Über Medienvertrauen und Friedensberichterstattung

Seite 3: Und dann doch: Eine Antwort der Intendantin

War es das Gerhard-Schöne-Zitat? Oder der Bezug auf die kritische Reuters-Oxford-Studie? Oder einfach Zufall? Schon einen Tag später erhielt ich per Mail endlich eine Antwort der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, sogar mit explizitem Bezug auf mein Schreiben noch vom Vorabend. Es kann also auch schnell gehen.

Die wichtigsten Stellen des von der Intendantin unterzeichneten Schreibens fasse ich hier zusammen: Sie bedanke sich für meine mehrfachen Schreiben. Allerdings täusche mein Eindruck, denn die aktuellen Redaktionen hätten den Protestzug "durchaus auf dem Schirm gehabt und sich auch nachrichtlich damit befasst", zum Beispiel in mehreren Radionachrichten-Beiträgen und auch in einem kurzen Nachrichtenbeitrag in der RBB-TV-Abendschau.

Nicht berichtet habe "allerdings rbb/24 Digital, weder im Web noch auf den Social-Kanälen. Das hat die Redaktion inzwischen selbstkritisch diskutiert". Trotz meiner Wahrnehmung hoffe sie, dass ich den Angeboten des RBB weiterhin gewogen bleibe.

Warum nicht gleich so oder ähnlich? Diese Antwort der Intendantin kommt spät - aber besser spät als nie. Und in der Tat hat sie eine andere "Wahrnehmung" als ich, der ich, wie anfangs erwähnt, spätabends nach auch nur irgendeiner Spur der Protest-Berichterstattung im umfangreichen RBB-Digitalangebot suchte und leider so gar nichts finden konnte.

Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen deuten auf ein Strukturproblem wohl nicht nur des RBB hin: Die synchrone Nutzung in Radio und TV nimmt ab, vor allem bei Jüngeren – daher sollten alle relevanten Inhalte gerade der Öffentlich-Rechtlichen, ob Text, Audio oder Video, per Online-Angebot/per Mediathek vom Publikum jederzeit genutzt werden können.

Das Fehlen jeglichen Protest-Beitrages im Netz ist umso fragwürdiger, da ja anscheinend verschiedene Beiträge in Radio und TV gelaufen waren. Also das Material vorlag und "nur" hätte online eingebaut und verlinkt werden müssen. Vernetztes und plattformübergreifendes Agieren der Redaktionen desselben Hauses sollte eigentlich selbstverständlich sein. Wie ein so wichtiges Thema einfach und komplett "verloren" gehen kann auf dem Weg ins "Internet", bleibt (mir) ein Rätsel.

MDR-Rundfunkrat Heiko Hilker äußert sich auf die Frage, inwieweit wir (so Vorschläge u.a. des kritischen Medien- und Kommunikationswissenschaftlers Christian Fuchs von der Westminster University in London) ein "öffentlich-rechtliches Internet" bräuchten, wenn es der RBB nicht einmal schafft, eigene Audios und Videos und Texte in seinem Online-Angebot/seiner Mediathek aufzubereiten - siehe das aktuelle Beispiel:

Es ist ja nicht der rbb allein, der es nicht schafft, dafür zu sorgen, dass man seine Radio- und Fernsehinhalte auch online findet. Ein wesentlicher Mehrwert der Mediatheken, die Archivfunktion, wird nicht voll genutzt. Das liegt u.a. daran, dass die Sender sich mit den Streaminganbietern vergleichen und diese als Konkurrenten sehen.

So werden mittlerweile Millionen Euro ausgegeben, um neue Inhalte für die Mediatheken zu produzieren. Dadurch soll jüngeres Publikum gewonnen werden. Da die Radio- und Fernsehinhalte zum Teil für "Ältere" sind, sperrt man sich zum Teil in den Redaktionen dagegen, diese online abzubilden.

Ich halte das für einen Fehler. Gerade das Netz bietet die Möglichkeit, dass man alle öffentlich-rechtlichen Inhalte auch finden kann. Es gibt keinen Grund mehr, etwas nur zu "versenden". Warum sollte etwas ausgestrahlt werden, was es nicht wert ist, online abgebildet zu werden?

Für netzgerechtes Arbeiten bräuchte man, denke ich, übrigens wohl nicht einmal ein neues Digitales Medienhaus, um dessen geplanten und derzeit "auf Eis gelegten" Bau samt mutmaßlicher Kostenexplosion und Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergaben und Beraterverträgen sich derzeit ein Großteil der Kritik am RBB dreht.

Was lässt sich daraus lernen? Oft hängen die scheinbar großen und scheinbar kleinen Probleme doch enger zusammen, als es zunächst den Eindruck macht. Und gerade "unsere" öffentlich-rechtlichen Medien bedürfen unserer kritischen und geduldigen Begleitung. So wie sie sind, müssen sie ja nicht bleiben. Sie könnten/sollten besser werden, im Sinne gelingender gesellschaftlicher Kommunikation. Oder wie es Bertolt Brecht 1934 in seinem "Lob der Dialektik" formulierte: "So, wie es ist, bleibt es nicht." Bleiben wir gemeinsam dran!