Trump-Wahlsieg: "Die Veränderung ist bereits eingetreten"

Donald Trump und der künftige Vizepräsident Mike Pence. Bild: GreatAgain.gov/CC BY-4.0

Warum eine Amerikanerin afghanischer Herkunft trotz großer Widerstände für Clinton gestimmt und nun Angst vor den Trump-Jahren hat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Tahmina F. ist 42 Jahre alt und hat den Großteil ihres Leben in den Vereinigten Staaten verbracht. Ihre Wurzeln liegen allerdings in Afghanistan – einem Land, das während des US-Wahlkampfes praktisch keine Rolle gespielt hat. Am 8. November wählte Tahmina Hillary Clinton. Gezwungenermaßen, wie sie selber betont. Viele andere Minderheiten im Land verhielten sich nicht anders. Nun blicken sie pessimistisch in die Zukunft und haben Angst vor den kommenden Trump-Jahren.

Wieso haben Sie für Hillary Clinton gewählt?

Tahmina F.: Meine Stimme für Clinton zu geben, war eine der demoralisierendsten Entscheidungen, die ich je treffen musste. Im Grund genommen unterstützten die Demokraten eine rechte, neoliberale Rassistin, um gegen einen noch rechteren, faschistisch angehauchten Mann, wie Donald Trump es ist, anzutreten. Ich wollte nicht wählen. Da ich allerdings in einem sogenannten "swing state" lebe, dachte ich, dass es womöglich besser sei, mich für das etwas kleinere Übel zu entscheiden und Clinton Trump gegenüber vorzuziehen.

Welche Erwartungen hatten Sie an Clinton?

Tahmina F.: Die Clintons sind sehr bekannt dafür, eine rechte Politik zu verfolgen. Dies gilt sowohl innerhalb der amerikanischen Landesgrenzen als auch im Ausland. Demnach habe ich erwartet, dass unter Clinton der neoliberale und kriegstreiberische Kurs weitergeht. Etwa so, wie wir es unter vorherigen US-Präsidenten wie Barack Obama erlebt haben. Menschen anderer Hautfarbe wären weiterhin benachteiligt, kriminalisiert und getötet worden.

Die Menschlichkeit amerikanischer Muslime wäre nur wahrgenommen worden, wenn sie imperialistischen Interessen gedient hätten. Ein Großteil unserer Steuern wäre weiterhin in das stets steigende Militärbudget investiert worden. Zeitgleich würde die soziale Schere weiterhin auseinander gehen. Es würde weiterhin Millionen von Obdachlosen geben. Die Benachteiligung amerikanischer Ureinwohner wäre ebenfalls weiterhin präsent. Es gibt noch viele andere negative Dinge, die Teil der Realität sind und erwähnenswert wären. Doch zumindest hätten wir keinen Präsidenten, der sich als weißer Rassist versteht und weibliche Genitalien begrabscht.

Was denken Sie über den Ausgang der Wahl?

Tahmina F.: Die Vereinigten Staaten von Amerika werden nun offiziell von einem offen rassistischen und faschistisch-nationalistischen Regime geführt. Der Ausgang der Wahl ist eine Katastrophe und ich denke, dass vor allem Minderheiten wie Muslime, farbige Menschen, Illegale, Arme sowie LGBTs davon sehr direkt betroffen sein werden.

"Die Demokraten haben ihren eigenen Untergang kreiert"

Wie erklären Sie Clintons Niederlage?

Tahmina F.: Die Demokraten haben ihren eigenen Untergang kreiert. Hillary Clinton war eben kein Bernie Sanders. Viele Menschen nahmen es ihr weiterhin übel, dass sie seine Nominierung vereitelt hat. Sanders wäre definitiv der populärere und erfolgreichere Kandidat gewesen, wenn seine Partei es ihm gegönnt hätte.

Hat Trump letztendlich nur deshalb gewonnen?

Tahmina F.: Trump hat den Sieg davon getragen, weil er vor allem viele weiße Nationalisten mit seiner Rhetorik angesprochen hat. Die Ideologie des weißen Nationalismus hat Amerika niemals verlassen – und nun ist sie zurück und stärker denn je, unter anderem auch dank der US-amerikanischen Medien. Diese boten Trump nämlich viel zu oft die Bühne. Dadurch wurde rassistische Rhetorik wieder salonfähig. Zusätzlich hat es natürlich eine große Rolle gespielt, dass die Demokraten Sanders durch Clinton ersetzt haben. Viele Wähler wurden dadurch demoralisiert.

Warum denken Sie, dass viele Amerikaner mit afghanischem Hintergrund Clinton gewählt haben?

Tahmina F.: Ich denke, die meisten haben einfach, wie andere Minderheiten, gemerkt, dass sie unter einer Trump-Administration sehr viel mehr leiden würden.

Denken Sie, dass das Leben in den Vereinigten Staaten sich in den kommenden Trump-Jahren sehr stark verändern wird?

Tahmina F.: Die Veränderung ist schon eingetreten. Es gab bereits zahlreiche rassistische Übergriffe, die kurz nach der Verkündung des Wahlergebnisses stattgefunden haben. Die Täter fühlen sich wohl ermutigt, dass eine Regierung an die Macht kommt, die mit ihnen ideologisch auf gleicher Linie ist.

Was fürchten Sie persönlich?

Tahmina F.: Es gibt mehrere Dinge, die mir Angst machen. Trump und seine Unterstützer haben während des Wahlkampfes sehr deutlich gemacht, wie sie mit Minderheiten und benachteiligten Menschen umgehen werden. Ich fürchte mich auch vor den globalen Auswirkungen. Rassismus und Faschismus sind global wieder im Trend. Hinzu kommt noch die Umwelt. Ich sorge mich um unseren Planeten, der bereits in Gefahr ist und dessen Zerstörung sich nun beschleunigen könnte.

All die zivilgesellschaftlichen Fortschritte, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt haben, könnten nun von heute auf morgen rückgängig gemacht werden. Zeitgleich macht mir die zunehmende Militarisierung der Polizei Angst sowie die von den USA geführten Kriege im Ausland.

Wie wird Trumps Präsidentschaft den Krieg in Afghanistan beeinflussen?

Tahmina F.: Die Vereinigten Staaten haben stets eine sehr imperialistische und destruktive Rolle in Afghanistan gespielt. Unter Trump wird sich das Ganze verschlechtern. Obama hat die Menschen mit Drohnen bombardiert, die meisten Opfer waren Zivilisten.

Trump hat deutlich gemacht, dass er den Willen hat, Nuklearwaffen gegen den sogenannten "Islamischen Staat" (IS) einzusetzen. Wir wissen alle, dass Atomwaffen ganze Dörfer und Städte auslöschen können. Dörfer und Städte, in denen einfache Menschen, Zivilisten, leben. Ich denke, falls er sich dazu entschließen soll, Afghanistan nicht mehr zu bombardieren, so wird er es doch mit anderen Ländern in anderen Teilen der Welt tun. Es ist im Allgemeinen sehr schwer, das alles in Worte zu fassen, da es hier letztendlich um menschliche Schicksale und menschliches Leid geht.