Trump verursacht Image-Problem für Schweden
Ein "failed state" Schweden soll Trumps Einwanderungs- und Sozialpolitik legitimieren und stärkt die schwedischen Rechtsnationalen
Das Thema Schweden lässt Donald Trump nicht los. Auf der Konferenz der Konservativen Aktivisten (CPAC) am vergangenen Freitag kam er wieder auf das skandinavische Land zu sprechen: "Die Schweden wissen, dass ich Recht habe."
Mittlerweile fürchtet man dort durch die Trump-Expertisen Konsequenzen in der Wirtschaft wie im Tourismus. Die Marke Schweden leide Schaden. Der US-Präsident sorgte international für Aufsehen, als er bei einer Rede am 18. Februar in Florida erklärte: "Seht, was in Deutschland passiert, seht was letzte Nacht in Schweden passiert ist."
Während sich der US-Präsident im ersten Teil der Äußerung wohl auf den Anschlag in Berlin bezog, so war in Schweden in besagter Nacht nichts Bewegendes passiert. Trump klärte später, dass er sich auf ein Interview des konservativen Nachrichtensenders Fox mit dem Filmmacher Ami Horowitz über die Migrantengewalt in Schweden bezog.Die schwedische Regierung verlangte über ihre Botschaft eine Erklärung von Washington. Am 21. Februar brachen dann Unruhen in dem berüchtigten Stockholmer Migranten-Vorort Rinkeby aus und die Trump-Befürworter sahen sich bestätigt.
Amerikanische "Beeinflussungsoperationen"
Zustimmung fand Trump, der einst selbst behauptet hatte, aus Schweden zu stammen, auch unter den Parteivorderen der migrationsskeptischen Schwedendemokraten, was von Fox News rasch kolportiert wurde.
Die Rechtspopulisten durften im internationalen Aufmerksamkeitsfokus einen Text im Wall Street Journal veröffentlichen, wo sie behaupteten, Schweden würde IS-Kämpfer mit offenen Armen empfangen.
Bei den Schwedendemokraten bediente sich auch der Sender Fox News, als er mit Nils Bildt einen "schwedischen Verteidigungs- und Sicherheitsberater" befragte, der in den schwedischen Ministerien unbekannt war. Der in den USA lebende Schwede soll 2013 versucht haben, für die Schwedendemokraten in den Reichstag zu kommen.
Instrumentalisierung Landes als "failed state"
"Lass das Golfspielen, komm her und schaue selbst", versuchte es Ex-Premier- und Ex-Außenminister Carl Bildt mit Saloppheit, der sich über die Schwächen des amerikanischen Politikers in schwedischer Landeskunde erregt und schon zuvor per Twitter gefragt hatte, was Trump denn so geraucht habe.
Die amtierende schwedische Regierung versucht, seriöser zu kontern. In einer Erklärung "Fakten über Migration und Kriminalität" werden typische Behauptungen wie einem angeblich hohen Prozentanteil von muslimischen Tätern bei sexueller Gewalt und Schusswaffengebrauch oder "No-Go-Zones" aus der migrationsskeptischen bis feindlichen Ecke widerlegt. So sei es beispielsweise nicht wahr, dass in 53 Gebieten des Landes mit ansteigender Kriminalität die Polizei nicht mehr präsent sei.
Schweden hat nun ein Image-Problem. Sozialdemokratische und liberale Politiker machten den Schwedendemokraten Vorhaltungen, daran mitzuwirken. Die konservativ-liberale ehemalige Regierungspartei "Die Moderaten" hielt sich hingegen mit Vorwürfen zurück, sie schließen eine Koalition mit den Rechtspopulisten nicht mehr aus.
Dass durch Trump die Marke Schweden Schaden genommen hat, soll in der Regierung Panik ausgelöst haben. Der liberale Politiker Olle Wartburg, von 1999 - 2004 schwedischer Generalkonsul in New York, erklärt, dass sich Schweden nun von seinem alten Bild im Ausland mit roten Häusern und hohen Steuern verabschieden müsse. Die Instrumentalisierung des Landes als "failed state", um eine eigene harte Migrationspolitik zu legitimieren, würde sich auf das Schwedenbild nachhaltig auswirken.
"Unser kleines auf Export angewiesenes Land braucht das internationale Vertrauen", beklagt Henrik Selin vom "Svenska Institute". Die Organisation, ein Pendant zum Goethe-Institut, ist neben der Sprachenvermittlung sehr um die Imagepflege im Ausland bemüht und hat auch einen Leitspruch: "Promoting Sweden round the world".
Weitere Angriffe aus den USA sind zu erwarten
Um die Corporate Identity des Landes wieder stimmiger zu gestalten, fordern Soziologen, Ökonomen und Außenpolitik-Experten die Regierung dringend auf, in die Imagepflege zu investieren. Aber auch vor der innenpolitischen Verunsicherung wird gewarnt, wenn die Schwedendemokraten über die Wall Street eine Expertise abgeben dürfen.
Wenn sich nun vermehrt ausländische Reporter in die Problemviertel wie Rinkeby in Stockholm oder Rosengård in Malmö aufmachen, können die Kommentarteile der Zeitungen dies nicht ignorieren. Schließlich glauben drei von vier Schweden, dass die Kriminalität innerhalb der drei Jahre angestiegen sei, obwohl sie nach offizieller Statistik zurückgegangen ist.
Eine gewisse Konfliktscheue und eine Vorliebe für politische Korrektheit wird Schweden nachgesagt. Doch um den Zustand der Problemviertel wird nun in den Medien offener debattiert. Dass sich die Marke Schweden im Sinne von "feministische Außenpolitik, weltbeste Migrationspolitik" nicht mehr so leicht nach innen wie außen steuern lässt, wird mittlerweile in der großen Tagezeitung "Svenska Dagbladet" auch als positiver Effekt der Trump-Angriffe gesehen.
Und diese Angriffe könnten weiter kommen. Zum einen muss, wie schon erwähnt, die harsche Migrationspolitik des US-Präsidenten weiterhin legitimiert werden. Zum anderen warb der überraschend erfolgreiche linke Wahlkämpfer Bernie Sanders für das schwedische Modell und nahm beispielsweise Bezug auf bessere Krankenversicherungen. Diese Utopie muss Trump demontieren, will er doch das Projekt einer obligatorischen Krankenversicherung, von Vorgänger Barack Obama eingeführt, größtenteils wieder rückgängig machen.
Die Bemühungen Schwedens, ein Gegenbild zur Corporate Identity eines konservativen Amerika darzustellen, hat übrigens Tradition. Präsident Dwight Eisenhower verwies 1956 auf Schweden als das Land mit der angeblich höchsten Suizidrate der Welt, um sich gegen den fürsorgenden Staat auszusprechen.