Über 2 Millionen Häftlinge
Jeder 143. Einwohner der USA hinter Gittern
Die Zahl der Strafgefangenen in US-Gefängnissen hat sich nach Angaben der Statistikabteilung des amerikanischen Justizministeriums im letzten Jahr um 2,6% auf 2.166.260 erhöht.
Nach der am Sonntag veröffentlichten Mitteilung der Statistiker Paige M. Harrison und Allen J. Beck des US-Justizministeriums erreichte das durchschnittliche jährliche Wachstum der Gefangenenzahlen damit einen neuen Höchststand seit 1999 und ist allein doppelt so groß wie noch im Vorjahr (1,1%). Über das Jahr gerechnet konnte man 2002 jede Woche etwa 700 Neuinhaftierte zählen.
Ein zentraler Indikator ist die Inhaftierungsrate, die misst, wie viele Verurteilte mit Gefängnisstrafen von über einem Jahr auf 100.000 Einwohner der USA kommen. Diese Maßzahl ist von 411 im Jahr 1995 auf 476 im Jahr 2002 angestiegen. Hier lassen sich jedoch starke regionale Unterschiede erkennen. Während in Louisiana und Mississippi deutlich mehr als 700 Strafgefangene auf jeweils 100.000 Einwohner kommen, sind es in Maine und Minnesota nur 141.
Auf die Gesamtbevölkerung der USA bezogen, ergeben diese Zahlen einen Gefangenen auf jeweils 143 Einwohner. In Deutschland war nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Anfang 2002 nur jeder 1.357. Einwohner inhaftiert.
Die Statistiker des Justizministeriums beziehen sich gelegentlich auf unterschiedliche Grundgesamtheiten. Die Gesamtzahl von 2.166.260 umfasst alle Menschen, die hinter Gittern sind, während das Verhältnis 1 Gefangener auf 143 Einwohner folgende Institutionen ausschließt:
- Gefängnisse in: Virgin Islands, Puerto Rico, US-Samoa, Guam, Mariana Islands
- Einrichtungen der Einwanderungs- und Zollbehörden
- Militäreinrichtungen
- Gefängnisse in Indianergebieten
- Jugendeinrichtungen
Zieht man das alles ab, bleiben 2.033.331 Gefangene, das sind dann recht genau 1 von 143. Das Verhältnis ist also eigentlich noch geschönt.
Differenziert man bei den Gefangenen zwischen Männern und Frauen, dann ist in den USA jeder 110. Mann, aber nur jede 1.656. Frau in Gefängnissen eingesperrt. Obwohl weibliche Gefangene nur 6,8% der gesamten Gefängnisbevölkerung ausmachen, ist ihre Zahl seit 1995 um 42% gestiegen - die Zahl der männlichen Gefangenen jedoch nur um 27%. Stark überrepräsentiert sind männliche Gefangene mit schwarzer Hautfarbe. 10,4% der 25- bis 29-jährigen männlichen Schwarzen saßen 2002 hinter Gittern, vergleichen mit nur 1,2% der weißen und 2,4% der lateinamerikanischen jungen Männer.
Betrachtet man die Vergehen, die den Verurteilungen zugrunde liegen, dann saßen im Jahr 2001 49,3% wegen Gewaltdelikten im Gefängnis, 1995 waren es erst 46,5%. Der Anteil von Eigentumsdelikten ist dagegen von 22,9% auf 19,3% gesunken. Auch Drogendelikten machen nur noch 20,5% der Verurteilten aus, im Vergleich zu noch 21,5% im Jahr 1995. Gestiegen ist dagegen der Anteil der Vergehen gegen die öffentliche Ordnung von 8,7% auf 10,8%.
Der Bericht weist zudem auf eine deutliche Überbelastung der Gefängnisse hin. In den Gefängnissen von 25 Bundesstaaten sitzen zwischen einem und 16% mehr Gefangene ein als vorgesehen - in den Bundesgefängnissen sogar ein Drittel.
Paradoxerweise wurde dieser deutliche Anstieg der US-Gefängnisbevölkerung im Jahr 2002 begleitet von einer sinkenden Kriminalitätsrate. In einem vorläufigen Bericht vom 16. Juni sprach das FBI von einem Rückgang des Kriminalitätsindex um 0,2%. Mit 1,4% noch deutlicher gesunken ist der Index der Gewaltverbrechen, während der Index für Eigentumsdelikte ungefähr gleich geblieben ist.
Die USA (286 Millionen Einwohner) haben damit die meisten Gefängnisinsassen - absolut und pro Kopf. In China mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden gibt es über 1,4 Millionen Häftlinge, in Russland mit einer Bevölkerung von 144 Millionen über 900.000.