Türkei: Regierung offenbar nicht kritikfähig
Einem ARD-Korrespondenten wird die Einreise verweigert - ein Kollege sieht Zusammenhang mit massivem Eingriff in die Pressefreiheit seitens der türkischen Regierung
"Endstation Istanbul. Einreise in Türkei verweigert. Es sei ein Vermerk an meinem Namen. Bin Journalist. Ein Problem?", twitterte Schwenck heute Morgen gegen 6:30h. Seitdem wird der Reporter im Abschieberaum des Istanbuler Flughafen Atatürk Uluslararas? Havaliman? festgehalten.
"Schwenck kam aus dem ARD-Büro in Kairo und wollte von Istanbul weiter in das türkisch-syrische Grenzgebiet, um dort mit syrischen Flüchtlingen zu sprechen. Gründe für die Festsetzung wurden dem Reporter des Südwestrundfunks (SWR) nicht genannt. Es gebe einen Vermerk zu seinem Namen, wurde ihm mitgeteilt.
Schwenck befindet sich derzeit in einem Abschieberaum am Flughafen Istanbul. Über den Vorgang sind inzwischen auch die deutsche Botschaft in der Türkei und das Auswärtige Amt informiert", teilt der swr3 auf seiner Webseite mit.
Swr3-Türkei-Korrespondent Thomas Bormann sieht einen Zusammenhang mit Schwencks Beruf, glaubt aber nicht, dass die Einreise-Verweigerung auf die aktuelle Verärgerung Präsident Recep Tayyip Erdogans anlässlich des "Schmähgedichts" des ZDF-Moderators Jan Böhmermann zurückzuführen sei. Eine Art Kollektivstrafe für alle bundesdeutschen Journalistinnen und Journalisten, sozusagen. Bormann hält einen Zusammenhang mit den generell massiven Eingriffen der türkischen Regierung in die Pressefreiheit im eigenen Land für wahrscheinlicher:
Wir haben ja hier in letzter Zeit erlebt, wie immer häufiger und in immer wieder kürzeren Abständen die türkische Regierung, auch Präsident Erdogan hier, in die Pressefreiheit eingreift. Das betrifft vor allem die türkischen Kollegen hier im Inland. Da wurde ja erst im März eine oppositionelle Zeitung unter Regierungskontrolle gestellt. Hunderte Journalisten dort wurden gefeuert ohne Abfindung, die jetzt teilweise nicht einmal mehr eine Sozialversicherung haben. Also das sind viele Journalisten, die jetzt auf der Straße sitzen. Gegen andere laufen Prozesse wegen angeblicher Spionage. Da schlägt die Regierung doch deutlich zu und offenbar guckt sie jetzt auch viel genauer hin, was machen hier die Auslands-Korrespondenten, denn eines haben wir inzwischen ganz klar verstanden, die türkische Regierung kann mit Kritik überhaupt nicht umgehen.
Thomas Bormann