UN-Bericht belastet venezolanische Führung schwer

Seite 3: Ein Klima "fast völliger Straflosigkeit"

Die Vorsitzende der Untersuchungskommission, die Portugiuesin Marta Valiñas, kommentiert den Bericht folgendermaßen:

Unsere Untersuchungen und Analysen zeigen, dass sich der venezolanische Staat bei der Unterdrückung abweichender Meinungen im Land auf die Geheimdienste und ihre Agenten stützt. Dabei werden schwere Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen, darunter Folter und sexuelle Gewalt. Diese Praktiken müssen sofort eingestellt werden, und die Verantwortlichen müssen strafrechtlich verfolgt werden.

Kommissionsmitglied Francisco Cox kritisiert scharf, dass besagte Menschenrechtsverletzungen "von höchster Ebene orchestriert" und "in einem Klima fast völliger Straflosigkeit stattgefunden haben". Juristische Konsequenzen wird das Papier nicht nach sich ziehen – allerdings könnte die gesammelte Evidenz eines Tages vor dem Internationalen Strafgerichtshof ICC dienlich sein, um Menschenrechtsvergehen in Venezuela strafrechtlich zu verfolgen.

Abseits der Verbrechen durch Agenten der Nachrichtendienste kritisierte die Untersuchungskommission die Menschenrechtslage in der Goldminenregion Orinoco im südlichen Bundesstaat Bolívar. Die Zone sei stark militarisiert, der illegale Bergbau habe zudem kriminelle Gruppen angezogen – zulasten der vulnerablen indigenen Bevölkerung dort. Auch dort seien Tötungen, Entführungen, Folter und andere menschenverachtende Praktiken keine Seltenheit.

Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen?

Knapp 6,8 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner haben ihre Heimat seit 2015 verlassen. Der beispiellose Exodus überrascht kaum, ist die Politik des südamerikanischen Staates doch in einer Art paralysiertem Zustand. Während Maduro über die Verfassung hinweg regiert, brachte auch der vom Westen als Hoffnungsträger inszenierte, selbsternannte "Interimspräsident" Juan Guaidó keine Wende.

Die Zivilbevölkerung versucht nur noch, über die Runden zu kommen. Auch jegliche Vorhaben wie eine "Beseitigung" des vom Westen nicht anerkannten Präsidenten Nicolás Maduro scheiterten.

Als Guaidó im Februar 2020 im Weißen Haus zu Besuch war, sprach er im Kreise seiner engsten Mitarbeiter mit dem damaligen US-Präsident Donald Trump. Diskutiert wurde damals auch die Tötung Maduros durch das US-Militär, oder zumindest der Durchführung einer solchen Aktion durch venezolanische Streitkräfte nach dem Training durch US-Personal.

Das enthüllte der ehemalige US-Verteidigungsminister Mark Esper in seinem Buch Ein heiliger Schwur. Er war bei den Gesprächen damals anwesend.

Die gescheiterte "Operation Gideon" zum Sturz der Maduro-Regierung im Mai 2020, also nur wenige Monate später, könnte durch die damalige Diskussion inspiriert gewesen sein. Zwei Ex-Mitglieder von US-Spezialeinheiten instruierten knapp 60 venezolanische Migranten aus Kolumbien. Sie sollten Maduro töten oder ihn gefangen nehmen. Die Aktion scheiterte noch auf See und an der Landestelle.

Die politische Isolation Maduros hat jedoch schon schlimmere Zeiten gesehen: Seit Kolumbien mit Gustavo Petro nun den ersten linken Präsidenten in der Geschichte des Landes hat, näheren sich die Nachbarstaaten wieder an. Mit herzlicher Umarmung und Lächeln begrüßte der kolumbianische Botschafter Armando Benedetti kürzlich Nicolás Maduro.

2019 hatte Venezuela die diplomatischen Beziehungen abgebrochen – seitdem herrschte Eiszeit. Doch die USA, die 2018 ihre Beziehungen zu Venezuela beendeten, ließen das diplomatische Eis seit dem Ukraine-Krieg wieder auftauen – ein vorhersehbarer Opportunismus der USA; auch wenn die ARD den Besuch einer hochrangigen US-Delegation im März damals als "überraschend" bezeichnete.

Mit dem akuten Bedarf nach Öl ist Maduro auf einmal wieder eine nützliche Spielfigur geworden; die USA lockerten die Sanktionen gegen Venezuela.

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