Südkorea: Neuwahlen innerhalb von zwei Monaten
Verfassungsgericht bestätigt Amtsenthebung der Präsidentin
Das südkoreanische Verfassungsgericht bestätigte gestern die im Dezember vom Parlament beschlossene Amtsenthebung der Präsidentin Park Geun Hye. Der Vorsitzende Richter Lee Jung Mi begründete das Urteil damit, dass die Tochter des von 1961 bis 1979 amtierenden Präsidenten Park Chung Hee der Demokratie und den Rechtsstaat ernsthaften Schaden zugefügt habe, weil sie zuließ, dass sich ihre enge Vertraute Choi Soon Sil ihre Beziehungen zu Park zum eigenen finanziellen Vorteil einsetzte (vgl. Südkorea: Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin eingeleitet). Indem sie Chois informelle Beteiligung an politischen Entscheidungen nicht nur geheim hielt, sondern explizit abstritt und Kritiker mundtot machen wollte, die das Geheimnis an die Öffentlichkeit trugen, habe sie nicht nur die Verfassung und Gesetze verletzt, sondern auch "das Vertrauen des Volkes gebrochen".
Neben Choi befinden sich wegen der Vorwürfe derzeit noch zwei weitere Personen in Untersuchungshaft: Ahn Jong Bum und Jeong Ho Seong, zwei ehemalige Sekretäre Parks, die daran beteiligt gewesen sein sollen, südkoreanische Konzerne dazu zu bewegen, Millionensummen an eine von Choi kontrollierte Stiftung zu transferieren und ihr als vertraulich eingestufte militärische und diplomatische Dokumente zugänglich zu machen (vgl. Südkorea: Erneut fast eine Million auf der Straße). Im Februar wurden außerdem Korruptions- und Untreuestrafverfahren gegen Lee Jae Yong, den Erbe des Samsung-Konzerns, und vier seiner Manager eingeleitet. Der Firmenerbe, der ebenfalls in Untersuchungshaft genommen wurde, bestreitet die Vorwürfe der Staatsanwälte.
Neuwahl bis 9. Mai
Auch Park Geun Hye droht nach der Entscheidung der Verfassungsrichter eine Anklage, weil sie mit dem Titel auch ihre Immunität verliert. Nach der Parlamentsentscheidung hatte sie ihre Amtsgeschäfte zunächst nur vorläufig an den Ministerpräsidenten Hwang Kyo Ahn abgegeben. Nun muss sie endgültig darauf verzichten und aus dem Präsidentenpalast ausziehen. Außerdem muss nun bis spätestens 9. Mai (und nicht erst wie ursprünglich vorgesehen am 20. Dezember) ein neuer Präsident gewählt werden.
Wer die Kandidaten bei dieser Wahl sein werden, steht noch nicht fest: Als wahrscheinliche Bewerber gelten der kommissarisch amtierende Präsident Hwang (der für die konservative Saenuri antreten könnte), Moon Jae In von der liberalen Minjoo-Partei und Ahn Cheol Soo von der ebenfalls liberalen Gungminuidang.
Bei den Parlamentswahlen im April 2016 hatte die Saenuri 35 ihrer vorher 157 Sitze verloren, während die erstmals angetretene Gungminuidang auf Anhieb 38 gewann und die Minjoo um vier auf 123 zulegte. Sechs Sitze gingen an die sozialdemokratische Jeonguidang, elf an unabhängige Kandidaten. Da die Saenuri seitdem über keine eigene Parlamentsmehrheit verfügt, galt Park schon vor ihrer Absetzung als "lahme Ente".
Reaktionen von Demonstranten und Finanzmärkten
Während in den letzten Monaten vor allem Park-Gegner für eine Amtsenthebung der Präsidentin demonstriert hatten, gingen nach der Urteilsverkündung vor allem Park-Unterstützer auf die Straße. Die Polizei versuchte, die verfeindeten Gruppen voneinander getrennt zu halten, konnte aber nicht verhindern, dass eine Person von einem Lautsprecher erschlagen wurde, der unsachgemäß auf dem Dach eines Fahrzeugs befestigt war. Ein weiterer Demonstrant kam angeblich bei einem Sturz ums Leben.
Von den Finanzmärkten wurde das Urteil positiv aufgenommen: Sowohl der südkoreanische Aktienindex Kospi als auch die Landeswährung Won legten zu, was die Erwartung widerspiegelt, dass eine baldige Neuwahl besser ist als eine bis Dezember amtierende schwache Präsidentin.
Krise mit Nordkorea, den USA und China
Der neue südkoreanische Präsident wird nicht nur vor wirtschafts- und handels-, sondern auch vor verteidigungspolitischen Herausforderungen: Nordkorea macht derzeit nämlich verstärkt mit Tests ballistischer Raketen auf sich aufmerksam, was den chinesischen Außenminister Wang Yi dazu bewegte, den Nachbarn im Nordosten und die USA mit "zwei Zügen" zu vergleichen, "die beschleunigt aufeinander zu fahren, ohne dass einer der beiden bereit ist, aus dem Weg zu gehen".
Ein Ausweg aus dem "Sicherheitsdilemma" wäre Wangs Meinung nach, dass Nordkorea sich bereit erklärt, mit der Entwicklung ballistischer Raketen und Kernwaffen aufzuhören, und Südkorea und die USA gleichzeitig ihre Militärmanöveraktivität deutlich verringern. Diesen ersten vertrauensbildenden Maßnahmen könnten Wangs Ansicht nach Gespräche über eine eine atomare Abrüstung und einen dauerhaften Frieden auf der Halbinsel folgen. Dazu müssten aber nicht nur Nordkorea und die Trump-Administration bereit sein, sondern auch der neu gewählte südkoreanische Präsident (vgl. Chinesischer Außenminister befürchtet "Frontalzusammenstoß" Nordkoreas und der USA).
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