch" bezeichnet.

Die Gruppe war 2014 zunächst als Freiwilligenmiliz gegründet, um gegen die von Russland unterstützten ukrainischen Separatisten in der östlichen Donbass-Region zu kämpfen. Später wurde sie in die Nationalgarde der Ukraine integriert, die dem Innenministerium untersteht.

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"Nach eingehender Prüfung hat die 12. Asow-Brigade der ukrainischen Spezialeinheiten die Leahy-Prüfung des US-Außenministeriums bestanden", heißt es in einer Erklärung des Ministeriums, die sich auf den "Leahy Act" bezieht, der die US-Militärhilfe für "Einheiten ausländischer Sicherheitskräfte einschränkt, wenn glaubwürdige Informationen vorliegen, dass diese Einheit in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist".

US-Waffenverbot für Asow im Jahr 2018

Das Verbot der Unterstützung war im Jahre 2018 erstmals im Zuge eines Gesetzespakets mit der Begründung erlassen worden, es handele sich bei der Asow-Brigade um eine ultranationalistische Organisation, die offen Neonazis in ihre Reihen aufnehme.

Zudem haben sowohl Human Rights Watch als auch Amnesty International über "glaubwürdige Vorwürfe" von "Folter und anderen ungeheuerlichen Misshandlungen" durch Asow und andere Freiwilligeneinheiten berichtet. Auch Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen haben der Gruppe humanitäre Verstöße vorgeworfen.

"Weiße Vorherrschaft und Neonazismus sind inakzeptabel und haben keinen Platz in unserer Welt", sagte der Kongressabgeordnete Ro Khanna, ein Demokrat aus Kalifornien, im Jahr 2018, als das Verbot erstmals verhängt wurde. "Ich bin sehr froh, dass die kürzlich verabschiedete Regelung die USA daran hindert, Waffen und Ausbildungshilfe an das neonazistische Asow-Bataillon zu liefern, das in der Ukraine kämpft."

Die Verbindungen des Asow-Bataillons zu rechtsextremen und quasifaschistischen Persönlichkeiten und Nazisymbolen sind in den westlichen Medien gut dokumentiert. Der ursprüngliche Gründer der paramilitärischen Gruppe, Andriy Biletsky, schrieb:

Die historische Mission unserer Nation in diesem kritischen Moment besteht darin, die weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug für ihr Überleben zu führen. Einen Kreuzzug gegen die Untermenschen, die von den Semiten angeführt werden.

Im Jahr 2014 wurde berichtet, dass Asow zwar eine der "stärksten und zuverlässigsten" militärischen Kräfte in der Ukraine sei, aber auch "die ernsthafteste Bedrohung für die ukrainische Regierung und vielleicht sogar für den Staat" darstelle.

Kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2019 hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht, sein Wahlversprechen einer Friedenspolitik mit Russland in die Tat umzusetzen.

Als er jedoch versuchte, die ukrainischen Streitkräfte dazu zu bewegen, einem gegenseitigen Rückzugsplan an der Front zuzustimmen und illegale Waffen aus einer kleinen Grenzstadt zu entfernen, sah sich Selenskyj mit dem entschiedenen Widerstand der mit "Asow" verbündeten Streitkräfte konfrontiert.

Offener Widerstand der Nationalisten gegen Kiew

Sie waren sogar bereit, sich den Forderungen Kiews zu widersetzen: Biletsky drohte Selenskyj, dass Tausende Kämpfern in die Stadt Zolote einmarschieren würden, wenn der Präsident die Kämpfer aus der Stadt vertreiben wolle.

Seit dem Einmarsch Russlands 2022 hat die Asow-Brigade jedoch ihr Erscheinungsbild geändert – auch, weil Moskau immer wieder auf ihre beunruhigende Vergangenheit hinwies.

Artin DerSimonian ist Junior Research Fellow im Eurasia-Programm des Quincy Institute for Responsible Statecraft.

Der jüngste Schritt des US-Außenministeriums wurde von Asow natürlich gefeiert und stieß in Moskau auf Kritik. Diese Entwicklung ist aber auch ein Zeichen dafür, dass sich die Lage an der ukrainischen Front so zugespitzt hat, dass nun sogar das Verbot einer bewaffneten Einheit aufgehoben wird, die mit Menschenrechtsverletzungen und Neonazismus in Verbindung gebracht wird.

Steigende Akzeptanz in Bevölkerung

Natürlich ist nicht zu leugnen, dass sich Asow längst als eine der fähigsten Kampftruppen der Ukraine erwiesen hat. Ihre letztlich erfolglose, aber heldenhafte Verteidigung des Asow-Tal-Komplexes in Mariupol im Jahr 2022 hat ihr nationales Ansehen befördert und der Gruppe eine gewisse Akzeptanz in vielen Teilen der ukrainischen Gesellschaft verschafft; auch jener Teile, die ursprünglich nicht mit dem ultranationalistischen Lager sympathisierten.

Zudem haben Präsident Selenskyj und die ukrainische Regierung durch die Übernahme einer ethnisch-nationalistischen Sprache dazu beigetragen, Asow und seinen Diskurs zu legitimieren.

Kurswechsel in USA und EU

Die jüngste Entwicklung zeigt, dass die USA und die EU bereit sind, bisherige Prinzipien aufzugeben, damit die Ukrainer den Russen alles entgegenwerfen können, was sie haben. Leider haben solche Schritte noch nichts an den grundlegenden Realitäten auf dem Schlachtfeld geändert. Aber sie zeigen die Bereitschaft Washingtons, bewaffnete Gruppen direkt zu unterstützen, vor denen viele US-Amerikaner sonst zurückschrecken würden.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass jede künftige ukrainische Regierung, die sich gezwungen sieht, einen Kompromissfrieden mit Russland zu schließen, wahrscheinlich mit bewaffneten Protesten von Asow und anderen solchen Gruppen konfrontiert sein wird. Das kann dann eine echte Gefahr für den ukrainischen Staat darstellen – so wie es bereits 2014 der Fall war.

Artin DerSimonian ist Junior Research Fellow im Eurasia-Programm des Quincy Institute for Responsible Statecraft. Er hat einen Master of Science in Russisch, Osteuropäische und Eurasische Studien von der Universität Glasgow, wo er seine Abschlussarbeit zum Thema "Der Niedergang der prodeutschen Außenpolitik im späten imperialen Russland, 1878-1890" schrieb.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch bei unserem US-amerikanischen Partnerportal Responsible Statecraft.