USA: Justizminister Sessions darf kein Steuergeld für die Strafverfolgung von Marihuana-Patienten verschwenden
Eine überparteiliche Mehrheit verhindert im Senat den Versuch, die Gesetzgebung in den Bundesstaaten zu ignorieren
Im US-Senat hat eine deutliche überparteiliche Mehrheit republikanischer und demokratischer Senatoren Justizminister Jeff Sessions daran gehindert, sich bei der Strafverfolgung über die Marihuanagesetze der Bundesstaaten hinwegzusetzen. Die Senatoren bestätigten am Donnerstag das so genannte Rohrabacher-Blumenauer-Amendment von 2014, dass es dem US-Bundesjustizministerium verbietet, Mittel für die Strafverfolgung von Personen einzusetzen, die Marihuana als Arznei verkaufen oder einnehmen und in den 29 der insgesamt 50 US-Bundesstaaten leben, die das erlaubt haben.
Dieses Anliegen hatte der Kongress im Mai schon einmal zurückgewiesen, aber Sessions hatte noch einmal einen Versuch unternommen und argumentiert, die Gesetze der Staaten würden die Drogenpolitik der Bundesregierung unterminieren. Dabei argumentierte er mit 33.000 Opioidtoten 2015, konnte aber nicht widerlegen, dass neue Forschungsergebnisse nahe legen, dass ein legales Marihuana-Angebot den Missbrauch von Opiaten eher verringert als fördert.
Persönliche Niederlage des Justizministers
Tom Angell, der Vorsitzende der Organisation Marijuana Majority, wertete das sehr klare Votum im Daily Caller nicht nur als Zeichen gegen eine Rückkehr der "Reefer-Madness"-Hysterie, sondern auch als persönliche Niederlage des Justizministers, der entgegen der Mehrheitsmeinungen in den Bundesstaaten und entgegen des von Präsident Trump im Wahlkampf erweckten Eindrucks einen persönlich motivierten Kreuzzug gegen Marihuana führen wolle.
Trump hatte sich in den Tagen davor gleich mehrfach öffentlich negativ über Sessions geäußert - allerdings ohne auf dessen Marihuana-Kreuzzug einzugehen. Der New York Times sagte der Präsident beispielsweise, er sei "sehr enttäuscht" gewesen, dass Sessions die Ermittlungszuständigkeit zu eventuell illegalen Russlandkontakten auf einen Sonderermittler abschob. Hätte er das vorher gewusst, so Trump, dann wäre Sessions gar nicht sein Justizminister geworden. Auf Twitter nannte er ihn "SEHR schwach" und "mitgenommen" - und auf die Reporterfrage, ob er ihn durch einen anderen Politiker ersetzen wolle, dementierte Trump das nicht, sondern meinte lediglich, das werde "die Zeit zeigen".
Gut vernetzt
US-Medien wie CNN mutmaßen, dass Trump seinen Justizminister mit solchen Äußerungen so lange mobben will, bis dieser von selber seinen Hut nimmt. Denn erstens sähe es nicht gut aus, wenn Trump nach der Entlassung von James Comey, Sean Spicer und Reince Preibus schon wieder jemanden feuert. Zweitens hat Sessions, der 20 Jahre lang im Senats saß, trotz seiner Niederlage im Marihuana-Kreuzzug immer noch viele Freunde im republikanischen Establishment - darunter auch Mehrheitsführer Mitch McConnell, der ihm öffentlich den Rücken stärkte, und Neocons wie Lindsey Graham, die eher darauf aus sind, Trump loszuwerden oder ihm zu schaden, indem sie die Bestätigung eines neuen Justizministers im Kongress blockieren. Und drittens gilt Sessions in der Administration als Schützling von Steve Bannon, was auch ein Grund dafür sein dürfte, dass Breitbart über den Justizminister weiterhin eher wohlwollend berichtet.
Das weiß auch Sessions selbst, der meint, er habe "keinerlei Absicht", seinen Hut zu nehmen. Vermutlich auch als versöhnliche Geste an den Präsidenten kündigte er stattdessen Fox News und der Washington Post an, die von Trump mehrfach geforderte Untersuchung von undichten Stellen im Weißen Haus und in den Ministerien und Behörden in Angriff zu nehmen. Das werde insbesondere die Weitergabe von als vertraulich eingestuftem Geheimdienstmaterial betreffen. Dazu, wer die Verdächtigen sein werden, gab Trumps neuer Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci gestern einen deutlichen Hinweis: "Überbleibsel aus der Zeit von Präsident Barack Obama".
Scaramucci, der kurz vor der Trennung von seiner Ehefrau stehen soll, brachte sich wenige Tage nach seiner Ernennung allerdings auch selbst in Verlegenheit, weil er einem Reporter des New Yorker nicht nur offenbarte, dass er Trumps kurz darauf entlassenen Stabsschef Reince Priebus für einen "scheißparanoiden Schizophrenen" hält, sondern auch sagte: "Ich bin nicht Steve Bannon. Ich versuche nicht, meinen eigenen Schwanz zu lutschen."