Südkorea: Massenproteste weiten sich aus
Die Proteste gegen Südkoreas rechte Präsidentin werden immer größer. Langsam beginnt ihr Rückhalt im Parlament zu bröckeln
In Südkorea weiten sich die Antiregierungs-Proteste weiter aus. 1,9 Millionen Menschen gingen nach einem Bericht der Tageszeitung Korea Times am Samstag auf die Straße, um den Rücktritt von Präsidentin Park Geun-hye zu fordern. Das war ein neuer Rekord und vermutlich die größte Mobilisierung in der Geschichte des 50-Millionen-Einwohner-Landes. Mit bis zu 1,5 Millionen Teilnehmern fand die größte Demonstration wieder in der Landeshauptstadt Seoul statt, während es auch in den anderen Regionen des Landes Manifestationen gab. Das alles bei niedrigen Temperaturen und leichtem Regen.
Wie berichtet, ist Park unter Druck, weil ihre engste Vertraute, Choi Soon-sil, Gelder von koreanischen Konzernen für eine Stiftung erpresst haben soll. Diese sowie ein Mitarbeiter aus der engsten Umgebung der Präsidentin befinden sich derzeit in Untersuchungshaft. Letzterem wird unter anderem der Verrat von Staatsgeheimnissen vorgeworfen. Die Präsidentin verweigert bisher die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft, wie am Montag ebenfalls die Korea Times berichtet. Ihr Rechtsanwalt nannte Terminprobleme als Grund, weshalb die Präsidentin einer Gesprächs-Einladung der Staatsanwaltschaft nicht nachkommen könne.
Seitdem der Skandal im Oktober aufflog, weitet sich die Empörung in der Bevölkerung immer weiter aus. Daneben spielt der Unmut von Reis-Bauern eine Rolle, die der Regierung vorwerfen, dem Preisverfall tatenlos zugeschaut und sie damit ruiniert zu haben. Auch bei den kämpferischen Gewerkschaften des Landes hatte sich die rechte Präsidentin durch eine repressive Politik schon frühzeitig unbeliebt gemacht.
Auch der Umgang mit dem Untergang des Fährschiffs Sewol, bei dem im April 2014 über 300 Personen, die Mehrheit davon Schüler, ums Leben gekommen waren, spielt herein. Ursache waren offensichtlich grobe Fehler der Besatzung und des Kapitäns im Zusammenspiel mit laxen Sicherheitsstandards, die zudem verletzt worden waren. An der Regierung gab es in diesem Zusammenhang viel Kritik, weil die später aufgelöste Küstenwache nur sehr langsam eingegriffen hatte und weil die Aufsicht über die Fähren vernachlässigt worden war.
Wie dem auch sei, vorerst klebt Präsidentin Park weiter an ihrem Sessel, aber um sie herum wird es einsam. Am Montag hat das erste Kabinettsmitglied, Justizminister Kim Hyu-woo, wegen des anhaltenden Skandals seinen Hut genommen. Auch sonst bröckelt ihre Unterstützung im Regierungslager. Loyale konservative Abgeordnete forderten die Präsidentin am Montag auf, auf "geordnetem Wege" zurück zu treten. Die Oppositionsparteien bereiten derzeit im Parlament eine Initiative für ein Amtsenthebungsverfahren vor, für die sie auch Stimmen der Regierungspartei brauchen werden. Einige konservative Parlamentarier haben bereits ihre Zustimmung signalisiert.
Derweil nähert sich die Stimmung dem Siedepunkt. So legt es jedenfalls ein Beitrag der Asia Times nahe. Ein kleiner Beweis, dass die Präsidentin direkt in den Korruptionsfall ihrer Freundin verwickelt ist, würde schon reichen, dass die Menschen statt mit Kerzen mit Fackeln auf die Straße stürmen. Südkorea hat eine lange Geschichte militanter Auseinandersetzungen von Jugendlichen, Studenten und Arbeitern mit der Staatsmacht.