Ukraine: So könnte der Wiederaufbau finanziert werden

Westliche Ökonomen empfehlen Enteignungen und zusätzliche Steuern in Europa. Hunderte Milliarden Euro werden benötigt.

Der Krieg in der Ukraine ist teuer, nicht nur für Russland und für die Ukraine, sondern auch für die westlichen Unterstützer der Ukraine. Damit sind nicht die Kosten gemeint, die der westlichen Wirtschaft durch die eigenen Sanktionen entstehen, und es sind auch nicht die Kosten der Waffenlieferungen gemeint.

Nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj benötigt sein Land rund sieben Milliarden US-Dollar (rund 6,5 Milliarden Euro) pro Monat, um die eigenen wirtschaftlichen Verluste auszugleichen. Zudem werde die Ukraine "Hunderte Milliarden Dollar brauchen, um später wieder alles aufzubauen", sagte Selenskyj am Donnerstag bei einer Videokonferenz der Weltbank in Washington.

Premierminister Denys Schmyhal sagte bei dieser Geberkonferenz, die Ukraine brauche mit Blick auf die kommenden Monate jeweils rund vier bis fünf Milliarden US-Dollar externe Unterstützung.

Diese Summe war schon am Mittwoch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) verbreitet worden. Laut Reuters hatte IWF-Chefin Kristalina Georgieva gesagt, die Ukraine brauche voraussichtlich fünf Milliarden Euro pro Monat, um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Vorerst für drei Monate. Sollte sich der Krieg aber in die Länge ziehen, ist von einem höheren Finanzbedarf anzugehen.

Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) mahnte jetzt Georgieva, dass keine Kredite als Hilfen vergeben würden, sondern direkte Hilfen. Mehr Schulden anzuhäufen, sei aktuell "nicht weise", weil es dann später zu einer Restrukturierung der Schulden kommen müsse.

Wie der Wiederaufbau des Landes zu finanzieren ist, darüber machen sich Ökonomen bereits Gedanken. Das Handelsblatt berichtete in seiner Ausgabe von Freitag darüber. So gehe das Centre für Economic Policy Research (CEPR), ein Netz von rund 1.600 forschenden Ökonomen, davon aus, dass in dem Krieg bislang zwischen 30 und 60 Prozent der Produktionskapazitäten beschädigt oder zerstört wurden.

Energiesteuern und Enteignung von "Oligarchen"

Der ukrainischen Regierung geht das Geld zunehmend aus, wurde demnach auch bei einer Videokonferenz des CEPR deutlich. Für Löhne und Sozialleistungen brauche die Regierung monatlich einen einstelligen Milliardenbetrag. Ob dieser identisch ist mit den Summen, die von Selenkyj oder dem IWF genannt wurden, wurde in dem Bericht nicht erwähnt.

Dass das Land schnell wieder wirtschaftlich auf die Beine kommt, davon ist nicht auszugehen. Unternehmen können kaum noch Waren exportieren, was vor dem Krieg über die Häfen von Odessa oder Mariupol abgewickelt wurde. Und ohne funktionierende Wirtschaft sprudeln auch die Steuereinnahmen nicht.

Die Ökonomen vom CEPR sind deshalb der Meinung, andere Länder müssten den Wiederaufbau finanzieren. So schlagen sie vor, die Europäische Union könnte russische Energieexporte besteuern und diese Einnahmen dann der Ukraine überlassen.

Ein anderer Vorschlag ist dagegen brisanter. So schlagen die Ökonomen vor, die russischen Gelder, die von den westlichen Staaten eingefroren wurden, im Prinzip zu enteignen und in die Infrastruktur der Ukraine zu investieren. Dabei soll es sich um die Gelder des russischen Staates handeln, aber auch die eingefrorenen Privatvermögen der sogenannten Oligarchen. Überwacht werden soll der Wiederaufbau von einer speziellen Agentur, denn dem ukrainischen Staat traut man nicht recht über den Weg: Die Korruption sei eine Gefahr, heißt es in dem Bericht.

Es bleiben nur zwei Probleme. Die russische Regierung wird das nicht einfach dulden und wird entsprechend reagieren. Und dann würden die westlichen Staaten den Präzedenzfall für willkürliche Enteignungen schaffen. Ob das nicht bei den Reichen im Westen auf Widerstand stößt?

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.