Von Fans zu Feinden: Die neue Frontlinie der Geschlechterpolitik im Sport
Seite 2: Fußball zwischen Tradition und vermeintlichen Fortschritt
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Als Ergebnis wurden seit der Saison 2022/2023 die Geschlechtergrenzen im Hallen- und Amateurfußball de facto aufgehoben. Nun basiert die Teilnahme nicht mehr auf dem urkundlich vermerkten Geschlecht, sondern auf der Selbstauskunft über das gefühlte Geschlecht.
Diese Regeländerung, die alle Leistungsunterschiede zwischen Männern und Frauen negiert, wirft nicht nur Fragen zur sportlichen Fairness, sondern auch Bedenken hinsichtlich eines Schlupflochs für legales Doping auf, z. B. wenn trans-identifizierte Frauen ("Transmänner") Testosteron nehmen, aber trotzdem in Frauenmannschaften mitspielen.
Auch die Gerichtsbarkeit im Bereich Diskriminierung wurde überarbeitet, indem das Urteilssystem durch die Vorschläge einer Projektgruppe geändert wurde. Einer von vier Mitgliedern dieser Gruppe war der Vorsitzende Stephan Oberholz.
Er war maßgeblich an der Erweiterung des Diskriminierungsparagrafen § 9 Nr. 2 Abs. 1 im Jahr 2022 beteiligt, um "Geschlecht" als Diskriminierungsfakt durch "geschlechtliche Identität" zu ersetzen, welches seit dem 31. März 2022 in Fällen von Diskriminierungsvorwürfen nur noch die Identität statt der Biologie berücksichtigt.
Es heißt nun: "Wer die Menschenwürde einer Person oder einer Gruppe von Personen durch herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder Handlungen in Bezug auf Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion, Behinderung, Alter, geschlechtliche oder sexuelle Identität verletzt oder sich auf andere Weise rassistisch und/oder menschenverachtend verhält, wird für mindestens fünf Wochen gesperrt."
Erst seit dieser Regeländerung kann der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes, gegen Transparente vorgehen, die sich auf die biologische Realität beziehen und bisher ohne Konsequenzen geblieben waren.
So z. B. die von Fans des FC Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli gerichteten Transparente wie "Hier gibt es nur Jungs, Mädchen, Mann und Frau." oder "Schwule bekommen kein Nachwuchs" (sic!). Bei den meisten Landesverbänden ist die sexuelle oder geschlechtliche Identität nicht explizit als Diskriminierungsmerkmal anerkannt.
Folglich urteilt Oberholz am 30. Januar 2024, das Banner sei "diskriminierend im Sinne des § 9 Nrn. 2. Abs. 1, 3. DFB-Rechts- und Verfahrensordnung in Bezug auf die geschlechtliche bzw. sexuelle Identität" und verurteilt den Verein zu einer Geldstrafe in Höhe von 18.000 Euro. Der Verein akzeptiert das Urteil widerspruchslos, anstatt in die nächsthöhere Instanz in Berufung zu gehen.
Die Rolle der Fans: Zwischen Unterstützung und Kontroverse
Einige Medien und Kommentatoren fühlen sich durch das Urteil bestätigt. Der Tagesspiegel erhofft sich davon eine Signalwirkung gegen Queerfeindlichkeit, während Malte Göbel im Spiegel vor der Unterstützung rechtspopulistischer Kulturkämpfe durch das Beharren auf einem binären Geschlechtermodell warnt und in dem Urteil eine Bestätigung der Vielgeschlechtlichkeit und Diskriminierung durch die Betonung der Zweigeschlechtlichkeit sieht.
Doch auch verschiedene konservative Medien und Kommentatoren in den sozialen Netzwerken äußerten sich kritisch zur Handhabung des Falls durch den DFB. Abermals brechen ein Mediensturm und eine Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken aus.
Mediensturm um Geschlechterkontroverse
Am 30. Januar 2024 bezichtigt der DFB über Twitter alle Kritiker des Urteils ebenfalls der Diskriminierung gegen die geschlechtliche bzw. sexueller Identität. Trotz der großen Reichweite des Tweets erhält dieser nur wenig Zustimmung.
Andreas Rosenfelder bezeichnet das Urteil in der Welt als "absurd" und schreibt über die Verleumdungsversuche der Gender-Aktivisten: "Eine solche Bevormundung, die jede öffentliche Kontroverse als "Hetze" verurteilt und den Leuten nicht zutraut, selbst zu entscheiden, ob sie nun der politischen oder der biologischen Geschlechterdefinition folgen wollen, tut der Vielfalt im Fußball, um die es angeblich gehen soll, keinen Gefallen. Im Zweifel liefert sie lediglich der AfD neues Wahlkampfmaterial."
Reaktionen der Fußballgemeinschaft: Einheit oder Spaltung?
In einem klassischen Fall des Streisand-Effekts solidarisierten sich Fans von Dynamo Dresden bei einem Spiel gegen den FC Ingolstadt mit Plakaten mit der Aufschrift "Es gibt nur einen lächerlichen DFB … und zwei Geschlechter!".
Als ein Bild des Plakats im Stadion von einem Dresdner Sportjournalisten mit dem Aufruf "Bitte sagt etwas zu diesem unmöglichen Plakat!" bei Twitter geteilt wurde, richtete sich der Gegenwind gegen den Journalisten, nicht den Verein.
Am 6. Februar 2024 leitete der DFB-Ermittlungen gegen Dynamo Dresden ein, queer.de warf den Fans des Vereins "Queerfeindlichkeit als Lebensinhalt" vor. Der Streit zwischen Fußballfans, Queer-Lobbyisten und einer Führungsebene, die den Genderstern in ihrer E-Mail-Signatar verwendet, wird weitergehen.
Im Sinne einer faktenbasierten Debatte, in der verschiedene Perspektiven zugelassen sind, muss man differenzieren: Es gibt zwar nur zwei Geschlechter, aber Rechtssysteme sind nicht der Realität verpflichtet, sondern der Anwendung und Auslegung von Regeln. Und nach diesen Regeln gibt es kein Geschlecht mehr. Nur noch Identität.
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