US-amerikanische Sozialpolitik – gibt’s denn so was?
- US-amerikanische Sozialpolitik – gibt’s denn so was?
- Sprengstoff für die Demokraten im Mammut-Projekt
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Das Mammut-Projekt: Der 1,2 Billionen US-Dollar-Infrastrukturplan und seine sozialpolitischen Konsequenzen. Sanders will wieder an ein gerechtes Amerika glauben
Die Demokratische Partei macht sich bereit, das soziale Netz der amerikanischen Gesellschaft etwas enger zu zurren, sowohl mit als auch ohne die von Biden so beschworene zweiparteiliche Einigkeit. Auch zeigt die Sozialpolitik, wie weit der "progressive" und der "moderate" Flügel innerhalb der demokratischen Partei bisweilen voneinander entfernt sind.
Es kommt nicht allzu oft vor, dass die beiden großen Parteien in den USA dazu bereit sind, ein gewisses Maß an Einigkeit zu demonstrieren. Zurzeit hat es tatsächlich den Anschein, als wäre die US-Bundesregierung in der Lage, Innenpolitik zu betreiben.
Am vergangenen Dienstag erfüllte sich der Traum des Präsidenten. Der Senat beschloss nach monatelangen Verhandlungen in seltener Einigkeit (69-30 Stimmen), mit Stimmen aus dem demokratischen wie auch aus dem republikanischen Lager, einen Gesetzentwurf zur Finanzierung der US-amerikanischen Infrastruktur mit einem Budget von 1,2 Billionen Dollar.
Der New-Deal: Mehr als der Ausbau von Transportwegen
Die Finanzspritze war bitter nötig, denn die amerikanischen Brücken, Dämme und Straßen sind vielerorts in einem so katastrophalen Zustand, dass sie schon vor Jahren ein leichtes Ziel für den Spott so mancher Late-Night-Shows abgaben.
Präsident Bidens neuer "New-Deal" geht allerdings weit über den Erhalt von Transportwegen hinaus. Die "Infrastructure bill" enthält Reglungen für Crypto-Währungen, soll mehr Amerikanern den Zugang zu Breitband-Internet erleichtern und Einführung elektrischer Schulbusse ermöglichen. Zudem soll das neue Gesetz endlich das Problem rassistischer Diskriminierung durch infrastrukturelle Benachteiligung von marginalisierten Gruppen angehen.
Der politische Preis
So weit, so gut. Allerdings hat ein solch klares von zwei Parteien getragenes Abstimmungsergebnis auch seinen Preis. So sind einige der sozialgesetzlichen Regelungen, die dem Gesetzentwurf einst anhafteten, wohl den Verhandlungen mit den Republikanern zum Opfer gefallen.
Die größte Niederlage für alle, die auf mehr Sozialstaat hoffen, ist die Streichung/Kürzung der angestrebten Hilfen (in Höhe von 400 Millliarden US-Dollar!) für die Pflege von Alten und Menschen mit Behinderung.
Dem progressiven Flügel der Demokraten dürfte das sauer aufstoßen, ganz zu schweigen von einer Änderung im Gesetzentwurf bezüglich der entstehenden Mehrkosten. Noch vor Kurzem hatte Joe Biden behauptet, er wolle das Geld durch eine Erhöhung der Gewerbeertragsteuer aufbringen.
Nun sollen die Gesetzgeber auf anderen Wegen, wie etwa via Einführung neuer Gebühren für sogenannte "Superfunds" und die Umleitung von schon genehmigten Geldern zur Bekämpfung der Covid-Pandemie, das Geld auftreiben, das ein solch ehrgeiziges Projekt finanziell benötigt.
Um den progressiven Flügel zu befrieden und andere, den Demokraten nicht ganz unwichtige, politische Ziele doch noch zu erreichen, beschloss die Partei am vergangenen Mittwoch, im Rahmen einer Budgetfestlegung im Senat, die ansonsten im Senat vorgeschriebene 60 Stimmen-Mehrheit, und damit die Republikaner, zu umgehen.
Die Budgetfestlegung ist zwar kein Gesetz, ermöglicht allerdings immerhin 3,5 Billionen US-Dollar für solch hehre Ziele wie die Bekämpfung des Klimawandels, eine Reform der Immigrationspolitik und für universelle Vorschulbetreuung.
Bernie Sanders: Wieder an ein gerechtes Amerika glauben
Der Vorsitzende des Komitees und "progressive-leftist-poster-boy", Bernie Sanders, erklärte "ein solches Programm würde nicht nur Kindern, ihren Eltern und den Alten helfen, sondern auch den Menschen ermöglichen, wieder an ein Amerika zu glauben, dessen Regierung für alle und nicht nur für einige wenige arbeite".
Der republikanische Minderheitenführer Senator Mitch McConnell zeigte sich entsetzt über die Spendierfreudigkeit der Demokraten und mahnte, "das rücksichtslose Besteuern und die hohen Ausgaben werden wie ein Hammer auf die Mittelschichtsfamilien darnieder kommen".
Trotz dieser altbekannten republikanischen Skepsis gegenüber jeglicher Sozialpolitik und der Tendenz, sich stattdessen auf komplett widerlegte Modelle wie "trickle-down economics" zu stützen, hatte allerdings auch McConnell für den Infrastrukturplan gestimmt. Es sollte dem selbsternannten Sensenmann des Senats zugutegehalten werden, dass er sich durch diese Stimmabgabe gegen den Willen des Ex-Präsidenten und zukünftigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump durchzusetzte.
Vielleicht ist damit eine Art Präzedenzfall geschaffen, der es in Zukunft mehr Republikanerinnen erlaubt von der Linie Trumps abzuweichen. Besagter Ex-Präsident reagierte vorhersehbar und prompt mit persönlichen Angriffen auf Mitch McConnell.