Südkorea: Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin eingeleitet
Porteste gegen Präsidentin gehen vorerst weiter. Konservative Partei in einer schweren Krise
In Südkoreas Hauptstadt Seoul sind am Samstag erneut Hunderttausende auf die Straße gegangen, um gegen die rechte Präsidentin des Landes, Park Gyeun-hye, zu demonstrieren. Zugleich hatten sie Anlass zum Feiern. Am Vortag hatte das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Nun ist es Aufgabe des koreanischen Verfassungsgerichts, zu überprüfen, ob sich Park etwas hat zuschulden kommen lassen, das ihre Amtsenthebung rechtfertigen würde. Dafür hat das Gericht 180 Tage Zeit. Bis zu seinem Beschluss ruht die Präsidentschaft Parks. Der bisherige Premierminister fungiert als Übergangspräsident.
Auch etwas über die Hälfte der Abgeordneten der konservativen Regierungspartei stimmten für den Antrag der meist bürgerlich-liberalen Opposition, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Unter den Konservativen werden nun offenbar die Messer gewetzt. Ihre Anhänger geraten in der seit dem Ende der Militärdiktatur meist die Geschicke des Landes bestimmenden Partei unter erheblichen Druck. Offenbar fürchtet ein Teil des konservativen Establishment, das nahtlos aus der Diktatur hervor gegangen ist, in den Strudel von Parks Untergang mit hinein gezogen zu werden.
Wie die Korea Times schreibt haben inzwischen 50 Park-Unterstützer im Parlament eine eigene Organisation gebildet. Sollten die Proteste der Bevölkerung weiter gehen und auch in den Ruf nach Neuwahlen münden, würde dem konservativen Lager ein gewaltiges Desaster drohen. Da die meisten Parlamentssitze nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben werden, hätten konkurrierende konservative Kandidaten kaum Chancen, Wahlkreise zu gewinnen.
Präsidentin Park, Tochter des langjährigen Militärdiktators Park Chung-hee, ist, wie berichtet, über einen Bestechungs- und Betrugskandal gestolpert, in dessen Zentrum ihre langjährige Vertraute Choi Soon-sil steht. Diese hatte offensichtlich auch nicht unwesentlichen Einfluss auf die Staatsgeschäfte, obwohl selbst mit keinem öffentlichen Amt betraut.
Trotz des Parlamentsbeschluss vom Vortag gingen am Samstag erneut eine Million Menschen, 800.000 davon in Seoul, auf die Straße. Das waren weniger als die 2,3 Millionen Menschen eine Woche zuvor, aber immer noch eine gewaltige Manifestation. Nach Augenzeugenberichten forderten die Teilnehmer vor allem die sofortige Entlassung und Festnahme Parks.
Außerdem gibt es offensichtlich viele Hoffnungen auf das Aufbrechen der bisher sehr eingefrorenen politischen Verhältnisse des Landes. Kritisiert werden vor allem die äußerst enge Verflechtung der – oft noch als Familienbetriebe geführten – südkoreanischen Konzerne, der sogenannten Chaebols (sprich: Jäbol), mit der Politik und die geringen Mitsprachemöglichkeiten der Bürger.