Tsipras zieht bei Trump Spendierhosen an
Die Griechen verteilen Geld und Arbeitsplätze in den USA
Der griechische Premierminister Alexis Tsipras befindet sich auf Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Am Dienstag wurde er von US-Staatspräsident Donald Trump im Weißen Haus überaus freundlich empfangen. Hätte jemand im Januar 2015 bei Tsipras erstem Amtsantritt einen derartigen Empfang öffentlich vorhergesagt, so wäre er wie die Seherin Kassandra in Homers Ilias überall auf Unglauben gestoßen.
Zweifler an Tsipras ideologischer Festigkeit als Linker gab es jedoch bereits damals. Nur hielten diese sich mit ihren Äußerungen zurück. Ihre Zweifel wurden spätestens bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Tsipras und Trump triumphal bestätigt. Auf die Frage, wie er nun zu seiner früheren Einstellung gegenüber Trump, den er einst als Ausbund der Bösartigkeit bezeichnet hatte, stehe, antwortete Tsipras: "Er kann böse erscheinen, aber was er macht, das macht er für einen guten Zweck."
Tsipras, der als prominenter Jugendlicher anlässlich des Staatsbesuchs von US-Präsident Bill Clinton am 17. November 1999 dessen Inhaftierung und Verurteilung vor einem internationalen Gerichtshof als Verbrecher gegen die Menschlichkeit forderte, betonte nun gegenüber Trump: "Wir teilen die gleichen Wertvorstellungen."
Seinerzeit hatte der heutige griechische Premierminister zunächst als Anführer einer Schülerrevolte und später als linker Ideologe vor allem die USA und den Kapitalismus als das größte Übel der Menschheit bezeichnet. Zudem zog er für die Erhaltung von Artikel 16 der griechischen Verfassung ins Feld. Dieser verbietet private Hochschulen in Hellas. "Mörder der Menschheit! Amerikaner!", skandierte Tsipras zusammen mit seinen Gesinnungsgenossen bei jeder sich dazu bietenden Gelegenheit.
Heute lobte er Trump für dessen Vita als Unternehmer und gab an, sich über die Ratschläge des umstrittenen US-Präsidenten zu freuen. Der Umschmeichelte gab sich anders als bei den Staatsbesuchen übriger europäischer Regierungschefs, wie der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, jovial und gastfreundlich. Die Körpersprache zwischen den beiden zeigte eine Herzlichkeit, welche von den Kommentatoren im griechischen Staatsrundfunk ERT gefeiert wurde. Mehrfach wiesen diese darauf hin, wie stiefmütterlich und abweisend sich Trump gegenüber der Kanzlerin verhalten habe und wie oft er diese vor dem Kopf gestoßen habe.
Trump hatte einen guten Grund zur Freude, den er mehrfach erwähnte. Artig bedankte sich der US-Staatschef für ein Auftragsvolumen von knapp 2,4 bis 2,6 Milliarden Dollar für die Modernisierung der griechischen Lockheed F-16-Kampfjets. Damit würde Tsipras in den USA bei der Schaffung von Arbeitsplätzen helfen. Trump fand es erwähnenswert, dass Griechenland als einer der wenigen NATO-Partner die erforderlichen Ausgaben für Rüstungsprodukte und das Militär leisten würde. Der Deal ist nicht etwa geplant, Trump machte Nägel mit Köpfen. Bereits am Montag ließ er den Rüstungsverkauf absegnen. Bei der Pressekonferenz beschwor er, dass es sich nicht um einen geplanten, sondern um einen abgeschlossenen Vertrag handeln würde.
Tsipras, der vor Wochenfrist selbst in einer PR-Aktion für eine Live-Übertragung im Fernsehen auf dem Copiloten-Sessel einer F-16 Platz genommen hatte und sich bei Start und Landung filmen ließ, hat offenbar aus seinem früheren Leben als Linker lediglich die Zahl 16 beibehalten.
"Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt bedroht gefühlt", sagte Tsipras bei der Pressekonferenz, um letzte Zweifel darüber, dass Trump ein netter Zeitgenosse sei, auszuräumen. Der griechische Premier sieht fruchtbaren Boden für eine enge Zusammenarbeit mit Trump.
Dieser ging auf die Fragen an Tsipras ebenfalls ein. Er erwähnte, dass offenbar einige internationale Politiker bei seiner Wahl nervös geworden wären. Allerdings würde er nun dafür sorgen, dass "die USA nicht mehr von anderen ausgenutzt werden". Obwohl er kurz über die Nachricht, dass Tsipras ihn früher als Bösen gesehen habe, entnervt ein: "Das habe ich vor meiner Rede nicht gewusst" aussprach, behielt Trump seine Contenance. So freundlich sich Trump gegenüber Tsipras gab, auf dessen mehrfache Erwähnung von Luftraumverletzungen durch den NATO-Partner und Erzfeind Türkei ging er nicht ein.
Einigkeiten über den Ausbau von US-Militärstützpunkten
Trump lobte Griechenland für die Reformfortschritte und empfahl den Europäern, doch endlich die Schuldenfrage zu lösen. Er freute sich über die Einladung von Tsipras nach Athen, wo er laut dem Griechen "von allen Griechen willkommen sei", und vergaß nicht zu erwähnen, was für ein tolles Urlaubsland Hellas sei.
Tsipras betonte mehrfach, wie viele Unterstützer Trump innerhalb der Volksgruppe der in die USA ausgewanderten Griechen habe, und wie viele Griechen auch in Hellas ihn wohlwollend sähen. Er erwähnte nicht, dass die rechtsextreme Goldene Morgenröte zu den glühendsten Verehrern des US-Präsidenten zählt.
Beide Regierungschefs verkündeten zudem Einigung hinsichtlich des Ausbaus amerikanischer Militärbasen in Griechenland. Die Basis Souda auf Kreta soll erheblich aufgewertet werden. Künftig dient sie als Stützpunkt für unbemannte Bomber. Von hier aus können die Drohnen dann leicht Ziele auf der arabischen Halbinsel, aber auch in Afrika angreifen. Trump erklärte, dass Souda in seinen strategischen Planungen beim Krieg gegen den Islamischen Staat eine große Rolle spielen würde.
Die griechische Delegation, unter anderen Außenminister Nikos Kotzias, Telekommunikationsminister Nikos Pappas, Verteidigungsminister Panos Kammenos, Wirtschaftsminister Dimitris Papadimitriou und Staatsminister Terence Spencer Kouik, wurde im Staatsfernsehen mit zufriedenen und fröhlichen Gesichtern präsentiert. In Athen selbst löste das Ergebnis des Besuchs vor allem wegen der Kosten für die Flugzeugmodernisierung, aber auch aufgrund Tsipras offensichtlicher Freude an Trumps Gesellschaft Entsetzen bei der Opposition aus. Schließlich stehen anlässlich der dritten Inspektion des dritten Troika Kreditpakets für das Land erneut Rentenkürzungen und Steuererhöhungen an.
Bösartige Kommentare in sozialen Netzwerken sahen Griechenland nun auch als Ziel für Terroranschläge des IS. Humorvolle Zeitgenossen meinten dagegen, dass die Troika vielleicht einmal nützlich sein könnte und den Waffenkauf verbieten sollte.