USA: Anklage gegen Trump muss weiter warten

Bild: Weißes Haus

Die Aussagen seines Ex-Anwalts Michael Cohen stellen den Schwerpunkt "Lügen" des Systems Trump heraus; als belastbares Material für ein Impeachment-Verfahren reicht es nicht

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Parallel zum großen Friedenstreffen zwischen US-Präsident Trump und Nordkoreas Führer Kim Jong Un, das inzwischen gescheitert ist, dominierten Aussagen des früheren Trump-Anwalts Michael Cohen vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses die Nachrichten nicht nur in den US-Medien.

Die große Spannung lag darin, ob Michael Cohen, der zehn Jahre lang Anwalt Trumps war, etwas vor dem Ausschuss, dem House Oversight and Reform Committee, sagen könnte, das die Behauptung untermauert, wonach Trump vor seiner Wahl zum Präsidenten konspirativ und unerlaubt mit Russland zusammengearbeitet habe oder dass er auf eine andere Weise Grundlagen für ein Impeachment-Verfahren beisteuern könnte.

"Collusion"-Anklage: Erwartungen nicht erfüllt

Beide Erwartungen konnte Cohen nicht oder nur spärlich erfüllen. Zum Thema Konspiration mit Russland ("Collusion") gab Michael Cohen eine Aussage ab, die sogar Donald Trump freute. "Mr. Cohen sagte, er habe keine 'direkten Beweis, dass Mr. Trump oder sein Wahlkampfteam mit Russland gemeinsame Sache machte'", berichtet die New York Times: Deren Nachsatz, dass Mr. Cohen hinzufügte, er habe da so seinen Verdacht, ließ Trump in seiner Reaktion auf die Aussagen seines früheren Anwalts aus.

Auf der Pressekonferenz zum Treffen in Hanoi zeigte sich Trump beeindruckt, wenn auch nur in einem bestimmten Rahmen:

Und er log viel. Aber es war interessant, weil er bei einer Sache nicht log. Er sagte, es gebe keine collusion mit dem russischen Hoax (Anm. d. A. Trump nennt die Vorwürfe der konspirativen Zusammenarbeit "Russian hoax"). Und ich wundere mich darüber, warum er nicht auch dazu gelogen hat, wie er es über alles andere getan hat. Ich war beeindruckt, dass er nicht sagte, dass es eine konspirative Zusammenarbeit gab. Ich war offengesagt wirklich ein bisschen beeindruckt. So ist er nur zu 95 % statt zu 100 Prozent in diese Richtung gegangen. Tatsache ist, dass es diese Collusion nicht gibt und ich nenne das Hexenjagd. (…) Das ist schlecht für unser Land.

Donald Trump, Pressekonferenz in Hanoi

Tatsächlich kann man Trump den Vorwurf machen, dass seine Amtsführung zu 95 Prozent aus Auseinandersetzungen über Lügen, Lügenbehauptungen und Lügendementis besteht. Das ist problematisch, und er prägt dieses Gravitationszentrum der endlosen Diskussion darüber, was wahr oder fake ist, wie es dies in dieser beständigen Form bei keinem anderen Präsidenten zuvor gab. Typisch ist, dass er die Anhörung "fake hearing" nennt.

Das House Oversight and Reform Committee besteht aus 24 Demokraten und 18 Republikanern. Die Mehrheitsverhältnisse lagen also zuungunsten des Präsidenten. Dass die Anhörung genau an dem Tag angesetzt war, an dem er ein großes weltpolitisches Ereignis angesetzt hatte, das doch vor allem seinen Glanz polieren sollte, empörte ihn. Das ist nachvollziehbar, möglicherweise ein tit for tat der Demokraten gegenüber den nicht gerade astreinen Methoden des Donald Trump.

Ein beständiges Lügen

Das war laut den Berichten zur Anhörung Michael Cohens der Kern seiner Aussagen, der sich aufdrängte. Da aber auch Cohen in dieser Hinsicht sehr problematisch ist - er wurde der Lüge vor dem Kongress überführt und zu einer Haftstrafe verurteilt -, hatten es die Republikaner Mark Meadows und Jim Jordan nicht schwer, dessen Glaubwürdigkeit ("proven liar", ein "gerichtlich nachgewiesener Lügner") herunterzuspielen. So berichten es auch die New York Times oder The New Yorker, die beide keine Freunde des Trump-Lagers sind und dies in ihrer Berichterstattung auch zeigen.

Schweigegeld bezahlt

Als konkret unterlegte Anschuldigung wird nach einer mehrstündigen Befragung einzig das Schweigegeld, das an die Pornodarstellerin Stormy Daniels gezahlt wurde, aufgelistet. "Unterlegt" bezieht sich auf einen Scheck über 35.000 Dollar mit der markanten Unterschrift Trumps. Der ist auf Cohen ausgestellt. Nun steht da aber nicht "Schweigegeld" als Verwendungszweck. Insofern hängt auch die Beweiskraft dieses Dokuments von der Glaubwürdigkeit der Aussage Cohens ab.

Aber: Das Datum "erster August 2017" bestätigt aber immerhin, dass der Scheck zur Amtszeit Trumps ausgestellt wurde und es ist gut möglich, dass über andere Unterlagen nahegelegt wird, dass die 35.000 Dollar nicht als Honorar für nachgewiesene Aufträge verbucht sind. So gibt es verschiedentlich Stimmen, die den Scheck als Teil einer größeren Beweisführung sehen, die, so die Hoffnung der Trump-Gegner, zu einem Impeachment führen könnten.

Der Moskauer Trump-Tower und die Clinton-Mails

Ein weiteres Argument hierzu liefern die Anschuldigung Cohens, wonach Trump auch noch während seiner Amtszeit mit russischen Geschäftspartnern in Verhandlungen zum Trump-Tower in Moskau stand. Trump leugnet dies. Cohen müsste Beweise liefern.

Dies gilt auch für Cohens Behauptung, dass Trump kurz vor der Zusammenkunft der Demokratischen Partei im Wahlkampf 2016 über Lautsprecher einem Anruf zuhörte, bei dem sein Berater Roger J. Stone erzählte, dass er mit Julian Assange gesprochen habe, der einen massiven Leak von e-Mails ankündigte, der Hillary Clintons Wahlkampf schaden würde. Auch daraus könnten sich für Trump größere Schwierigkeiten ergeben, wenn sich die Aussage Cohens bestätigen lässt.

Trumps "Codes"

Einmal von der politischen Hauptstoßrichtung der Demokraten abgesehen, die sich bemühen, Trump und dessen Team über konspirative Verhältnisse zu Vertretern der russischen Regierung zu Fall zu bringen, wofür weiterhin Beweise ausstehen, ist das Anschauungsmaterial interessant, das Cohen aus seinen Erfahrungen der Zusammenarbeit mit Trump weitergibt.

Zwischen Januar und Juni 2016, so Cohen, fragte ihn Trump mindestens sechs Mal über die Vorschritte des Moskauer Projekts (der Trump-Turm, Anm. d. A.). Nachdem Trump dann jeden, sich selbst eingeschlossen, damit überraschte, dass er die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, "sagte er mir nicht direkt, dass ich den Kongress anlügen soll. So arbeitet er nicht … Er schaute mir in die Augen und sagte mir, dass es kein Geschäft in Russland gebe. Danach ging er nach draußen und belog die amerikanische Öffentlichkeit, in dem er das Gleiche sagte. Auf diese Weise bedeutete er mir, dass auch ich lügen soll".

The New Yorker

Dem Ausschuss erzählte Cohen, dass Trump seinen Leuten keine eindeutigen Befehle zum Lügen erteile. Stattdessen spreche er in "Codes". Wer in seiner Nähe sei, verstehe diese Codes dann, lässt er durchblicken.

Darüber hinaus hat Cohen nach seinen Aussagen geschätzt 500 Anweisungen im Verlauf seiner 10-jährigen Dienstzeit bei Trump bekommen, Personen mit Klagen und Ähnlichem zu bedrohen und einzuschüchtern.