USA/Russland: Sessions wehrt sich gegen Konspirationsvorwürfe
Der US-Justizminister bestreitet Absprachen mit Moskau und spricht von "abscheulichen Lügen"
Es geht bei der "Russland-Affäre" in den USA nicht so sehr um Fakten, sondern um die Anklage und die Unsicherheit, die sie in der Öffentlichkeit stiftet. Das Verhältnis zwischen der Trump-Regierung und Russland bietet durch die Vorwürfe leicht nutzbare Angriffsflächen, so lange nicht geklärt ist, wie sicherheitspolitisch bedenklich die Beziehungen Trumps und seiner Regierungsmitarbeiter zu Moskau tatsächlich sind.
Dass es Fakten gäbe, wird nur angedeutet: Der ehemalige FBI-Chef Comey sprach bei seiner Anhörung am 8. Mai vor dem Geheimdienstausschuss des Senats davon, es sei "so un-faked, wie nur irgend möglich", dass russische Hacker in amerikanische Netze eingedrungen seien und damit die Wahl 2016 beeinflusst hätten. Der Öffentlichkeit wollte er allerdings nicht verraten, wie die Beweislage dazu aussieht. Zu laufenden Ermittlungen könne er sich nicht äußern.
Comey bezichtigte bei seinem Auftritt den amtierenden Präsidenten Trump der "Lüge", ein Vorwurf, der seit dem Wahlkampf mit Trump verknüpft wird und den Medien gerne aufnehmen. Umso mehr als den großen wie New York Times oder Washington Post seinerseits Trump vorgeworfen wird, dass sie nur Fake News also Lügengeschichten über ihn verbreiten. Die handfeste Anklage in dem "Drama", die konkret justiziable Mechanismen in Gang setzen würde, wäre die der Verhinderung von Ermittlungen der Justiz ("Obstruction of Justice").
Ob Trump die dafür notwendigen Bedingungen erfüllt, bleibt offen. Comey zitierte Trump mit der Aussage, wonach der Präsident hoffe, dass der seinerzeitige FBI-Chef die Ermittlungen gegen Michael T. Flynn fallen lasse. Die Bewertung dieser Aussage ist Gegenstand vieler über Medien ausgetragenen Debatten und Gegendarstellungen vonseiten des Trump-Lagers, aber bislang ergab sich daraus nichts, das relevant und hinreichend genug wäre, dass ein Verfahren gegen Trump eingeleitet wird.
Keine relevanten faktischen Erkenntnisse
Auch der Auftritt des Justizministers (auch: Attorney General) Jeff Sessions vor dem Geheimdienstausschuss des Senats am gestrigen Dienstag setzte das politische Theater fort und führte zu keinen wesentlichen faktischen Erkenntnissen.
Es ist, so der Eindruck, für Medienarbeiter, die lieber der Stimmung nachspüren und das Drama hier und dort befeuern, lohnender sich mit spektakulären Aussagen und Auftritts-Events zu beschäftigen, als nüchternen Fakten der Anklage nachzugehen. Dazu lieferte auch Sessions Anhörung nur dünnes Material.
Allerdings hatte auch der Justizminister ein Schlagzeilen- und Kino-Statement parat: Es sei "eine widerwärtige und verabscheuungswürdige Lüge", dass man ihn verdächtige, heimlich mit Russland zusammengearbeitet zu haben. Zugleich verurteilte er Einmischungen von russischer Seite. Es sei "inakzeptabel", dass Russland sich durch Hacker oder Geheimdienste in die Wahl eingemischt habe.
Comey hatte bei seinem Auftritt angedeutet, dass es etwas "Problematisches" um die Kontakte von Sessions zu Russland gebe. Deswegen wurde Sessions angehört. Es geht dabei um das zweite Gegenstandsfeld der "Russland-Affäre". Das eine beschäftigt sich mit den Hacker-Angriffen, hinter denen laut Comey, die russische Regierung stehen soll. Das zweite hat illegale Kollusion zur Überschrift, ein Zusammenspiel mit konspirativem Anstrich. Darum ging es bei Sessions Auftritt.
Für die Sicherheit der USA gefährliche Treffen?
Der Vorwurf, um den es in der Anhörung ging, ist nicht gerade dick auftragen. Er lebt hauptsächlich davon, dass Sessions, wie die Washington Post ausführt, nicht über seine Treffen mit dem russischen Botschafter Kisljak berichtet hatte. So entstand der irreführende Eindruck, dass es gar keine solche Treffen gab. Dann aber gab Sessions - vor der Anhörung - zu, dass es doch zwei Treffen gab und in den letzten Tagen schwirrten Medienberichte herum, die sogar von einem dritten Treffen schrieben.
Sessions betonte bei seiner Anhörung, dass die Treffen immer in einem größeren Rahmen stattfanden in Anwesenheit von Mitarbeitern, was dem Ganzen die konspirative Note nimmt. Darüber hinaus stellt sich die Frage, was am Gespräch eines US-Senators, der Sessions zur fraglichen Zeit war, mit einem russischen Botschafter so verfänglich sein soll, dass dies eine für die Sicherheit der USA kritische Situation sein soll. Zumal die Treffen zwischen Sessions und Kisljak nach bisherigem Erkenntnis stand nicht als Zweier-Treffen hinter verschlossenen Türen stattfanden.
Allerdings spielte Sessions im Wahlkampf von Trump eine wichtige Rolle und er verhielt sich nach Auffassung von liberalen Medien gestern so verschwiegen bei Vorwürfen gegenüber Trump - zu dessen ersten Unterstützern er gehörte - und so erinnerungsschwach bei bohrenden Fragen nach Details, dass Verdachtsmomente gegen ihn weiterleben, wie dies auch aus dem Bericht der New York Times hervorgeht.
Der Schlussvorhang zu diesem innenpolitischen Schauspiel ist also längst nicht gefallen. Mit dem Druck, der über die russische Affäre auf die Trump-Administration ausgeübt wird, können Demokraten, aber auch manche Republikaner gut leben. Sessions Auftritt hat daran nichts geändert.