zurück zum Artikel

US-Spezialeinheiten sollen angeblich Tötungsmission von Kim Jong-un üben

Ankunft der ersten Elemente des Raketenabwehrsystems THAAD in Südkorea am 6. März. Bild: DoD

USA und Südkorea führen große Militärmanöver durch, nach dem Raketenabwehrsystem THAAD stationiert das Pentagon auch Kampfdrohnen in Südkorea

In Südkorea wird es nach der Amtsenthebung von Park Geun Hye durch das Verfassungsgericht im Mai Neuwahlen [1] geben. Lange hatten die Menschen demonstriert und schließlich über den Rücktritt gejubelt, das Parlament hatte bereits im Dezember die Amtsenthebung eingeleitet, seitdem war Park von ihrem Amt suspendiert. Der Sturz hat auch Konsequenzen für die Situation in der Region. US-Außenminister Tillerson wird Ende der Woche nach Südkorea kommen, Donald Trump bereitet ein Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor.

Nachdem Nordkorea erneut mit Raketentests provoziert hatte, ergriff das Pentagon die Möglichkeit, trotz aller schon lange geäußerten Proteste [2] Chinas und Russland noch schnell vor den Neuwahlen das Raketenabwehrsystem THAAD in Südkorea zu stationieren. Anfang März hieß [3] es bereits, die ersten Teile des "rein defensiven Systems" seien eingetroffen. China stört weniger die Stationierung der Abwehrraketen, sondern die damit verbundenen Radarsysteme, mit denen die USA weit nach China hinein "sehen" und Raketenstarts und Flugzeugbewegungen beobachten kann (China warnt vor Installation des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea [4]).

Neuwahlen bergen für die USA das Problem, dass Moon Jae-in, der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Vereinten Demokratischen Partei, die Wahl gewinnen könnte. Er hatte bereits fordert, dass das Parlament über die Stationierung entscheiden müsse. Worüber sich alte Regierung und die USA ebenso hinweggesetzt haben wie über Proteste von Bürgern. Nach einer Umfrage haben 51 Prozent der Südkoreaner die Stationierung abgelehnt und nur 37 Prozent befürwortet. Auch andere Oppositionsparteien waren gegen die Stationierung.

Flugübungen auf dem Flugzeugträger USS Carl Vinson vor der südkoreanischen Küste. Bild: DoD

Die USA wollen, was sich unter Trump fortsetzt, China ähnlich wie zuvor Russland einschließen (containment), wozu gehört, die Staaten um China auf die eigene Seite zu ziehen, die Militärpräsenz zu stärken, die Länder unter den Schild des US-Raketenabwehrsystems zu bringen und den Zugang zum Südchinesischen Meer für China einzudämmen, das wiederum Anspruch auf große Teile erhebt, die Marine ausbaut und militärische Stützpunkte auch auf künstlichen Inseln ausbaut.

Schon seit Jahren findet in der Region ein Auf- und Wettrüsten statt. Japan etwa hat das US-Raketenabwehrsystem ausgebaut und verändert seine militärische Ausrichtung von der strikten Verteidigung auf Kampfeinsätze im Ausland, was auch mit einer Aufstockung der Rüstungsausgaben und verstärktem Einstieg in die Rüstungsproduktion verbunden ist (Japans Regierung verzwanzigfacht die Förderung militärischer Forschung [5]).

Nordkorea versucht den Konflikt für sich zu nutzen, baut ein Atomwaffenarsenal zur Abschreckung auf, um die Diktatur zu sichern, und droht regelmäßig mit Angriffen. Bislang verfügt Nordkorea über einige nukleare Sprengköpfe und Trägersysteme wie Mittelstreckenraketen, die Entwicklung einer Interkontinentalrakete soll bald abgeschlossen sein.

Aber genauere Kenntnisse über das Atomwaffenarsenal und dessen Einsatzfähigkeit gibt es nicht. Bekannt wurde Anfang des Jahres, als Donald Trump die Präsidentschaft noch nicht angetreten hatte, durch südkoreanische Medien, dass der Aufbau einer Brigade geplant sein, die mit Unterstützung von US-Spezialkräften sich darauf vorbereiten soll, nach Nordkorea einzudringen und Kim Jong-un und andere Führungspersonen zu ermorden (Amerikanisch-südkoreanisches Killerkommando gegen Kim Jong-un? [6]).

Kampfdrohnen und Spezialeinheiten

Vor einigen Tagen wurde berichtet [7], dass das Pentagon damit begonnen hat, Kampfdrohnen des Typs MQ-1C Gray Eagle, eine Weiterentwicklung der Predator-Drohne, nach Südkorea auf den Luftwaffenstützpunkt Kunsan zu verlegen und dort permanent zu stationieren. Herausgestrichen wurde, dass damit die Aufklärung für die US-Truppen in Südkorea und das südkoreanische Militär verbessert würde. Wenn es nur um Überwachung ginge, wären Kampfdrohnen allerdings nicht erforderlich.

Die südkoreanische Nachrichtenagentur zitiert [8] hingegen einen "Offiziellen", bei dem dies schon anders klingt. Die Drohnen können vier Hellfire- und vier GPS-geleitete Gleitbomben mitführen, mit denen sich "größere militärische Stützpunkte nördlich der Demarkationslinie angreifen" lassen. Überdies könnten die Drohnen im Kriegsfall die Kommandozentrale in Pjöngjang mitsamt Kim Jong-un vernichten, was sehr großspurig klingt.

US-General Vincent K. Brooks besuchte mit den südkoreanischen Generälen Lee Sun Jin und Leem Ho-young am Samstag den Flugzeugträger USS Carl Vinson. Bild: DoD

Nach Berichten [9] soll demnächst das SEAL Team 6, bekannt für die Operation Neptune Spear, bei der Osama bin Laden 2011 in Pakistan getötet wurde, an gemeinsamen Übungen teilnehmen. Dabei soll angeblich auch die Eliminierung von Kim Jong-un und die Sicherstellung der Atomwaffen geprobt werden. Das klingt allerdings eher wie eine PsyOp-Geschichte, schließlich ist die Hauptstadt in dem hochgerüsteten Land von der Demarkationslinie 140 km entfernt. Das wäre eine andere Reise als zu Osamas Domizil in Pakistan oder ins al-Qaida-Gebiet im Jemen.

Das Team soll sich auf dem Flugzeugträger USS Carl Vinson [10] befinden, der im Südchinesischen Meer Übungen durchführt und am Mittwoch mit den Begleitschiffen in Busan einläuft, um an den Übungen teilzunehmen [11]. Dazu kommen noch Einheiten der Army's Rangers, Delta Force und Green Berets. Von der Übung bzw. von deren Ankündigung erwartet das südkoreanische Verteidigungsministerium eine abschreckende Wirkung. Pentagonsprecher Gary Ross erklärte [12] allerdings gegenüber Business Insider, dass Killmissionen jeder Art nicht geübt würden.

Kampfdrohnen weltweit (13 Bilder) [13]

[14]
MQ-1A "Predator" auf der Ali Base im Irak. Bild: U.S. Air Force

Der letzte bekannt gewordene Einsatz von Navy Seals im Jemen, bei dem viele Zivilisten getötet wurden und ein US-Soldat starb, war ein Fiasko [15]. US-Präsident Trump stellte ihn dennoch als erfolgreich heraus, schließlich war es der erste, den er zu verantworten hatte, auch wenn er schon vor seinem Amtsantritt geplant war. Während seiner ersten Rede vor dem Kongress pries er noch einmal die Aktion und den getöteten Soldaten, während er dessen Witwe vorstellte.

Angeblich wurden beim Einsatz wichtige Informationen über al-Qaida gefunden, was nach Auskunft [16] von Regierungsmitarbeitern aber nicht der Fall war. Die Soldaten wurden nicht nur von al-Qaida-Kämpfern, sondern auch von den übrigen Bewohnern des Dorfes angegriffen [17], in das sie eingedrungen waren. Vermutlich wurde das Dorf durch Bombardierung aus der Luft und mit dem Einsatz von Kampfhubschraubern platt gemacht. Das Militär spricht von bis zu 12 getöteten Zivilisten, unabhängige Quellen sprachen von über 20 getöteten Zivilisten.

An den jährlich stattfindenden Übungen, die rein defensive Natur sein sollen, nehmen 290.000 südkoreanische und 10.000 US-amerikanische Soldaten teil. F-35 Tarnkappen-Kampfflugzeuge proben die Bombardierung von nordkoreanischen Stützpunkten, überdies soll eine Landeoperation geübt werden. Nordkorea warnt [18] wie üblich mit schrillen Tönen vor den Übungen. "Nukleargetriebene Flugzeugträger und andere strategische Ziele der US-Imperialisten" würden in Reichweite nordkoreanischer Waffen liegen. Man werde mit "erbarmungslosen Ultrapräzisionsschlägen" antworten, wenn die "Souveränität und Würde" des Landes von den Übungen auch nur "ein bisschen" beeinträchtigt werde.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3653083

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tp/features/Suedkorea-Neuwahlen-innerhalb-von-zwei-Monaten-3649979.html
[2] https://www.heise.de/tp/features/Russland-und-China-warnen-Suedkorea-wegen-US-Raketenabwehrsystem-3596059.html
[3] http://www.usfk.mil/Media/News/Article/1104317/thaad-arrives-on-the-korean-peninsula/
[4] https://www.heise.de/tp/features/China-warnt-vor-Installation-des-THAAD-Raketenabwehrsystems-in-Suedkorea-3639460.html
[5] https://www.heise.de/tp/features/Japans-Regierung-verzwanzigfacht-die-Foerderung-militaerischer-Forschung-3585608.html
[6] https://www.heise.de/tp/features/Amerikanisch-suedkoreanisches-Killerkommando-gegen-Kim-Jong-un-3591128.html
[7] http://www.usfk.mil/Media/News/Article/1110584/gray-eagle-unmanned-aerial-system-company-comes-to-korean-peninsula/
[8] http://english.yonhapnews.co.kr/national/2017/03/13/0301000000AEN20170313004400315.html
[9] http://english.yonhapnews.co.kr/national/2017/03/13/0301000000AEN20170313009400315.html
[10] http://www.navy.mil/local/cvn70/
[11] http://english.yonhapnews.co.kr/northkorea/2017/03/13/0401000000AEN20170313012800315.html
[12] http://www.businessinsider.de/us-navy-seals-f-35s-decapitation-strike-north-korea-2017-3
[13] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_3378497.html?back=3653083
[14] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_3378497.html?back=3653083
[15] https://www.heise.de/-3616304.html
[16] http://www.nbcnews.com/news/us-news/officials-still-no-actionable-intel-yemen-seal-raid-n727866
[17] http://edition.cnn.com/2017/03/11/politics/yemen-raid-details-investigation/
[18] https://kcnawatch.co/newstream/1489500195-899159109/u-s-introduces-nuclear-carrier-striking-group-to-korean-east-sea/