Und wenn die Banken dem Volk gehörten?
Die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA hat tiefere Gründe. Darauf weisen auch die 562 Bankenpleiten im Land seit 2001 hin. Plädoyer für öffentliches Bankenwesen.
Nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) Anfang März – der größten Bank mit diesem Schicksal seit dem Crash Washington Mutual im Jahr 2008 – wurden zu Recht mehrere Schuldige genannt: die Deregulierung durch den US-Kongress, die rücksichtslose Politik der Federal Reserve und natürlich das absurde Missmanagement des Vorstands der Bank selbst.
Auch wenn es sinnvoll ist, dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen für das Scheitern der SVB nun Konsequenzen ziehen, wäre es unklug, die Bank als "Ausreißer" abzutun, wie der Vorsitzende der Federal Reserve Jerome Powell sie letzte Woche nannte.
Denn auch wenn die SVB ihre Eigenheiten hat, so bleibt sie doch die 563. Bank, die seit 2001 in den Vereinigten Staaten in Konkurs gegangen ist. Und einer Studie zufolge könnten über 180 weitere Banken folgen, wenn sie mit einem ähnlichen Ansturm auf ihre Vermögenswerte konfrontiert würden.
Dies wirft eine einfache Frage auf: Ist dieses Bankensystem das Beste, das wir schaffen können? Progressive Akteure in New York sehen Raum für eine Alternative. Schon vor der jüngsten Bankenpleite drängten sie auf die Verabschiedung des New York Public Banking Act – einer von vielen Vorschlägen im ganzen Land, die das US-amerikanische Finanzwesen durch die Einführung eines öffentlichen Bankwesens verändern könnten.
Wie der Name schon sagt, befinden sich öffentliche Banken im Besitz der Regierung und nicht im Besitz privater Investoren. Einige der vorgeschlagenen öffentlichen Banken würden direkt mit Geschäftsbanken konkurrieren und Dienstleistungen wie Debitkarten, Zugang zu Geldautomaten und Direktkredite für Verbraucher anbieten.
Andere würden in erster Linie mit lokalen Behörden, Unternehmen und anderen Finanzinstituten zusammenarbeiten. Nach jeder Definition sind öffentliche Banken jedoch der Öffentlichkeit und nicht den Aktionären gegenüber rechenschaftspflichtig.
Öffentliche Banken können den Gemeinden Geld sparen und den Bedürfnissen der Gemeinden Vorrang einräumen. So können sie etwa niedrige Zinssätze für Kredite für öffentliche Projekte anbieten.
Nach Angaben der Denkfabrik Public Banking Institute geben US-Kommunalverwaltungen derzeit 160 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Kreditzinsen aus. Dieses Geld, mit dem sonst Parks gebaut, Schulen finanziert und Brücken repariert werden könnten, ist ein Vermögenstransfer von den Steuerzahlern zu den Geschäftsbanken.
In dem Maße, in dem eine öffentliche Bank Gewinne erzielt, wird dieses Geld wieder in die Gemeinschaft investiert. Das beweisen bestehende öffentliche Banken auf der ganzen Welt. Die argentinische Banco Ciudad de Buenos Aires hat Filialen in einkommensschwachen Gemeinden, in denen keine private Bank Dienstleistungen anbietet; ATB Financial mit Sitz in Alberta, Kanada hat in wirtschaftlich schwierigen Zeiten lokale Unternehmen entscheidend unterstützt.
Öffentliche Banken könnten auch die rassisch bedingten Ungleichheiten bei der Kreditvergabe verringern. Von Hypotheken bis hin zu Krediten für kleine Unternehmen ist die Wahrscheinlichkeit, dass schwarze US-Amerikaner von privaten Banken einen Antrag bewilligt bekommen, durchweg geringer als bei weißen US-Amerikanern; solche Ablehnungen werden oft mit gewinnorientierten Gründen begründet.
Wie Christine Desan, Professorin an der Harvard Law School, es ausdrückte: "Es gibt viele Kreditnehmer, die nicht den Kriterien entsprechen, die sie zu offensichtlichen Kandidaten für einen Kredit bei einer Geschäftsbank machen.... Diese Kreditnehmer werden tendenziell ausgeschlossen, obwohl sie einen enormen Beitrag zu unserer wirtschaftlichen Entwicklung leisten würden."
Und öffentliche Banken sind nicht zu groß, um zu scheitern – sie sind zu stabil, um zu scheitern. Sie haben keinen Anreiz, die Art von risikoreichen Investitionen zu tätigen, die in der Vergangenheit den Untergang für Geschäftsbanken bedeuteten. (Der Nachteil ist leider, dass der Vorstandsvorsitzende einer öffentlichen Bank wahrscheinlich kein Milliardär wird.)
Diese Vorteile sind nicht nur theoretisch oder auf internationale Fallstudien beschränkt. In den USA gibt es bereits eine staatlich geführte Universalbank, die seit ihrer Gründung vor über hundert Jahren kontinuierlich Gewinne erwirtschaftet hat. Und sie befindet sich ausgerechnet in North Dakota.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Landwirte in North Dakota mit lähmenden Dürren, verheerenden Wintern und räuberischen Geschäftspraktiken von Getreidehändlern aus anderen Bundesstaaten zu kämpfen.
Als sie sich an private Banken wandten, um Hilfe zu erhalten, wurden sie mit überhöhten Zinssätzen von bis zu zwölf Prozent für Agrarkredite konfrontiert. Während dieser Krise gründete der sozialistische Organisator A.C. Townley die Nonpartisan League, eine neue politische Partei, die 1918 die volle Kontrolle über die Landesregierung erlangte. Im darauffolgenden Jahr gründete die neu gewählte Koalition die Bank of North Dakota (BND), die den Einwohnern des Staates seither ununterbrochen zur Verfügung steht.
Während der Weltwirtschaftskrise sorgte die BND dafür, dass die Lehrer den vollen Lohn erhielten. Im Jahr 1967 gab die Bank den ersten staatlich versicherten Studentenkredit des Landes aus. Im Jahr 2011 finanzierte sie Landwirten den Wiederaufbau, die von Überschwemmungen betroffen waren.
Derzeit ist die BND die einzige aktive öffentliche Bank in den USA. Progressive drängen nun darauf, dass andere Städte und Bundesstaaten ihre eigenen Banken gründen.
Im Jahr 2019 hat Kalifornien seinen Städten und Bezirken erlaubt, öffentliche Banken zu gründen; im Februar dieses Jahres veröffentlichte eine Arbeitsgruppe in San Francisco einen Entwurf für einen entsprechenden Plan. In Chicago und Philadelphia haben mehrere Bürgermeisterkandidaten ihre Unterstützung für öffentliche Banken zum Ausdruck gebracht.
Und das von der Abgeordneten Rashida Tlaib im Jahr 2020 eingebrachte Bundesgesetz über das öffentliche Bankwesen würde eine Infrastruktur und Richtlinien schaffen, die es den Kommunen erleichtern, solche Banken zu gründen.
In New York tickt die Uhr für den Public Banking Act des Bundesstaates. Da der Staatshaushalt am 1. April fällig ist, drängen die Befürworter des Gesetzes im Kongress auf seine Aufnahme.
Eine breitere Koalition hat ein Schreiben an die Führung des Kongresses verfasst, in dem sie die in New York ansässige Signature Bank – die unmittelbar nach dem Zusammenbruch der SVB in Konkurs ging – als abschreckendes Beispiel anführt.
"Der plötzliche Zusammenbruch der Signature Bank ... sollte als Weckruf für den Staat dienen", heißt es darin. "Der New York Public Banking Act würde den Weg für öffentlich rechenschaftspflichtige Banken ebnen, die gerechte und verantwortungsvolle Kredite vergeben."
Von New York bis Kalifornien nehmen sich Progressive ein Beispiel an North Dakota. Sie kämpfen für eine zukunftsorientierte, von den Menschen getragene Alternative zu einem Finanzsystem, das zu lange nur wenigen gedient hat.
Katrina vanden Heuvel ist Redaktionsleiterin und Herausgeberin von The Nation, Amerikas führender Quelle für progressive Politik und Kultur. Von 1995 bis 2019 war sie Redakteurin des Magazins.
Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit der US-Tageszeitung The Nation