US-Wahl: Verprellt Biden die polnisch-stämmigen Wähler?
Joe Biden wollte die polnisch-amerikanischen Wähler umwerben, doch er wirkt ungeschickt
Donald Trump nahm die Vorlage in der letzten Woche dankbar auf: "Polen mit Weißrussland zu vergleichen, zeigt Bidens mangelndes Verständnis der Außenpolitik."
Der US-Präsident spielt auf die Aussage des Demokraten in der Befragung des Senders ABC in der vergangenen Woche an, als Biden das diktatorisch regierte Belarus mit Polen und Ungarn in einen Topf warf und daraus folgernd von einem "Anwachsen des Totalitarismus in der Welt" sprach.
Kurz zuvor war eine Aussage Joe Bidens gegenüber New York Times vom Januar laut geworden - "wir (das Wahlkampfteam der Demokraten) gingen nicht mehr in die polnisch-amerikanischen Clubs,(...) sondern gingen lieber zu euch, den wirklich klugen Leuten".
Der 77-jährige Präsidentschaftskandidat halte, so lesen es die US-Amerikaner polnischer Herkunft, Polen für weniger wichtig sowie für dumm. Dies gilt als ein in den USA verbreitetes Stereotyp in Polenwitzen.
Die "Polonia"
Dabei besteht die sogenannte "Polonia", deren Vereinigungen gut mit der nationalkonservativen Regierung in Warschau vernetzt sind, aus etwa zehn Millionen Menschen. Und ausgerechnet Bidens Herkunftsstaat Pennsylvania, ein sogenannter "Swing State", beherbergt nach Michigan die meisten polnisch-stämmigen Wähler der USA. Auch dort war Donald Trump gerade auf Stimmenjagd und warnte den Industriestandort mit Konjunkturproblemen vor der Katastrophe durch "sleepy Joe".
Mittlerweile ist Bidens Fehler auch in den US-Medien als Thema angekommen. Die Newsweek weist daraufhin, dass Polen und Ungarn NATO-Mitglieder und treue Alliierte der USA sind. Auch die konservative Zeitung New York Post warnt, dass Biden die "Alliierten beleidige". Die nationalkonservative Regierung in Warschau setzt darum auf Trump, dies zeigen tendenziöse Berichte des Staatssenders TVP, der auch in den USA gesehen wird.
Dort wird offen davor gewarnt, dass Polen mit Joe Biden als US-Präsidenten den wichtigsten Unterstützer verlieren kann. Zwar grätschte die US-Botschafterin und Trump-Vertraute Georgette Mosbacher ab und an bei Auswüchsen der nationalkonservativen Regierung in Warschau gegen sexuelle Minderheiten und Absichten, die Medien besser unter Kontrolle zu bekommen, barsch dazwischen, aber von Biden heißt es, dass er sich wohl auch mit der umstrittenen Justizreform befassen werde. Er hatte das angekündigt.
Traditionell Anhänger der Republikaner
Traditionell sind Polen, ob an der Weichsel oder verstreut auf der Welt, Anhänger der Republikaner. Denn es war der Republikaner Theodore Roosevelt, der zu Beginn des Ersten Weltkriegs ein unabhängiges Polen forderte. Dagegen waren Franklin Roosevelt sowie sein Nachfolger Harry S. Truman Demokraten, die als US-Präsidenten 1945 in Jalta und in Potsdam Polen dem sowjetischen Einfluss überließen.
Doch den kategorischen Fehler von Hillary Clinton, die eher schwer zugängliche Wählergruppe der polnisch-stämmigen Amerikaner zu ignorieren, beging Biden nicht.
So organisierte er eine virtuelle Kundgebung mit dem Rechtsanwalt und ehemaligen Diplomaten Mark Brzezinski, dem Sohn von Zbigniew Brzezinski, dem legendären Sicherheitsberater von Jimmy Carter. Der mittlerweile verstorbene Zbigniew Brzezinski wurde in Warschau geboren und gilt als der bekannteste Vertreter der Polonia in Amerika. Der Demokrat vertrat eine harte Linie gegenüber der Sowjetunion. Auch Biden erinnerte daran, dass er als Senator Polens NATO-Beitritt engagiert unterstützt habe.
Nordstream 2
Auch sein Kontra gegen Nordstream 2 soll die Polonia überzeugen. Der staatliche polnische Nachrichtenkanal TVP Info meint jedoch vorherzusehen, dass allein Donald Trump in dieser Sache wirklich Druck auf Deutschland ausüben könnte. Nur 15 Prozent der polnischen Staatsbürger würden laut einer Umfrage den Kandidaten der Demokraten bevorzugen.
Dass die Polonia kein "konservativer Monolith" sei, versucht westlich des Atlantiks die Wahlhelfergruppe "Polish Americans for Biden" zu vermitteln. Sie verweist auf eine Abneigung Trumps gegen das auch im amerikanischen Osten populäre polnische Nationalgericht Piroggen, gefüllte Teigtaschen. "Trump hates Pierogies"-Schilder stellten die polnischstämmigen Demokraten bereits im Wahlkampf 2016 bevorzugt in Pennsylvania auf.
Doch Trump, der sich von polnisch-stämmigen Amerikanern beraten ließ, hat hier wohl mehr Trümpfe in der Tasche, so beindruckte sein Auftritt und seine Rede am 1. August 2017 anlässlich des 73. Jahrestag des Warschauer Aufstands. Als sich der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 80ten Mal jährte, schickte er Vize Mike Pence in die polnische Hauptstadt. Doch vor allem setzte er um, was seine Vorgänger nur versprochen hatten, jedoch nie umsetzten: die Aussetzung der Visapflicht für Polen.
Da fallen seine kulinarischen Vorlieben weniger ins Gewicht.