Trouble in Paradise

Hafenprojekt bedroht Gleichgewicht in Tropenfjord

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Das mittelamerikanische Costa Rica gilt als Dorado des Ökotourismus. Große Hotelresorts passen da weniger ins Bild, aber Investoren aus Europa und den USA erhoffen sich von solchen Projekten große Gewinne. In einigen Orten, wie dem beliebten Playa Jacó, entstehen bereits die ersten Hochhäuser im Acapulcostil. Auf der entlegenen Osahalbinsel im Süden des Landes regt sich indes Widerstand gegen diese Art von Tourismus.

Grüner Regenwald soweit das Auge blickt zur rechten, links eine Steilküste, dort unten erstreckt sich der Golfo Dulce, einer von weltweit nur vier tropischen Fjorden. Die UNO nennt die Osahalbinsel mit dem Nationalpark Corcovado im Süden Costa Ricas die Region mit der größten Artenvielfalt des Globus.

Abenteuerurlauber verschlägt es hierher und Reisende, die im Einklang mit der Natur urlauben möchten. In und um Puerto Jíminez haben Einheimische und Zuwanderer ihre eigene Ökotourismusindustrie geschaffen. Ein Aufschrei ging durch die Gemeinde, als die US-amerikanischen Besitzer des luxeriösen Crocodile Bay Resort ihren Plan vom Bau eines großen Yachthafens vorstellten. Die US-Amerikaner waren von der Reaktion überrascht, versprechen sie den Anwohnern doch 400 neue Arbeitsplätze durch das Projekt.

Aber die Bürgerinitiative gegen den Yachthafen fürchtet ökologische und soziale Folgen durch den Yachthafen, der größer als vier Fußballfelder sein soll.

Der Yachthafen soll dort auf dem Meeresspiegel entstehen, wo Puerto Jiminez sich immer entwickelt hat. Dort, wo die Fischer abends hinausfahren , wo die Leute schwimmen gehen, wo unsere Ruderboote und Kajaks fahren. Die Konstruktion würde uns den Weg an den Strand abschneiden.

Laura Robleto (Sprecherin der Bürgerinitiative)

Die Naturschützer fürchten zudem eine Schädigung der geschützten Mangrovenlandschaft am Ufer. Der Verkehr von tausenden Motoryachten im Monat könnte verheerende Auswirkungen haben. Als schlampig bezeichnen die Gegner des Yachthafens die von den Betreibern des Crodocile Bay Resort vorgelegte Umweltstudie. Obwohl das betroffene Gebiet 16.000 Quadratmeter umfasse, werde die Auswirkung auf den Meeresboden nicht einmal erwähnt. Genauso wenig wie die Tatsache, dass im Golfo Dulce Delfine leben und Buckelwale ihre Jungen zur Welt bringen. Laura Robleto kritisiert, dass die Firma einen ökologisch so sensiblen Ort für ihr Projekt gewählt hat:

Dieses Projekt repräsentiert nicht die Art von Entwicklung, die wir wollen oder planen für Puerto Jiminez und die ganze Osahalbinsel. Seit jeher gibt es hier ein Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung. Wir leben von Projekten im Einklang mit der Natur, von Kleinprojekten für ganzheitliche Entwicklung. Bei uns steht der Mensch nicht als Angestellter oder Objekt der Produktion im Mittelpunkt, sondern als menschliches Wesen, das sich entwickeln können muss.

Laura Robleto (Sprecherin der Bürgerinitiative)

Ganz anders sieht es aus am anderen Ufer des Golfo Dulce, in der Stadt Golfito. Hier gibt es keine Angebote für Ökotourismus. Bis in die späten achtziger Jahre lebte man hier von den Bananenplantagen der großen internationalen Fruchtkonzerne. Seit sich diese zurückgezogen haben geht es dem Städtchen im Grenzgebiet zu Panama schlecht. Über Wasser hält man sich mit dem Verkauf zollfreier Waren im eigenen Freihafen. Die Versprechen der Yachthafenplaner fallen hier eher auf fruchtbaren Boden. 400 Arbeitsplätze, das hört sich für viele gut an, genau wie das Versprechen von kostenlosen Englischkursen. Auch der Bürgermeister unterstützt das Projekt. Umweltschützer und Tourismusunternehmen scheinen hier in der Minderheit.

Es ist schwierig zu kämpfen, denn wir wissen, dass die Regierung das Projekt voll unterstützt. Vor kurzem kamen der Tourismusminister und der Ministerpräsident nach Golfito zu einer Veranstaltung auf Einladung des Bürgermeisters. Ich war sehr überrascht, als zwischen den beiden Politikern der Entwickler des Yachthafens am Tisch saß und sie sich gegenseitig auf die Schulter klopften.

Aradelia Hernández, Hotelbesitzerin und Vorsitzende der Tourismuskammer von Golfito

Geschlagen gibt sich die Bürgerinitiative deshalb aber noch lange nicht. Mit rechtlichen Schritten versuchen sie das Projekt zu stoppen, so wie sie vor wenigen Wochen den Plan eines Fischzüchters zum Erliegen brachten, der große Stahlkäfige zur Thunfischzucht in den Golf schleppen wollte. Wer nicht kämpft, der hat schon verloren, ist das Motto der Aktivisten.

In Costa Rica gibt es gute Umweltgesetze, eine große Expertise in Umweltthemen, es gibt sehr engagierte Organisationen und viele Akademiker, die mit der Umweltbewegung verbunden sind. Außerdem haben wir es geschafft, eine ganze Reihe umweltbewusster Abgeordnete ins Parlament zu wählen. Wir haben es heute bereits geschafft, dass national ein mittleres Bewusstsein in der Bevölkerung besteht für das Thema.

Ricardo Araya, Geschäftsführer einer gemeindeeigenen Ökoherberge am Rande des Corcovado Nationalparkes

Vielleicht ändert die nationale Regierung ja auch noch ihre Meinung zu dem Thema. Immerhin hat Costa Ricas Präsident Oscar Arias dieser Tage angekündigt, dass sein Land offiziell Frieden mit der Natur schließen wolle.

Torge Löding arbeitet als Journalist im Kommunikationszentrum Voces Nuestras, San José