US-Wahlkampf: Anti-China-Handbuch aufgetaucht

Ein Dokument der Republikaner empfiehlt, wie China in aller Schärfe bloß gestellt werden kann - und soll

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Die USA erhoben bislang schwere Vorwürfe gegen China und machten es sich einfach: Ob US-Präsident Donald Trump, der China zum primären Sündenbock für sein Versagen gemacht hat, oder US-Außenminister Mike Pompeo, der eine gemeinsame Erklärung der G7-Staaten zur Pandemie verhinderte, da er unbedingt darauf bestand hatte, dass die Erklärung den Begriff "Wuhan-Virus" enthalten soll, oder republikanische Senatoren wie Lindsey Graham, der von China Reparationszahlungen fordert, oder Jim Cotton, der für die Ausbreitung des Virus das "Biowaffen"-Labor in Wuhan verdächtigte, sie alle schlagen in gleiche Kerbe: China ist schuld an der Pandemie und an allem, was sie mit sich brachte.

Doch Schuldzuweisungen und Anti-China-Rhetoriken, die nicht zuletzt von eigenen Verfehlungen ablenken sollen, werden wohl auch die nächsten Monate virulent bleiben und stärker werden: Ein Dokument des National Republican Senatorial Committee (NRSC), das gestern von Politico veröffentlicht wurde, gibt detaillierte Empfehlungen, wie die Coronavirus-Krise durch einen aggressiven Angriff auf China zum eigenen Vorteil genutzt werden kann.

Das "Handbuch" richtet sich an alle republikanischer Vertreter im Wahlkampf. Schritt für Schritt werden Argumentationslinien und Formulierungen der wichtigsten Botschaften im "Corona Big Book" ausgebreitet. Dabei werden alle Register einer Hetzkampagne gezogen. Das Handbuch wurde von der politischen Beratungsfirma O'Donnell & Associates verfasst, dessen Geschäftsführer, der republikanische Stratege Brett O’Donnell, auch Außenminister Mike Pompeo und Senator Tom Cotton berät.

China ist der größte Feind

Die drei wichtigsten Botschaften für den Wahlkampf lauten in Kurzform:

- "China hat die Pandemie verursacht, da China die Ausbreitung vertuscht hat und die weltweite Versorgung mit medizinischer Ausrüstung hortet. China ist ein Feind, der Millionen von amerikanischen Arbeitsplätzen gestohlen hat, der Fentanyl in die Vereinigten Staaten schickt und religiöse Minderheiten in Konzentrationslager steckt."

- "Mein Gegner [aus dem demokratischen Lager] ist nachgiebig gegenüber China, kann der Kommunistischen Partei Chinas nicht die Stirn bieten und man kann sich nicht darauf verlassen, dass er es mit ihnen aufnehmen wird."

- "Ich werde China die Stirn bieten, unsere Arbeitsplätze der Industrie wieder nach Hause bringen und auf Sanktionen gegen China wegen seiner Rolle bei der Verbreitung dieser Pandemie drängen."

Die Botschaften sollen untermauert werden durch "Fakten" wie: "97% der US-amerikanischen Antibiotika kommen aus China; 95% des Ibuprofen, 91% des Hydrocortison, 70% des Paracetaminophen und fast die Hälfte unserer Heparinlieferungen kommen aus China. Viele Generika, darunter Antidepressiva, HIV/AIDS-Medikamente, Antibabypillen, Chemotherapeutika und Medikamente gegen Alzheimer, Diabetes, Epilepsie und Parkinson, werden in China hergestellt." Außerdem nutze China Kampfpreise, "um amerikanische Hersteller aus dem Geschäft zu drängen. Sie haben Millionen von amerikanischen Arbeitsplätzen gestohlen."

Auf jede erdenkliche Weise soll China diskreditiert werden: "[Sie haben] Seuchen und Fentanyl in die Vereinigten Staaten exportiert. Im eigenen Land zwingt China Frauen zu Abtreibungen, schickt religiöse Minderheiten in Konzentrationslager, und sie verhaften Christen." Damit soll klargestellt werden, dass China nicht nur "kein Verbündeter" ist, sondern "der Feind".

"Nicht Trump in Schutz nehmen, sondern China attackieren"

Das Dokument fordert die Kandidaten auf, bei der Beantwortung von Fragen zum Virus "unerbittlich" an den Botschaften gegen China festzuhalten. Auf die Frage, ob die Ausbreitung des Coronavirus Trumps Schuld sei, wird geraten, in die Offensive zu gehen und die Aufmerksamkeit auf China zu lenken. So sollen Republikaner so antworten:

- "China ist schuld. Das Virus kam aus China und China hat es vertuscht. Da China über das Ausmaß des Virus gelogen hat, haben unsere Gesundheitsbehörden spät gehandelt."

- "Ich wünschte, dass alle früher gehandelt hätten - das schließt unsere gewählten Vertreter, die Weltgesundheitsorganisation und die CDC ein.

- "Ich bin froh, dass Präsident Trump früh gehandelt hat, um Reisen nach China zu verbieten - das ist etwas, was mein demokratischer Gegner nicht unterstützt hat und was Joe Biden und Nancy Pelosi als fremdenfeindlich und rassistisch kritisiert haben."

Der Tenor aller Antworten soll lauten: "China verzögerte, China log, Millionen wurden infiziert und Tausende starben."

Angriff auf WHO, Political Correctness und Demokraten

Bekräftigt werden soll zudem das "Mismanagement" der WHO, die Trump in den letzten Wochen bereits angriff. Im Dokument heißt es, die WHO unterstützte Chinas Vertuschung, sie agierte als Handlangerin der Kommunistischen Partei Chinas und: "China hatte sich für Tedros, den derzeitigen Direktor, eingesetzt, und er schuldete ihnen einen Gefallen."

Neben der WHO habe auch "Political Correctness" (PC) die Krise verschlimmert, der altbekannte Sündenbock der Republikaner. Zwar haben die genannten "Fakten" wenig mit PC zu tun, doch wollte man es wohl als wirkungsvollen "Trigger" genannt haben. "De Blasio und Cuomo versprachen, die Kontakte des ersten bestätigten Falls in NYC ausfindig zu machen, was sie nie taten." Oder: "Sie versprachen, sie hätten die Epidemie unter Kontrolle, aber das war sie nicht."

Dreh- und Angelpunkt der Offensive gegen die Demokraten bildet das Argument, die Demokraten seien zu "soft" im Umgang mit der chinesischen Führung. Hätten die Demokraten die Zügel in der Hand, würden die Amerikaner der Kommunistischen Partei, die laut Pompeo die "größte Bedrohung unserer Zeit" darstellt, nicht die Stirn bieten.

Aus Sicht der Republikaner ist die Hetzkampagne gegen China die vielversprechendste Strategie, um dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden Schaden zuzufügen. Dessen Sohn Hunter Biden steht in der Kritik, während Bidens Vizepräsidentschaft mit Hilfe des Amts seines Vaters Geschäfte mit einer chinesischen Firma gemacht zu haben. Doch um Biden zu besiegen, schlagen Trump und die Republikaner den Weg ein, in der Beziehung zwischen den USA und China, die nach dem Handelsabkommen zu genesen schien, diesmal einen unversöhnlichen Riss zu riskieren.