US-Justizministerium verklagt türkische Staatsbank wegen Irangeschäften
Das Geldinstitut sieht sich als Kollateralschaden des wegen Erdogans Syrieneinmarsch verhängten amerikanischen Wirtschaftsdrucks
Das amerikanische Justizministerium hat am Manhattan Federal Court ein Strafverfahren gegen die Halkbank eingeleitet, das zweitgrößte staatliche Geldinstitut der Türkei. Ihr wird die Umgehung von Iran-Sanktionen vorgeworfen.
Die Anschuldigungen beziehen sich aber nicht auf die seit letztem Jahr von Donald Trump verhängten Sanktionen (vgl. "Das größte Problem ist, eine Bank zu finden, über die legale Iran-Geschäfte abgewickelt werden können"), sondern auf solche, die bereits während Barack Obamas zweiter Amtszeit zwischen 2012 bis 2016 galten. Dem stellvertretenden US-Justizminister John Demers zufolge verschob die Halkbank damals rund 20 Milliarden US-Dollar und verschaffte dem Iran unberechtigt Zugangs zu Fonds. Dabei seien US-Behörden getäuscht worden, weshalb auch wegen Geldwäsche und Betrugs ermittelt werde.
Iranischer Tausch- und Scheingeschäftsexperte kooperierte mit der Staatsanwaltschaft
Auf die Vorgänge gestoßen war die US-Justiz bereits vor einigen Jahren, als der damals angeklagte iranische Tausch- und Scheingeschäftsexperte Reza Zarrab mit der Staatsanwaltschaft kooperierte und Komplizen nannte (Erdogan unter Druck: Zarrab packt aus). Einer davon war der ehemalige Halkbank-Vizechef Mehmet Hakan Atilla. Ihn verurteilte man im Januar 2018 zu einer 32-monatigen Haftstrafe, aus der er im Juli vorzeitig entlassen wurde. Bei seiner Rückkehr in die Türkei bereitete ihm der Finanzminister einen Ehrenempfang.
Zarrab zufolge hatte der damalige Minister- und heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan die Sanktionsumgehungsgeschäfte der Halkbank 2012 abgesegnet. Der New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman spricht nun allgemein er von "ranghohen türkischen Regierungsvertretern", die die Praktiken nach der Zahlung von teils millionenhohen Bestechungssummen geduldet und damit gefördert hätten.
"Reaktion auf die Operation Barış Pınarı Harekâtı, mit der die türkische Armee heldenhaft unsere Grenzen schützt und für Frieden in der Region sorgt"
Nach dem Bekanntwerden der Anklage sank der Kurs der Halkbank-Aktien trotz umgehend verhängter Verkaufseinschränkungen deutlich. Auch die Aktien der Akbank, der Garanti Bank, der Is Bank, der TSKB, der Vakifbank und der Yapi Kredi Bank wurden mit Verkaufseinschränkungen belegt. Der wichtigste türkische Bankenindex XBANK fiel um 2,4 Prozent. Insgesamt ging er im Oktober bereits 16 Prozent nach unten, was vor allem mit der Angst vor den Folgen von US-Sanktionen begründet wird, die dem türkischen Einmarsch in das vorher kurdisch beherrschte Nordostsyrien folgten und noch folgen könnten.
Bislang bestehen diese Sanktionen aus einer Verdoppelung der Zölle auf türkischen Stahl und ausgesetzten Handelsgesprächen. Darüber hinaus setzte das U.S. Department of the Treasury’s Office of Foreign Assets Control (OFAC) den türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar, den türkischen Innenminister Süleyman Soylu und den türkischen Bergbau- und Energieminister Fatih Dönmez sowie drei hohe türkische Staatsbeamte auf eine schwarze Liste. Unternehmen und Privatpersonen drohen Strafen, wenn sie mit Personen auf dieser Liste Geschäfte machen.
Ein Sprecher der Halkbank wies die Vorwürfe gestern zurück und wertete die Anklage gegen das Institut als nicht expliziert deklarierten inoffiziellen Teil solcher Sanktionen, die die USA "als Reaktion auf die Operation Barış Pınarı Harekâtı verhängten, mit der die türkische Armee heldenhaft unsere Grenzen schützt und für Frieden in der Region sorgt". Außerdem sei die Anklage vor einem amerikanischen Gericht eine "noch nie dagewesene Jurisdiktionsüberschreitung", weil das Unternehmen in den USA weder Filialen noch Angestellte habe.
Erdoğan hat dem US-Präsidenten Donald Trump währenddessen einen Boykott angedroht: Keinen Boykott von US-Waren, sondern einen der Tweets des Republikaners, die der türkische Staatschef zukünftig ignorieren will. Trump dürfte das insofern wenig jucken, als ihm knapp 66 Millionen Follower bleiben und man seine wichtigen (und manchmal auch die weniger wichtigen) Twitter-Mitteilungen regelmäßig und ausführlich auch in anderen Medien nachlesen kann.
Anders als Erdoğan Sky News sagte, nimmt der türkische Staatspräsident aber nicht von einem Treffen mit dem amerikanischen Vizepräsident Mike Pence Abstand, der heute zu einem Besuch in Ankara erwartet wird. Das korrigierte der staatliche türkische Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun gestern Nachmittag auf Twitter (wo er jetzt möglicherweise für seinen Chef mitlesen muss).