Ukraine-Flüchtlinge: Vorübergehende Zuflucht oder dauerhafte Bleibe?
Wer entscheidet? Problem: Debatte über Flüchtlinge und über Zuwanderung wird vermischt. Gute Bedingungen für alle Seiten müssen jedoch offen und genau ausgehandelt werden.
Es war nur eine kleine Meldung in der Tageszeitung: Viele Ukraine-Flüchtlinge wollen länger oder für immer in Deutschland bleiben. In einer Befragung sagten zwar 71 Prozent, sie wollten nicht ewig an ihrem derzeitigen Zufluchtsort bleiben, aber nur 31 Prozent geben an, nach Kriegsende in die Ukraine zurückkehren zu wollen.
Die meisten wollen noch einige Jahre (15 Prozent) oder für immer (29 Prozent) in Deutschland bleiben (ausführlich z.B. bei der Deutschen Welle).
Dem stand in derselben Zeitung am Folgetag ein langer Bericht über den "einsamen Protest gegen den Protest" gegen den Bau von Flüchtlingsunterkünften im 500 Einwohner zählenden Dorf Upahl (Mecklenburg-Vorpommern) gegenüber. Eine redaktionelle Verbindung zwischen beiden Befunden gibt es nicht, auch nicht im Kommentar.
Dabei sind es doch grundverschiedene Dinge, ob eine Wohnbevölkerung vorübergehend anderen Menschen Schutz vor Lebens- und Gesundheitsbedrohungen bieten oder dauerhafte Zuwanderung ermöglichen will - bzw. sollte.
Undifferenziertheit
Es gehört zu den großen Schwächen im Journalismus, an dieser Stelle schon lange auf Differenzierung zu verzichten. Asylsuchende (politische Verfolgung), Kriegs- und Katastrophenflüchtlinge, ausländische Fachkräfte und Studenten (aus Nicht-EU-Ländern) werden summarisch und ohne Ansehen ihres behördlichen "Aufenthaltsstatus" als "Migranten" oder "Menschen mit Migrationshintergrund" bezeichnet.
Da auch bei der Forderung nach Integration kein Unterschied gemacht wird, soll es den Eingereisten überlassen sein, wie lange sie bleiben.
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Mit dieser Undifferenziertheit wird jede kritische Anmerkung zur Zuzugsdebatte als fremdenfeindlich geframed und nicht zuletzt mit Verweis auf eine ökonomische Notwendigkeit von Einwanderung ins geburtenschwache Deutschland als weltfremd abgetan.
Demokratische Diskussion
Dabei kann man gerade mit Blick auf die Verfolgten, aber auch aus anderen Gründen existenziell Bedrohten dieser Welt mit gutem Recht eine demokratische Diskussion über vorübergehende Zuflucht und dauerhafte Bleibe führen.
Denn dass Deutschland nicht jeden aufnehmen kann, der sich hier - nach seinen derzeitigen Vorstellungen - gerne dauerhaft niederlassen möchte, dürfte nicht nur rein mathematisch jedem einleuchten.
Erstaunlicherweise besteht große Übereinkunft in der Bevölkerung, was die Zuzugsbegrenzung in die eigene Wohnung betrifft. Nur wenige verzichten auf eine geschlossene Wohnungstür und lassen sie stattdessen mit einem "Refugees Welcome"-Schild für jeden offenstehen.
Selbst in vielen von ihren Mietern als links-grün verstandenen Wohnblocks der Großstädte wird die Haustür abends abgeschlossen, auf dass sich kein Obdachloser im Treppenhaus niederlegt oder gar noch seine Notdurft dort verrichtet (mehrfache eigene Beobachtung). Wenn es konkret wird, soll sich "der Staat" kümmern.
Die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen dürfte in Deutschland groß sein, spätestens wenn es persönlich wird und statt abstrakter Zahlen (und behördlicher Planungen) Menschen erscheinen. Aber es darf nicht nur, es muss ausgehandelt werden, welche Bedingungen dafür gelten und welche eben durchaus unterschiedlichen Perspektiven es für einzelne gibt.
Dabei wird es dann kaum auf ein parteipolitisches Rechts-Links-Schema ankommen. Sondern auf die Aushandlung, wer was von wem warum und wozu möchte.