"Völkerrechtliche Prinzipien werden billig für grünen Wasserstoff verkauft"

Seite 2: Völkerrechtswidrig besetztes Gebiet

Auffällig ist vor allem aber auch, wie auf den Webseiten von "Germany Trade & Invest" (GTAI) die illegal besetzte Kolonie schon bezeichnet wird. Der geplante "Atlantikhafen von Dakha gilt als Prestigeprojekt Marokkos für die Entwicklung der südlichen Provinzen", schreibt die Gesellschaft der Bundesrepublik für Außenwirtschaft und Standortmarketing.

Kein Hinweis ist darauf zu finden, dass es sich dabei um ein völkerrechtswidrig besetztes Gebiet handelt. Und ist es angesichts dieser Einstellung noch ein Wunder, wenn auch die Bundesregierung dem Widerspruch gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) zugestimmt hat.

Das hatte einen bilateralen Vertrag zwischen Marokko und der EU im vergangenen November für nichtig erklärt, da die "Zustimmung des Volkes der Westsahara" über die Ausbeutung der Ressourcen nicht eingeholt worden war.

Die Polisario wurde zudem "als Rechtsperson" und als Vertreter der Sahrauis mit Klagerecht anerkannt. Die Bundesregierung hat gegen die Ausbeutung der Westsahara durch Marokko offenbar nichts mehr einzuwenden. Für Dagdelen ist klar:

"Es ist eine einzige große Heuchelei, wenn Baerbock eine wertegeleitete Außenpolitik proklamiert, die Ministerin aber gleichzeitig eine klare Benennung der Annexion und Besetzung der Westsahara durch Marokko als illegale Okkupation sowie als Verstoß gegen das Gewaltverbot verweigert."

Hohes Potenzial für "Erneuerbare Energien"

Interessant sind auch die Antworten zur Energiewende. Hier räumt die Bundesregierung ein, dass die Westsahara über ein besonders hohes Potenzial für "Erneuerbare Energien, u.a. zur Produktion von Wasserstoff" verfügt.

Verwiesen wird unter anderem auf die enormen Windkapazitäten: "Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft. und Raumfahrt und der marokkanischen Strategie für grünen Wasserstoff, die auf der Website des marokkanischen Ministerium für Energiewende und nachhaltige Entwicklung am 28. November 2021 veröffentlicht wurde, werden die Windgeschwindigkeiten im Gebiet der Westsahara als sehr hoch eingestuft."

Marokko habe aber auch Potential ohne die Westsahara, wird angefügt.

Für Dagdelen wird aus den Antworten klar, dass für die Energiewende in Deutschland, die Besatzungsrealität unter den Teppich gekehrt werden soll. "Hier werden völkerrechtliche Prinzipien und die Rechte der Sahrauis auf Selbstbestimmung billig für grünen Wasserstoff verkauft", erklärt Dagdelen. Anzumerken bleibt dabei noch, dass es in der Westsahara natürlich auch um die reichen Fischgründe und vor allem auch um die großen Phosphat-Vorkommen geht.

Um eine bisher völlig unklare Energienutzung mit kolonialen Mitteln durchzusetzen, bringt Europa den in der Erdgasfrage wichtigen Partner Algerien auf die Palme. Der nähert sich, wie Telepolis auch berichtet hat, auch aus historischen Gründen und weil man die Doppelstandards der EU und der USA kritisiert, immer deutlicher Russland zu.

Im Herbst wird ein gemeinsames Militär-Manöver an der Grenze zu Marokko durchgeführt. Der wieder aufgeflammte Krieg um die Westsahara, hat längst alles Zeug dazu, sich ebenfalls zu einem regionalen Krieg auszuweiten.