Trump setzt FBI-Chef Comey ab
Der überraschende Schritt öffnet Raum für Spekulationen über mögliche Hintergründe
Gestern Abend machte das Weiße Haus bekannt, dass US-Präsident Donald Trump FBI-Chef James Comey abgesetzt hat. Ein Umschlag mit dieser Mitteilung wurde dem Leiter der US-Bundespolizei auf einer "Diversity"-Veranstaltung in Los Angeles überreicht. Der heute parteilose Comey war von Barack Obama ernannt worden, galt aber als Kompromisskandidat, weil er früher Republikaner war.
Als offizieller Anlass für die Absetzung wird eine Empfehlung des stellvertretenden Generalbundesanwalts Rod Rosenstein an Justizminister Jeff Sessions genannt, der Comeys Verhalten während der E-Mail-Ermittlungen gegen Hillary Clinton in der Affäre kritisiert: Comey hatte die Präsidentschaftskandidatin im Juli - anders als Personen, die sich vergleichbare Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften zuschulden kommen ließen - nicht zur Anklage empfohlen, sondern lediglich ermahnt. Clinton warf ihm trotzdem vor, an ihrer Wahlniederlage schuld zu sein, weil er im Oktober öffentlich einräumte, dass die Ermittlungen gegen sie wegen neuer Funde weiterlaufen.
Demokraten vermuten Russland-Hintergrund
Politiker der Demokraten freuten sich nicht über die Absetzung des Mannes, den ihre Kandidatin dafür verantwortlich macht, dass man sie nicht wählte, sondern spekulierten über einen anderen Hintergrund als den offiziell genannten: FBI-Ermittlungen zu Verbindungen zwischen Trumps Mitarbeitern und politischen Akteuren in Russland (vgl. FBI-Chef gegen Trump).
Senator Ed Markey meinte auf CNN, ihm "scheine", dass "solche Ermittlungen zu nahe ans Oval Office gekommen" sein könnten - und der Repräsentantenhausabgeordnete John Conyers sprach von einem "Geruch der Vertuschung". Trump meinte zu solchen Vorwürfen auf Twitter, Charles Schumer, der Sprecher der Demokraten im Senat, habe Comey erst unlängst selbst massiv angegriffen, weshalb die jetzigen Krokodilstränen nicht glaubwürdig seien.
Die schon länger andauernden Russland-Ermittlungen hatte Trump in der Vergangenheit als Scharade und Schwindel auf Kosten der Steuerzahler kritisiert. In den letzten Tagen hatten sie erneut Aufmerksamkeit erregt, nachdem öffentlich wurde, dass Trumps Vorgänger Barack Obama seinen Nachfolger vor dem wegen unvollständiger Angaben zu Russlandkontakten zurückgetretenen ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn gewarnt hatte. Trump (der sich am Mittwoch ganz offiziell und legal mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen will) konterte diese Medienmeldungen mit dem Hinweis darauf, dass Flynn unter Obama die höchsten Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen und bestanden hatte.
Republikaner rätseln
Allerdings stieß Comeys Absetzung nicht nur bei demokratischen, sondern auch bei republikanischen Politikern auf Verwunderung - und zwar nicht nur bei bekannten Trump-Erzfeinden wie dem Senator John McCain (der seine Forderung nach einem Sonderermittler für Russlandkontakte wiederholte), sondern auch bei Senatoren wie dem Ermittlungsausschussvorsitzenden Richard Burr (der meinte, sowohl der Zeitpunkt der Absetzung als auch deren Begründung würden auf ihn einen verstörenden Eindruck machen) oder Jeff Flake (der verlautbarte, ihm sei auch nach stundenlangem Grübeln kein "akzeptabler Grund" für Comeys plötzliche Entlassung eingefallen).
Die Reaktionsmuster von Demokraten und Republikanern spiegeln sich auch in US-Medien wieder: Während den Demokraten nahestehende Kommentatoren wie Chris Matthews auf MSNBC über Russland raunen, rätseln den Republikanern nahestehende Kolumnisten wie Charles Krauthammer auf Fox News über den ihnen "nahezu unerklärlichen" Schritt. Viele fühlen sich auch an das "Saturday Night Massacre" von 1973 erinnert, bei dem US-Präsident Richard Nixon (letztlich erfolglos) Enthüllungen in der Watergate-Abhöraffäre zu verhindern versuchte, indem er einen Sonderermittler feuerte.
Nachfolger: Giuliani, Christie - oder der "schwarze Sheriff" Clarke?
Kommissarischer Leiter des FBI ist seit Comeys Absetzung dessen ehemaliger Stellvertreter Andrew McCabe. Er wird die Behörde mit 30.000 Mitarbeitern so lange führen, bis sich Trump und der Senat auf einen Nachfolger geeinigt haben. Als mögliche Kandidaten vermuten US-Medien zwei Trump-Unterstützer, die bei der Administrationsbildung überraschend leer ausgingen: Rudolph Giuliani und Chris Christie. Der ehemalige Bürgermeister von New York, der mit seiner Zero-Tolerance-Politik bekannt wurde, dürfte dabei möglicherweise auf weniger Widerstand stoßen als der Gouverneur des Sopranos-Bundesstaates New Jerseys, dem unter anderem vorgeworfen wird, eine wichtige Verkehrsbrücke nur deshalb gesperrt zu haben, um einem politischen Konkurrenten zu schaden.
Eine originellere Wahl wäre der schwarze Sheriff des Milwaukee County, David Alexander Clarke Jr., dessen Name ebenfalls kursiert. Er ist offiziell Demokrat, vertritt aber sicherheitspolitische Positionen, die auch bei Republikanern gut ankommen: Der oft ähnlich wie die Serienfigur Walter Longmire gekleidete Cowboyhutträger aus Wisconsin hält wenig von SJW-Gruppen wie Black Lives Matter (denen er vorwirft, aus taktischen Gründen die Unwahrheit zu sagen), aber viel von Selbstverteidigung mit privaten Waffen, weswegen er in der National Rifle Association (NRA) hoch angesehen ist.
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