"Und was spricht für Martin Schulz?"
Die Wechselstimmung ist erstmal weg - außer vielleicht in NRW. Der ARD-DeutschlandTrend attestiert Kanzlerin Merkel wieder hohe Zufriedenheitswerte
Über der SPD befindet sich kein barometrisches Maximum mehr. Die besseren Umfragewerte wandern zur CDU. Im ARD-DeutschlandTrend erreichte die SPD Anfang Februar Spitzenwerte: 50 Prozent wünschten sich eine SPD geführte Regierung und 50 Prozent hätten sich damals für Schulz als Kanzler entschieden, nur 34 Prozent für Merkel.
Jetzt zeigt das ARD-DeutschlandTrendbarometer wieder ein Hoch über Merkel. 49 Prozent der von 8. bis 10 Mai Befragten würden sich für die Kanzlerin entscheiden, nur 36 Prozent für Schulz. Mit der Arbeit der CDU in der Bundesregierung sind 53 Prozent der 1.000 Befragten zufrieden, mit der Arbeit der SPD dagegen nur 40 Prozent.
NRW: Herausforderung für die 100-prozentig geschlossenen Reihen
Die Wechselstimmung ist, was den Bund angeht, demnach verflogen. Bei der NRW-Wahl gibt es sie anscheinend aber schon, allerdings zuungunsten der SPD. Die neuesten Umfragen zeigen für den CDU-Kandidaten Laschet einen hauchdünnen Vorsprung an. Die SPD mit ihrer Spitzenkandidatin Hannelore Kraft muss zittern.
Eine verlorene Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland, das einen Ruf als SPD-Hochburg hat, die nächste Niederlage nach der verlorenen Wahl in Schleswig-Holstein, wäre eine größere Herausforderung für das Selbstverständnis der SPD und die geschlossenen Reihen, die sich zu 100 Prozent hinter Schulz stellten.
Zumal die Ministerpräsidentin Kraft, wie Schulz sagt, eine glänzende Ausgangsposition in NRW hat: Überragende Persönlichkeitswerte, "weit vor ihrem Herausforderer" und eine hervorragende Regierungsbilanz: "so wenig Arbeitslose wie seit 23 Jahren nicht mehr, erstmals seit 43 Jahren ein Haushaltsüberschuss, deutscher Meister beim sozialen Wohnungsbau, Vorreiter im Kampf gegen Steuerhinterziehung".
Aber der Kanzlerkandidat der SPD sagt auch, dass "er sich nicht niederdrücken lasse, wenn die Zahlen nicht ganz so gut sind". Zumindest nicht von Umfragezahlen. Denen hält er im Gespräch mit der Zeit entgegen, dass Umfragewerte der SPD von 21 Prozent vor vier Monaten auf 28 oder 29 geklettert sind und die Partei 16.000 neue Mitglieder zählt.
Merkel und die Wirtschaft: Die besten Zeiten hinter sich?
Doch kann Merkel als Regierungschefin von Konjunkturkennzahlen profitieren, dem leichten Anstieg der Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland, dem "Gute-Laune"-ifo-Index und der Aufwärtsbewegung der Industrieproduktion zum Beispiel - das liefert insgesamt ein ordnungsgemäßes, stabiles Bild vom guten Wirtschaften, wie es Wähler schätzen.
Mit der Arbeit von Angela Merkel sind 63 Prozent der Befragten zufrieden - ein Punkt mehr im Vergleich zum Vormonat. Damit erreicht sie ihren besten Wert seit Oktober 2015. (…) Was spricht aus Sicht der Deutschen für Angela Merkel? 72 Prozent der Bürger meinen, dass die Politik der Kanzlerin dafür gesorgt hat, dass es den Menschen im Land wirtschaftlich gut geht. 69 Prozent meinen, dass sie auch dafür sorgt, dass es uns in einer unruhigen Welt gut geht.
ARD-DeutschlandTrend, 11.05.17
Den wirtschaftlichen Erfolgszahlen, von denen vor allem die CDU profitiert und die der Mehrheit im Lande gefallen, etwas entgegenzusetzen, wäre die Herausforderung für Schulz und die SPD. Die Warnungen kritischer Stimmen vor den Folgen der deutschen Wirtschaftspolitik (siehe Paris und Kiel: Die Sozialdemokratie endgültig auf dem Abstellgleis) sind unpopulär. Das ist eine Schwierigkeit für Schulz. Das deutet sich auch in seinen Aussagen gegenüber der Zeit an:
Ich halte nichts davon, dass Deutschland weniger exportiert, das ist Unsinn. Man kann eine erfolgreiche Wirtschaftsnation nicht zwingen, weniger erfolgreich zu sein. Aber mehr Investitionen in Deutschland würden zu mehr Wachstum und Beschäftigung auch in anderen Ländern führen.
Martin Schulz
Schulz müsste seine Vorstellungen dazu konkreter vermitteln und vor allem grundsätzlich damit überzeugen, dass das Zusammenleben unter einer SPD-Regierung besser ist.
Und was spricht für Martin Schulz? 56 Prozent der Bürger nehmen durch ihn wieder sichtbare inhaltliche Unterschiede zwischen SPD und CDU wahr. Allerdings ist zwei Dritteln der Bürger (66 Prozent) nicht klar, welche Politik er umsetzen will. Und 45 Prozent sagen, dass sie sich von Martin Schulz mehr erwartet hätten.
ARD-DeutschlandTrend, 11.05.17
Immerhin einen Wechsel-Impuls hält auch dieser ARD-DeutschlandTrend bereit: 57 Prozent der Befragten sagen, dass Merkel ihre besten Zeiten als Kanzlerin hinter sich hat.