Von der Leyen lobt sich und die Trendwende und Einkaufswelle bei der Bundeswehr
Nach einer Umfrage trauen ihr die Deutschen nicht viel zu, Ex-General Vad konstatiert ein Führungsproblem, der Bericht zur Materiallage der Bundeswehr wurde als Geheimsache eingestuft
Bundesverteidigungsministerin von der Leyen versuchte, in einem Interview in der Bild am Sonntag ein weitgehend rosiges Bild vom Zustand der Bundeswehr und damit auch von der eigenen Leistung zu malen.
Über 25 Jahre sei die Bundeswehr kleingespart worden. Damit ist nun nach Leyen Schluss und kündigte eine Trendwende, zumindest eine große Einkaufswelle an: "2019 kommen 67 Schützenpanzer Puma, 51 Radpanzer Boxer, 16 Transportpanzer Fuchs, zwei Brückenlegepanzer Leguan, zehn Transporthubschrauber, sieben A400M, fünf Eurofighter, drei Marinehubschrauber Sea Lion, 3550 Nachtsicht-Brillen, eine Fregatte 125." Vor kurzem hatte sie angepriesen, dass die Soldaten endlich die Kampfstiefel für alle Klimazonen und dass die Bundeswehr "nun im Schnitt jede Woche einen neuen Panzer, jeden Monat ein neues Flugzeug oder einen neuen Hubschrauber und jedes Jahr ein neues Schiff" erhalten werde. Hoffentlich, so ist man geneigt zu denken, gehen bei dieser Materialschwemme nicht die Soldaten und Einsatzgebiete aus.
Die BamS versetzt von der Leyen aber gleich auch einen Dämpfer. "Merkels Ex-General" Erich Vad kritisiert die Ministerin und gleich die Bundeswehr mit als "überbürokratisierte Mammutbehörde", die mit ihrer Führungskultur leistungsunfähig sei: "Ein hoher Grad an Anpassungsbereitschaft, Absicherungsmentalität, Schönrederei und Duckmäusertum ist unübersehbar. Die Bundeswehr hat in der Tat ein Führungsproblem! Die militärische Führungskultur ist weit entfernt von dem eigentlichen Daseinszweck von Streitkräften, dem Kampfeinsatz." Die Ministerin müsse vor allem sich selbst verteidigen, der Apparat mache, was er will. Fehlt da ein Mann, ein kampfentschlossener und mutiger wie Vad?
Wenn über den Zustand der Bundeswehr lamentiert wird, kann dies viele Gründe haben. Die einen sehen die Bundeswehr wegen der vielen Auslandseinsätze, die die Bundesregierung geschäftig mitmacht, um "Verantwortung" zu zeigen, Deutschland wo auch immer zu verteidigen oder dabei zu sein, um vor Ort mitreden zu können, überstrapaziert, die anderen meinen, sie sei dazu unfähig. Während die einen eine Verschwendung von Steuergeldern sehen, weil trotz hoher Kosten viele Systeme nicht einsatzfähig sein, fordern die anderen mehr Geld, allen voran US-Präsident Donald Trump und die hiesigen transatlantischen Vertreter.
Die Bundesregierung hat vorgesehen, der Bundeswehr erst einmal ein bisschen mehr zu geben, aber bei weitem nicht die von Trump und der Nato geforderten 2 Prozent vom BIP, die auch von der Bundeswehr versprochen wurde. Die Bundesregierung hat im März die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2020 und den Finanzplan bis 2023 beschlossen. Die Eckwerte sprechen zwar von einer Erhöhung des Verteidigungshaushalts "um rund 3,3 Mrd. € bis zum Jahr 2023". 2020 würde man mit 2 Milliarden mehr gegenüber 2018 von jetzt 1,35 auf 1,37 Prozent vom BIP kommen, aber dann wird wieder schrittweise auf 1,25 Prozent bis 2024 abgesenkt. Für Entwicklungshilfe bzw. die Ausgaben für humanitäre Hilfe, Krisenprävention und Entwicklungszusammenarbeit (ODA) gibt es hingegen keine Erhöhung, ab 2021 soll hingegen gespart werden. Eigentlich sollten die Ausgaben dafür an den Militärhauhalt gekoppelt sein (Regierung fährt Verteidigung und Entwicklungshilfe herunter).
Materiallage soll geheim sein
Schon lange läuft Verteidigungsministerin von der Leyen, geplagt von Skandalen, überhöhten Beraterverträgen, aus dem Ruder laufenden Kosten und dem maroden Zustand der Bundeswehr, vergeblich Sturm, um deutlich mehr Geld für die Bundeswehr zu erhalten. Die seien schon alleine notwendig, um die Einsatzfähigkeit nach langen Jahren des Sparens (und der Misswirtschaft bei der Beschaffung) wiederherzustellen. Die Lage scheint so schlimm zu sein, dass von der Leyen und Generalinspekteur Eberhard Zorn, den regelmäßigen Bericht zu Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr als Geheimsache betrachtet wissen wollen. So wurde der aktuelle Bericht im März schon einmal unter Verschluss gehalten und kann von den Abgeordneten nur in der Geheimschutzstelle des Parlaments eingesehen werden.
Angeblich steht alles gut. "Trotz erheblicher Mehrbelastung" sei die Bundeswehr, so erklärte Generalinspekteur Zorn, "aktuell in der Lage, ihren Auftrag im Einsatz, in einsatzgleichen Verpflichtungen und im Grundbetrieb zu erfüllen". Geheim werde der Bericht also nicht wegen der angeblich nicht mehr so misslichen Lage bei der materiellen Einsatzbereitschaft gehalten, sondern nur, weil er umfang- und aufschlussreicher sei: "In der Gesamtschau lässt er so konkrete Rückschlüsse auf die Fähigkeiten der Bundeswehr zu, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde". Das könnte natürlich auch sein, dass die Fähigkeit nicht sonderlich ausgeprägt ist.
Vor zwei Wochen legte von der Leyen ein Eigenlob vor. Tenor: "Die Bundeswehr wächst wieder: Sie verfügt über so viel Geld, Personal und einsatzfähiges Material wie seit Jahren nicht. Auch an Qualität hat die Bundeswehr zugelegt. Digitalisierung wird langsam Standard, und neues Gerät wie das Transportflugzeug A400M strotzt bereits vor Spitzentechnologie."
Als Verteidigungsministerin in den Augen der Bürger gescheitert
Es scheint aber alles nichts zu fruchten. Das Ansehen der Ministerin ist mit dem Verteidigungsministerium den Bach heruntergegangen. Die BamS war fleißig und hat auch noch emnid eine Umfrage durchführen lassen, nach der nur 23 Prozent der Deutschen glauben, von der Leyen sei die Richtige, um die Bundeswehr fit zu machen. Wofür wurde freilich nicht gefragt. Täuscht der Eindruck, dass das Springermedium nun eine Kampagne gegen von der Leyen reitet? Mit 59 Prozent würde die Mehrzahl der Deutschen letztlich von der Leyen am falschen Platz sehen. Nach der Umfrage sind 61 Prozent dafür, dass die Bundeswehr mehr Geld erhalten soll, nur 28 Prozent sind dagegen. Stimmt die Umfrage, würde die Bundesregierung gegen den Willen der Mehrheit handeln, wenn sie der Bundeswehr im Verhältnis zum BIP nicht die geforderten und versprochenen Miilliarden mehr gewähren will.
Es dürfte halt auch hier immer darauf ankommen, wie gefragt wird. Nach einer Umfrage aus dem letzten Jahr sieht es anders aus. Hier wurde gefragt, wie viel mehr die Menschen für die Sicherung der Pflege und für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr ausgeben würden: 74 Prozent sagen, sie würden für die Pflege 10 Euro mehr zahlen, für die Bundeswehr sagen dies hingegen nur 24 Prozent. In einer anderen Umfrage aus dem letzten Jahr sagten nur 27 Prozent, dass sie mehr Investitionen in Ausstattung und Verteidigung befürworten.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.