Überleben im Anthropozän: Füchse erobern die Städte
- Überleben im Anthropozän: Füchse erobern die Städte
- Auf dem Land ist ein Fuchsleben ungleich härter
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Während natürliche Lebensräume in freier Natur schrumpfen, finden Fuchsfamilien in Großstädten neue Refugien
Sie laufen durch Vorgärten, plündern Abfallsäcke und verteilen die Inhalte in den Gärten. Schon immer hielten sich Füchse in der Nähe der Menschen auf. Als echte Kulturfolger haben sie sich ihnen im Laufe der Jahrhunderte immer besser angepasst. Die Zahl der Füchse in den Städten wächst stetig - nicht zuletzt wegen des reichhaltigen Nahrungsangebotes. Wurden Füchse früher von Hühnern und Kaninchen auf die Bauernhöfe gelockt, so sind es heute Mäuse und Ratten, die sie in die Städte locken. Allein in Berlin gibt es schätzungsweise acht Millionen der begehrten Nagetiere.
Daneben verzehren die Allesfresser Kaninchen, aber auch überfahrene Eichhörnchen - und vor allem weggeworfene Essensreste. Nicht zuletzt deshalb werden Stadtfüchse auch als "Gesundheitspolizisten" geschätzt. Von Jägern droht ihnen keine Gefahr, denn innerhalb von Wohnsiedlungen und Parkanlagen ist die Bejagung von Wildtieren, das Aufstellen von Fallen, aber auch das Füttern verboten. Ein zielgerichtetes Handeln der Behörden erfolge erst dann, wenn von Wildtieren eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, heißt es in einem Infoblatt des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) Nichtsdestotrotz werden sie häufiger von Haustieren wie Katzen und Hunden vertrieben.
Vor allem in der Nacht und in der Dämmerung aktiv, ziehen sich Stadtfüchse tagsüber in ihre Verstecke zurück. In Zürich zum Beispiel leben schätzungsweise tausend Füchse - teilweise in naturnahen Fuchsbauen im Grünen. Nachts schleichen sie auf der Such nach Futter durch die Gärten. Laufen sie einem über den Weg, darf man sie beobachten, erklärt Wildhüter Fabian Kern gegenüber dem Schweizer Fernsehen. Allerdings rät der Experte davon ab, ihnen hinterher zu laufen, sie zu streicheln oder gar zu füttern. Denn dann gewöhnen sich die Tiere an die Menschen, und sie werden immer aufdringlicher.
Dennoch sind Stadtfüchse Gefahren ausgesetzt, wenn auch anderen, als ihren Artgenossen auf dem Lande. Eine der Haupttodesursachen ist der Straßenverkehr. Allein ein Viertel aller Füchse, die dem Verkehr zum Opfer fallen, sterben im Januar auf den Straßen. Denn im Winter spielen die Füchse gerne im Schnee, und das lässt sie unvorsichtig werden. Haben sie einmal gelernt, die Gefahren des Straßenverkehrs richtig einzuschätzen, können sie bis zu sieben Jahre alt werden.
Im Berliner Regierungsviertel sind Fuchsbaue von einem Netz von Fuchspfaden umgeben, die mit mehreren Ein- und Ausgängen ausgestattet sind und als Versorgungwege genutzt werden. Die Paarungszeit beginnt im Dezember. Ab diesem Zeitpunkt sind die Männchen fast drei Monate lang auf Partnersuche. Die Fähen sind nur zwei bis drei Tage im Jahr empfängnisbereit, wobei sie durch spezielles "Bellen" auf sich aufmerksam machen. Um Energie zu sparen, geht die Clanchefin in dieser Zeit kaum auf Futtersuche. Nach 50 Tagen Tragezeit bekommt die Füchsin Anfang März ihre Jungen.
Rangniedere Füchse helfen dann bei der Versorgung des Wurfes. Wenn die Welpen in den ersten warmen Apriltagen aus ihren Verstecken hüpfen, haben sie den ersten Fellwechsel schon hinter sich und bekommen ihre Milchzähne. Wo sie nicht gejagt werden, leben Füchse eher monogam. Oft spielen auch die Väter mit den Welpen. Der intensive Körperkontakt dient unter anderem dazu, Parasiten im Fell aufzuspüren. Die Mutter säugt ihre Jungen zwei bis drei Monate lang, und zwar auch noch dann, wenn sie feste Nahrung bekommen.
Im Herbst drohen Jungfüchsen viele Gefahren
Im Mai fühlen sich die jungen Füchse von urbanen künstlichen Lichtquellen magisch angezogen. So kreisen hunderte Maikäfer um die Straßenlaternen, bis sie erschöpft zu Boden fallen und nicht nur für junge Füchse ein gefundenes Fressen sind. Mit Beginn des Herbstes werden die vier bis fünf Monate alten Jungfüchse von ihren Eltern aus dem gemeinsamen Revier vertrieben. Dann müssen die jungen Rotfüchse lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ausgehungert nehmen sie Katzenfutter oder Essensreste an, das Anwohner ihnen hinstellen. Lange haben das die Fuchseltern toleriert, inzwischen verscheuchen sie die Jungtiere, sobald sie sie in den Gärten ertappen.
Für die meisten Jungfüchse ist es kein Problem, ein eigenes Revier zu finden. Denn immer sterben auch Tiere im Straßenverkehr oder an Krankheiten, so dass neue Reviere für den Nachwuchs frei werden. In der Zeit von September bis November werden viele Jungfüchse bei der Suche nach einem neuen Revier überfahren. Gelingt es ihnen, den Herbst und Winter zu überleben, können sie bis zu sieben Jahre alt werden.
Im Oktober wächst die Zahl der Füchse in den Städten. Dem Wildtierbeauftragten Derk Ehlert zu Folge gab es in Berlin im Oktober 2020 rund 1.400 Reviere mit etwa 1.700 Füchsen, darunter Einzelgänger, Mutter-Tochter-Gruppen, Familien mit und ohne Rüden, aber auch nur Rüden-Gemeinschaften.
Typische Fuchskrankheiten wie Tollwut wurden in Berlin seit gut 20 Jahren nicht mehr nachgewiesen. Auch der Fuchsbandwurm hat so gut wie keine Bedeutung. Dennoch sollte man Kontakte zu zutraulichen Füchsen meiden und tote Füchse keinesfalls mit bloßen Händen anfassen. Hunde- oder Katzenfutter oder Essensreste sollten entfernt, Mülltonnen geschlossen und Müllplätze sauber gehalten werden, heißt es im Infoblatt des NABU.
Wer einen Fuchsbau findet oder ein Tier beim Graben beobachtet, sollte es vertreiben oder den Bau unzugänglich machen, es sei denn, es befinden sich Junge darin. Denn Fuchsfamilien, die in Gärten oder Parkanlagen ihre Jungen aufziehen, dürfen in der Zeit von März bis Juni nicht gestört werden.
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