WWF-Report: Lebensmittelimporte zerstören den Planeten
- WWF-Report: Lebensmittelimporte zerstören den Planeten
- Auf fast zwei Dritteln der EU-Ackerflächen wächst Tierfutter
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Die EU importiert mehr Lebensmittel als sie exportiert. Nicht nur die Importe, auch die heimische Produktion verbrauchen natürliche Ressourcen, dezimieren Fischbestände und treiben globale Abholzung voran.
Die EU ist der weltweit größte Exporteur von Agrar- und Lebensmittelprodukten und der drittgrößte Importeur nach den USA und China. Sie ist das Lebensmittelgeschäft der Welt, das seine Produkte vor allem an wohlhabende Kunden verkauft. Das wirkt sich positiv auf die EU-Wirtschaft aus. Für die weltweite Nahrungsmittelversorgung hingegen ist das kontraproduktiv. So lautet das Fazit eines WWF-Reports vom Mai diesen Jahres.
Allein 2020 exportierte die EU Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 184 Milliarden Euro. Dem gegenüber standen Importe im Wert von 122 Milliarden Euro. Der Handelsüberschuss beträgt somit rund 62 Milliarden Euro. Doch bewertet man den Agrar- und Lebensmittelhandel danach, was die Welt tatsächlich ernährt, wird aus dem Überschuss ein riesiges Defizit. Der Grund dafür ist, das eher geringwertige Rohprodukte importiert und hochwertige exportiert werden.
So tragen etwa teure Exportgüter wie Wein und Spirituosen kaum zur globalen Ernährungssicherheit bei. Die EU ist vielmehr ein Nettoimporteur von Kalorien und Proteinen. Und ein großer Teil davon wird verschwendet. Zum Beispiel importiert die EU Kakao und exportiert Schokolade. Sie importiert Soja für die Tierfütterung und exportiert Milchprodukte. Die EU ist nur deshalb in der Lage, tierische Erzeugnisse zu exportieren, weil Ernteerzeugnisse, die auch für den Menschen essbar sind, an Nutztiere verfüttert werden.
Aber auch der Export von Grundnahrungsmitteln kann problematisch sein: Indem überschüssiges Getreide, Geflügel- und Milchprodukte an Länder des globalen Südens verkauft werden, wird deren Ernährungssicherheit kurzfristig unterstützt. Doch einheimische Produzenten können mit den Ramschpreisen, zu denen die Importware auf den Märkten angeboten werden, meist nicht konkurrieren.
Und ja, der Anbau von Sonderkulturen zu höheren Einkommen in den Herkunftsländern beitragen. Doch wenn Landübernahmen durch große Firmen oder steigende Preise dazu führen, dass einheimische Familien ihr Land verlieren, kann eine nur auf Export ausgerichtete Produktion der lokalen Ernährungssicherheit sogar schaden. Denn häufig geht der Anbau von Exportfrüchten mit dem Verlust traditioneller Sorten und der Artenvielfalt einher. Zudem leidet auch die lokale Wasserversorgung und Bodengesundheit.
Anbau von Soja und Ölpalmen mit gigantischem "Fußabdruck"
Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von Soja in der EU liegt bei rund 60 Kilo Soja pro Jahr. 90 Prozent davon sind im Verzehr von tierischen Produkten "versteckt". Der Hunger nach Fleisch zerstörte in den vergangenen Jahrzehnten Millionen Hektar Wald, Savanne und Grasland. So wurde zwischen 2005 und 2017 durch den Export von Agrarrohstoffenvon rund 3,5 Millionen Hektar Wald zerstört – eine Fläche, größer als die Niederlande.
Fast ein Drittel der Tropenwälder, die von 2005 bis 2017 für den Export von Agrarrohstoffen in die EU gerodet wurden, Soja-Plantagen weichen. Jedes Jahr fielen im Schnitt 89.000 Hektar Tropenwälder dem Anbau von Export-Soja zum Opfer.
Die Zerstörung von nicht bewaldeten Ökosystemen wie dem brasilianischen Cerrado, der Pampa in Argentinien und den nordamerikanischen Great Plains ist in der Rechnung nicht enthalten. Hier wird aus dem Soja einerseits Öl gepresst, das als Lebensmittel oder Treibstoff verwendet wird, zum anderen wird proteinreiches Mehl zwecks Tierfutter gewonnen.
Allein in den letzten beiden Jahren verbrauchte die EU rund 25 Millionen Tonnen importiertes Sojamehl für Futtermittel. Demgegenüber betrug die heimische Produktion nur 0,9 Millionen Tonnen. Durch Rodung, Anbau und Export wurden schätzungsweise 1.800 Millionen Tonnen Kohlendioxid freigesetzt.
Das entspricht 40 Prozent der jährlichen EU-Emissionen. Auch Palmöl zerstört die Tropenwälder nachhaltig. So wurden von 2005 bis 2017 pro Jahr im Schnitt 69.000 Hektar Tropenwald zersört, um Palmöl für den Export in die EU zu gewinnen. 2018 wurden fast zwei Drittel des importierten Palmöls – mehr als fünf Millionen Tonnen – als Biokraftstoff verbrannt.
Die Folgen der Abholzung artenreicher Regenwälder sind verheerend: Waldbrände zerstören die biologische Vielfalt und befeuern den Klimawandel. Zudem bedroht die Ausbreitung landwirtschaftlicher Flächen die Lebensgrundlagen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften.
So registrierte die Nichtregierungsorganisation Global Witness zunehmende Konflikte zwischen lokalen Gemeinschaften und Soja- und Viehzüchtern: Allein zwischen 2012 und 2020 wurden mindestens 151 Aktivisten getötet, weil sie ihre Rechte auf Land und natürliche Ressourcen gegenüber der Agrarindustrie verteidigten.
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