Ukrainekrieg: Unerhörte Stimmen aus der Bundeswehr
Seite 3: Schnappatmung und brusttrommelnde Überheblichkeit
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Sollte es tatsächlich zu einem kalten oder gar heißen Krieg mit Russland um die Ukraine kommen, so lässt sich bereits jetzt feststellen, dass der Westen -ungeachtet der von Moskau betriebenen militärischen Eskalation- einen erklecklichen Teil dazu beigetragen hat.
Bernd Greiner, "Alleintäter Russland": Wie man Feuer mit Benzin löscht
So beginnt der Beitrag des Hamburger Politik-Professors Bernd Greiner, der auch Leiter eines "Berliner Kollegs Kalter Krieg" ist. Konkreter als Pradetto verweist Greiner auf die Realistische Schule und ihre Warnungen vor der aktuell auf die Spitze getriebenen Nato-Expansionspolitik:9
"George F. Kennan, der große alte Mann amerikanischer Nachkriegsdiplomatie, geißelte die geplante Ost-Erweiterung der Nato bereits 1997 als einen schicksalhaften Fehler… John Mearsheimer, der wohl bekannteste Vertreter der 'realistischen Schule'… sieht… die gegenwärtige Zuspitzung auch als 'direkte Folge der närrischen Entscheidung der USA und ihrer Verbündeten, die Ukraine in die Nato bringen zu wollen'."
Greiner und kritisiert vor diesem Hintergrund unsere Medien, denen neuerdings russische Sicherheitsinteressen nur noch als "Petitesse" gelten. Er fordert einen anderen Umgang mit Russland, denn er attestiert dem deutschen Mediendiskurs zu Russland unter anderem "geschichtsvergessene Arroganz", "das Verdrängen nüchterner Analyse durch Küchenpsychologie" (bzgl. Putins Paranoia und Expansionsgelüsten), "brusttrommelnde Überheblichkeit" und "reflexhafte Schnappatmung" durch "Intellektuelle, die… kraftmeiernd im Schützengraben ihren Ort gefunden haben"10
Diese Kritik scheint kaum übermäßig polemisch angesichts dessen, was man seit Kriegsausbruch von Politik und Medien in Deutschland zu hören bekam. Auch die hier zitierten Blätter haben nicht nur Nato-Kritikern, sondern auch, nach Auffassung des Autors, ausgesprochenem Bellizismus, etwa jenem von Herfried Münkler, viele Seiten zur Feier der Überlegenheit des Westens und seiner Werte eingeräumt.
Derzeit sehen westliche Medien sich der Kritik des Rassismus ausgesetzt, etwa von der auch im Westen bekannten indischen Journalistin Swati Chaturvedi, der Reporter ohne Grenzen einen Preis für mutigen Journalismus verlieh: "Russia-Ukraine war: Racism of Western media is shameful".
Das dazugehörige Bild zeigt westliche Pressevertreter, die ihre Kamera auf eine gequälte ukrainische Frau mit Kind richten, dabei aber eine muslimische Frau mit Kind ignorieren, die sich ebenso durch Stacheldraht quält. Eine Erinnerung z.B. an den Jemen-Krieg, die schlimmste humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts: Nach sieben Tagen Ukrainekrieg sahen wir mehr Bilder leidender Zivilisten als in sieben Jahren des immer wieder von Politikredaktionen "vergessenen" Jemenkriegs.
Anzufügen ist noch, dass Prof. Greiner Experte für die Geschichte der Menschenrechtsverletzungen in modernen Kriegen ist, sein Buch über den Vietnamkrieg wurde diesbezüglich bereits von Telepolis zitiert.